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Das Versagen der Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse wirkt nicht: Die Mietforderungen waren sogar nach der Einführung der Mietpreisbremse am 1. Juni 2015 höher als im Halbjahr zuvor. Das zeigt zumindest die jüngste Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Die Studie basiert auf 117.000 auf dem Portal Immobilienscout geschalteten Berliner Anzeigen..

Die ortsübliche Vergleichsmiete wurde vor Einführung der Bremse in rund 61 Prozent der Fälle um durchschnittlich 24,6 Prozent überschritten. Doch nach Einführung der Bremsen reduzierte sich weder die Anzahl noch die Höhe der Überschreitung. Im Gegenteil: Beide Werte nahmen zu. In rund 62 Prozent der Fälle kam es zu einer Überschreitung – um durchschnittlich 26,1 Prozent.

Die Mitpreisbremse regelt, dass Vermieter die Miete maximal um zehn Prozent über die ortübliche Vergleichsmiete erhöhen dürfen. Die Erstvermietung wie auch die Neuvermietung grundlegend modernisierter Wohnungen ist von dem Gesetz ausgenommen. Das Bundesland Berlin führte die Bremse zum erstmöglichen Termin ein, dem 1. Juni 2015. Inzwischen haben die Bundesländer mehr als 300 deutsche Städte zum „angespannten“ Wohnungsmarkt erklärt. Nur diese Kommunen, in denen die „ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“, dürfen die Mietpreisbremse einführen.

Das Untersuchungs-Ergebnis verblüfft. Schließlich hatten Marktbeobachter im ersten Halbjahr 2015 bereits Vorzieheffekte beobachteten: Weil Vermieter die zukünftig eingeschränkten Mieterhöhungsmöglichkeiten fürchteten, schraubten sie die Mietforderungen vor Einführung der Bremse besonders hoch. Dementsprechend hätte die Steigerung im zweiten Halbjahr eigentlich geringer ausfallen müssen.

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„Die Mietpreisbremse als Instrument zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum hat sich nach der Einführung auf dem Berliner Wohnungsmarkt als weitestgehend wirkungslos erwiesen“, resümiert das IW. Ein Satz, dem auch Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, nicht widerspricht. Für ihn sind Untersuchungen mit diesem Ergebnis fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden.

Die jüngste Studie des IW bestätigt andere, frühere Untersuchungen, etwa die des Berliner Mietervereins in Verbindung mit den Marktforschern von Regio-Kontext vom Juni 2016. Damals lautete das Ergebnis: Die in Berlin angebotenen Mieten übersteigen die laut Mietpreisbremse zulässigen um 31 Prozent.

Ein paar Wochen später bilanzierte Roman Heidrich, der das Berliner Bewertungsteam des Immobilienberaters JLL leitet, nach Auswertung der Wohnungsmärkte in deutschen Metropolen: „Es lässt sich in keinem der untersuchten Wohnungsmärkte die Wirksamkeit der Mietpreisbremse beobachten.“


Vermieter scheren sich nicht um die Bremse

In der Praxis scheren sich viele Vermieter offenbar nicht um die gesetzliche Begrenzung der Mieterhöhung. Die Mieter nehmen dies hin, denn sie sind froh eine Bleibe gefunden zu haben. Um Geld zurückzubekommen, müssen Mieter die überhöhte Miete rügen und eine eigene Berechnung vorlegen. Bei Erfolg steht ihnen die ab dem Tag des Eingangs der Rüge zu viel gezahlte Miete zu.

Eigene Berechnungen, etwa anhand von Mietspiegeln, sind allerdings für Laien schwierig. Denn die Liste der erlaubten Mietaufschläge für Ausstattungsdetails einer Wohnung sind mancherorts ähnlich lang wie die Sonderausstattungslisten der Autobauer für Neuwagen.

