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Vom Verlust-Unternehmen zum Dax30-Aufsteiger: Wie CEO Christian Bruch Siemens Energy in einem Jahr erfolgreich verwandelte

CEO Christian Bruch
CEO Christian Bruch

Als Christian Bruch im Mai vor einem Jahr als CEO bei Siemens Energy antrat, wurde ihm ein Schnellboot versprochen. Joe Kaeser, der damalige Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, trieb seine Strategie voran, das deutsche Traditionsunternehmen in kleine Einheiten aufzuspalten und so aus Siemens, dem „schwerfälligen Tanker“, einen „leistungsfähigen und flexiblen Flottenverband“ zu machen. Nur: Das Energiegeschäft, einst stolzes Flaggschiff, war in die Jahre gekommen. Und so bekam Bruch vielmehr einen alten Dampfer als einen flotten Flitzer.

Bruch, 51, Rheinländer und promovierter Ingenieur, stand vor einer großen Herausforderung: Er musste den Dampfer für den geplanten Börsengang aufhübschen und das Unternehmen, das viele Jahre vom Geschäft mit der dreckigen Kohle profitierte, nachhaltig für die Zukunft ausrichten. Eine Aufgabe, die harte Entscheidungen und Einschnitte erforderte.

Ein Verlust von 1,9 Milliarden Euro

Das Energiegeschäft gehört seit eh und je zum Kern von Siemens. 2020 wurde der Bereich vom Konzern abgetrennt, die Siemens Energy AG entstand. Das Unternehmen ist entlang der Energie-Wertschöpfungskette tätig, zu den Produkten gehören etwa Gasturbinen, Dampfturbinen, Generatoren, Transformatoren und Kompressoren. Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 90.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Umsatz lag im vergangenen Geschäftsjahr bei 27,5 Milliarden Euro, doch die Margen sind seit Jahren gering. Im vergangenen Jahr stand ein Verlust von 1,9 Milliarden Euro in den Büchern. Im September 2020 kam der Börsengang, nur ein halbes Jahr später, im März 2021, folgte der Aufstieg in den Dax. Und: Nach dem Milliardenverlust schrieb das Unternehmen im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 wieder schwarze Zahlen.

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Wie hat Bruch das geschafft?

„In Lichtgeschwindigkeit“ habe sich der neue CEO eingearbeitet, berichtete das „Handelsblatt“ mit Verweis auf einen Vertrauten. Bruch überzeuge in internen Runden mit Fachwissen. „Der redet uns alle gegen die Wand, so kennt er sich aus“, sagte ein Teilnehmer der Sitzungen dem „Handelsblatt“. Die „Wirtschaftswoche“ zitierte ebenfalls Mitarbeiter. Bruch frage „genau nach, warum wir welche Prozesse im Werk machen“. Er könne „gut zuhören“ und wolle den „Dingen auf den Grund gehen“. Die "Wirtschaftswoche" erlebte den CEO bei einem Interview so: „Bruch, Dreitagebart, Zweiteiler im Format Slim Fit und die Initialen CB am Hemdsärmel, braucht weder Wasser noch Kaffee, um in Fahrt zu kommen.“

Kosten drücken, Effizienz erhöhen, Profitabilität steigern

Bruch betreibt eine klassische Restrukturierung. Das heißt: Kosten drücken, Effizienz erhöhen, Profitabilität steigern. Vor dem Börsengang kündigte er in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ einen rigiden Sparkurs an und sagte: „Ich bin überhaupt nicht zufrieden mit der Profitabilität der Firma.“ Die Kostenbasis müsse runter, die Komplexität raus. Den Investoren kündigte er an, weitere 300 Millionen Euro sparen zu wollen. Die Folgen des strengen Sparkurses zeigten sich im Februar diesen Jahres. Da kündigte Siemens Energy den Abbau von weltweit 7.800 Stellen an – 3.000 davon in Deutschland. Betroffen ist die fossile Sparte „Gas and Power“. Sie muss beim Wandel hin zu erneuerbaren Energien Federn lassen. "Wir sind uns bewusst, dass unsere Pläne Teilen der Belegschaft viel abverlangen. Daher ist es unser Ziel, diese Maßnahmen so sozialverträglich wie möglich durchzuführen“, sagte Bruch. Ganze Standorte sollten nicht geschlossen werden.

