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Wie die Verlierer des Handelskonflikts mit den USA plötzlich zu Gewinnern werden

Die aggressive Handelspolitik von US-Präsident Trump und die Italien-Krise schwächen den Euro. Für exportorientierte deutsche Unternehmen ist das ein Segen.

Der drohende Handelskrieg mit ersten Strafzöllen zwischen den USA und Europa ist Gift für die Gewinnerwartungen und Aktienkurse der exportstarken deutschen Industrie. Erst recht, wenn dazu auch noch der starke Euro die Auslandsgeschäfte erschwert. Im ersten Quartal noch notierte der Euro zum Dollar im Schnitt um 15 Prozent höher als vor einem Jahr.

Nun jedoch schwächen die Italienkrise und der eskalierende Handelskonflikt mit den USA die Gemeinschaftswährung – doch genau dies könnte den exportgetriebenen deutschen Unternehmen helfen, Einbußen im US-Geschäft zu verkraften.

Zum Jahresauftakt war der starke Euro noch einer der Hauptgründe dafür, dass die meisten Unternehmen mit ihren Ergebnissen für das erste Quartal nicht überzeugen konnten – und in der Folge viele Analysten ihre Gewinnerwartungen nach unten revidierten.

Der starke Euro macht Produkte und Dienstleistungen im Dollar-Raum teurer und damit weniger wettbewerbsfähig. Obendrein schmälert er die Erträge, sobald die Unternehmen ihre in Dollar erzielten Umsätze und Gewinne in harten Euro umrechnen und anschließend bilanzieren.

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Doch im nun laufenden zweiten Quartal dürfte dieser negative Währungseffekt auf die Ergebnisse deutlich geringer ausfallen – oder sogar ganz ausbleiben. Der Euro hat in den vergangenen sechs Wochen gegenüber dem US-Dollar gut fünf Prozent an Wert verloren.

Im April und Mai, den ersten beiden Monaten des zweiten Quartals, notierte Europas Währung im Schnitt noch knapp neun Prozent über dem Durchschnitt des zweiten Quartals 2017. Sollte der Wechselkurs auf dem aktuellen Niveau verharren, würde der Vorjahresvergleich im zweiten Quartal sogar auf durchschnittlich sieben Prozent fallen.

Stimmungstief dürfte bald überwunden sein

Mehr noch: Sollte der Euro im weiteren Jahresverlauf sein jetziges Niveau halten, dann nimmt nach Berechnungen der Commerzbank der bislang negative Währungseffekt immer weiter ab – eben weil Europas Währung im Laufe des Jahres 2017, vor allem aber in der zweiten Hälfte des Vorjahres kräftig zugelegt hatte.

Dieser Effekt wiederum dürfte dazu führen, dass die Unternehmen und Analysten ihre zuletzt deutlich gesunkenen Gewinnerwartungen schon bald wieder nach oben revidieren. Das plötzliche Stimmungstief nach den vielen enttäuschenden Bilanzen zum ersten Quartal könnte also rasch verfliegen.

Die ersten Unternehmen reagieren schon. Aufgrund der weltweit hohen Halbleiternachfrage vieler Autohersteller erhöhte Infineon-Chef Reinhard Ploss seine Jahresprognose. Dabei hatte Ploss noch im Februar die Prognose gesenkt und in dem Zusammenhang auf den „Gegenwind des schwächeren US-Dollars“ verwiesen.

Dieser Währungssturm aber ist nun erst einmal Geschichte. Auch SAP hob seine Prognose an. Für das Gesamtjahr peilt der Softwareriese nun einen Konzernerlös von deutlich mehr als 25 Milliarden Euro an. Bislang war Konzernchef Bill McDermott von knapp 25 Milliarden Euro ausgegangen.

Vor allem Unternehmen mit starkem Amerikaanteil profitieren vom sinkenden Euro-Kurs. Im Dax sind dies unter anderem der Zulieferer Continental, der Industriegasespezialist Linde, der Halbleiterproduzent Infineon, der Gesundheitskonzern Fresenius – und die zwei Autohersteller Daimler und BMW. Paradox: Die großen unmittelbaren Verlierer des Zollstreits werden so mittelfristig zu Profiteuren einer krisenbedingt schwächeren Währung.

Für viele Unternehmen haben Analysten deshalb in den vergangenen Wochen ihre Jahresprognosen angehoben, darunter für den Spezialchemiekonzern Covestro, den Turnschuhhersteller Adidas sowie die Autobauer BMW und Daimler.

Dieser positive Effekt kommt zur richtigen Zeit, denn im ersten Quartal hatte der starke Euro viele deutsche Unternehmen trotz der starken Weltwirtschaft empfindlich ausgebremst: 15 der 30 Dax-Konzerne verzeichneten in den ersten drei Monaten einen Umsatzrückgang, insgesamt lag das Minus bei 0,5 Prozent. Das waren Einbußen von fast 15 Milliarden Euro. Auch der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank im ersten Quartal leicht um ein Prozent auf knapp 37 Milliarden Euro.

Euro-Schwäche könnte lange anhalten

Als Faustregel gilt: Notiert der Euro fünf Prozent höher als ein Jahr zuvor, verringert dieser Effekt bei den Dax-Konzernen den Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen um durchschnittlich gut drei Prozent – bei einer um zehn Prozent teureren Währung sind es entsprechend sechs Prozent.

Das heißt aber auch: Die Aussichten erscheinen jetzt wieder viel besser. „Es spricht vieles dafür, dass diese Entwicklung vorerst anhält“, prognostiziert Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY.

Gründe für eine andauernde Euro-Schwäche gibt es viele: neben dem Handelsstreit etwa die Regierungskrisen in Spanien und Italien. Vor allem die hohe Verschuldung des Euro-Gründungslandes Italien samt mangelnder Bereitschaft zum Abbau der Verbindlichkeiten untergräbt das Vertrauen in die Finanzstabilität und schwächt damit den Euro. Setzt sich der Währungstrend fort, „dann könnte 2018 ein weiteres Rekordjahr werden“, prognostiziert EY-Experte Meyer.

Mit 95 Milliarden Euro hatten die 30 Dax-Konzerne im abgelaufenen Jahr so viel wie noch nie und gut 50 Prozent mehr verdient als 2018. Die Messlatte ist also sehr hoch.

Auf diesem sehr hohen Niveau sind neuerliche Rekordgewinne möglich und bei einem schwächeren Euro auch wahrscheinlich, weil die Wirtschaft nach dem starken Vorjahr auch 2018 in Asien, Europa und Nordamerika robust und damit in allen drei großen Regionen der Welt gleichzeitig wächst. Solch ein Gleichklang, so meinte Heidelberg-Cement-Chef Bernd Scheifele kürzlich, „ist die absolute Ausnahme“.

Solange aber die Nachfrage weltweit hoch bleibt und sogar noch steigt, gelingt es den Unternehmen, höhere Preise durchzusetzen, was die Gewinne und Profitabilität weiter nach oben treibt.

Wenn dann auch noch der Euro schwächelt, erleben Deutschlands exportstarke Unternehmen die beste aller Welten. Und das ausgerechnet in Zeiten eines drohenden Handelskrieges und von Regierungskrisen in mehreren europäischen Volkswirtschaften.