Vermieter-Vertreter argumentieren hingegen, die Mietspiegel-Mieten seien unrealistisch. Diese Ansicht herrscht etwa in Berlin vor, das der IW für seine Untersuchung ausgewählt hat. Der Berliner Mietspiegel bilde nicht annähernd die aktuelle Entwicklung ab und suggeriere trotz Nachfrageüberhang zu günstige Mieten, meint das IW – und folgert daraus: „Wesentliche Ursache für die deutliche Überschreitung der ortüblichen Vergleichsmieten stellt die Nutzung veralteter Mietspiegel dar.“

Dieser Einschätzung widerspricht Mietervertreter Ropertz wiederum vehement: „Der Mietspiegel will und soll nicht die Marktmiete beschreiben.“ Der Mietspiegel zeige Bestands- und nicht Marktmieten.

Eine Marktmiete kann sich nur durch angebotene und akzeptierte Mieten bilden, kommt also nur bei Neuverträgen zustande. Wie weit die Steigerungsraten zwischen Marktmieten und Mietspiegelmieten auseinandergehen, zeigen jüngere Untersuchungen. So stellte vdp Research, das Analysehaus der Pfandbriefbanken, im Februar in einem Vergleich der dritten Quartale 2016 und 2015 fest, dass die Neuvertragsmieten in Deutschland im Schnitt um vier Prozent gestiegen sind. Die Daten von vdp Research basieren nicht wie die von IW und Regio-Kontext auf Angebotsmieten, sondern auf tatsächlich abgeschlossenen Mietverträgen.

Und F+B Forschung und Beratung, ein auf Mietspiegel spezialisiertes Marktforschungsinstitut, stellte für das gesamte Jahr 2016 fest, dass die Mietspiegelmieten im Schnitt um 1,8, Prozent gestiegen sind. Die Durchschnittsbetrachtung verharmlose die Anstiege der Neuvertragsmieten in Metropolen wie Berlin und Frankfurt, aber auch in Universitätsstädten wie Freiburg, Regensburg und Münster.


Konsequenzen der Ergebnisse

Welche Konsequenz ist aus den Ergebnissen zu ziehen? Das IW zeigt sich geradezu erleichtert, dass die Mietpreisbremse nicht wirkt. Die Wissenschaftler sind der Ansicht, dass eine wirkende Mietpreisbremse dazu führen würde, dass Vermieter Wohnungen an Selbstnutzer verkaufen. Außerdem fehle der Anreiz, Wohnungen zu modernisieren.

Für Mietervertreter Ropertz sind dies Hypothesen: Insbesondere die Einschätzung, eine funktionierende Mietpreisbremse behindere Wohnungsmodernisierungen, kann Ropertz nicht nachvollziehen. Die grundlegende Modernisierung sei von der Mietpreisbremse ausgenommen ist und „normale Modernisierungen“ würden zu einer höheren Mietspiegelvergleichsmiete führen.

Die Bremse würde vor allem den Mietanstieg hochwertiger Wohnraum eindämmen, sodass eher Gutverdiener vor hohen Mieten geschützt würden, meinen die IW-Forscher. Die aktuelle IW-Untersuchung zeigt, dass Vermieter vor allem bei gut ausgestatteten und zentrumsnahen Wohnungen mit ihren Mietforderungen über das gesetzliche Ziel hinausschießen. Und bei kleinen Wohnungen. „Dies trifft insbesondere diejenigen, die entweder aufgrund ihrer Berufssituation sehr mobil sein müssen oder aber jene, die lediglich eine geringe Wohnfläche benötigen wie Studenten, Berufsanfänger und Rentner“, stellt das IW fest.

Die überdurchschnittlich hohen Mieten für kleine Wohnungen führten letztendlich zu einer Fehlverwendung von Wohnraum, stellten Forscher fest. Zu viele Rentnerehepaare oder ältere Alleinstehende verlassen ihre Drei- und Vierzimmer-Wohnungen, die sie zu Zeiten eines gemeinsamen Haushaltes mit Kindern anmieteten, nicht, – und das aus einem Grund: weil kleinere Wohnung nicht billiger sind als die inzwischen überdimensionierte Bleibe. Das liegt auch daran, dass Mieterwechsel gerne zu Mieterhöhungen genutzt werden, Bestandsmieten aber eher zurückhaltend erhöht werden. Wertvoller Wohnraum wird so dem Markt entzogen – was die Wohnungsmärkte weiter belastet.