Dass Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall und Aufsichtsrat bei Siemens Energy, im Gespräch mit Business Insider trotzdem warme Worte für Bruch findet, spricht für den Manager. Bruch habe „innerhalb kürzester Zeit die richtigen Akzente gesetzt“ sagte Kerner. Für jemanden, der von außen zu Siemens komme, sei das nicht einfach. Bruch sei „sehr bodenständig“ und „sehr passend zum Unternehmen“. Wo die Beiden sich aber noch heftig streiten werden „ist bei der Arbeit, die aus deutschen Werken ins Ausland wandern soll. Es ist verständlich, dass das Management sagt, man muss konkurrenzfähig sein. Aber diese Diskussion werden wir hart führen“, so Kerner. Jetzt kämen die „Tage der Wahrheit“.

„Wasserstoff kann ein Milliardengeschäft für uns werden“

Doch neben der Restrukturierung muss Bruch auch neue Wege gehen und neue Geschäftsfelder definieren. Er wurde fündig. „Wasserstoff kann ein Milliardengeschäft für uns werden“, sagte Bruch dem „Handelsblatt“. Der Weg ist vorgezeichnet: Weg von fossiler, hin zu erneuerbarer Energie. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Auf der Strecke wird vor allem geschicktes Marketing nötig sein, um vom konventionellen Geschäft abzulenken. Der „Spiegel“ berichtete im vergangenen Jahr, Bruch müsse dem Unternehmen ein „grünes Mäntelchen“ umhängen. Denn noch läge der Umsatzanteil mit konventionellen Energietechniken bei rund 65 Prozent.

Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Bruch: „Wir werden perspektivisch aus der Kohle rausgehen, da gibt es keine Diskussion.“ Angekündigt hat Siemens Energy, sich nicht mehr an Ausschreibungen für neue, ausschließlich mit Kohle befeuerten Kraftwerken zu beteiligen. Doch einen sofortigen Ausstieg wird es nicht geben, zu lukrativ sind etwa die Serviceleistungen für bestehende Kohlekraftwerke. Man müsse, so Bruch, realistisch bleiben: „Es gibt noch immer einen großen Anteil von Kohlestrom in der Welt, das wird auch erst mal so bleiben. Was passiert denn, wenn wir sagen: Wir gehen da jetzt sofort raus, ohne Kompromisse? Was wäre die Alternative - dass dann jemand anders eine schlechtere Turbine liefert, die bei Weitem nicht so effizient und damit umweltschonend ist wie unsere?“

"Eine beeindruckende Performance hingelegt“

Bruchs Strategie mag Klimaschützern zu lasch erscheinen, in der Finanzwelt wird sie hingegen positiv aufgenommen. Vera Diehl, Fondsmanagerin bei Union Investment, sagte zu Business Insider, Siemens Energy habe die Abspaltung „mit Bravour gemeistert“ und eine „beeindruckende Performance hingelegt“. Zwar sei der Weg zu einem "grünen Unternehmen" noch weit, doch das Unternehmen arbeite hart daran und richte „sein Geschäft auf erneuerbare Energien wie Wind und Wasserstoff aus – weg von den fossilen Brennstoffen“. Bruch habe „bereits bei Linde Engineering eindrucksvoll bewiesen, dass er einen Turnaround managen kann“. Diehl sagte: „Wir vertrauen ihm und seinem Team, dass er dies schaffen wird.“

Nach einem Jahr hat Christian Bruch zwar noch immer kein Schnellboot, aber seinen Dampfer hat er hat grün angestrichen und aufgepäppelt. Am 5. Mai wird er die Zahlen für das zweite Quartal bekannt geben. Dann könnte sich zeigen, ob er wirklich auf dem richtigen Kurs ist. Bis dahin darf Bruch weiter Lorbeeren einheimsen. So sagte der Siemens-Energy-Aufsichtsrat und Gewerkschafter Jürgen Kerner zu Business Insider: „Für das erste Jahr muss ich ihm fairerweise Respekt zollen. Da habe ich schon ganz andere Manager erlebt.“