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„Verlängern, ausbauen, höher setzen“ – Söder will Elektroprämien deutlich ausweiten

Corona-Pandemie und der Wechsel zum Elektroauto fordern die Branche. Söder will die Auszahlung der Elektroprämien verlängern, VDA-Chefin Müller will mehr Ladesäulen.

Wenn es der Autoindustrie schlecht geht, dann ist die Politik zur Stelle. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in seinem Land mit BMW und Audi gleich zwei wichtige Autohersteller – und die kämpfen massiv mit den Folgen der Corona-Pandemie und dem Wandel zur Elektromobilität.

Söder will der deutschen Schlüsselindustrie helfen. Vehement drängt er nun auf eine deutliche Verlängerung und Erweiterung der Kaufprämien für Elektro- und Hybridautos. „Wir müssen die Elektroprämien deutlich über die Zeit verlängern“, forderte Söder am Donnerstag auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel 2020.

Neben der Verlängerung geht es dem CSU-Politiker auch um das Ausbauen der Prämien und das Höhersetzen der Förderbeträge insbesondere für Plug-in-Hybridfahrzeuge. „Plug-in ist sehr beliebt bei den Kunden“, sagte Söder mit Blick auf die jüngsten Zulassungszahlen.

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Tatsächlich meldete das Bundeswirtschaftsministerium im Oktober mit 32.324 Förderanträgen einen erneuten Rekord. Seit Juli wurden mehr als 100.000 Anträge für Elektroautos oder Plug-in-Hybride gestellt. Dies führt das Ministerium maßgeblich auf die sogenannte Innovationsprämie zurück, die im Rahmen des Konjunkturpaketes der Bundesregierung beschlossen worden war.

Demnach hat der Bund noch einmal seine Subvention für den Kauf von elektrisch und teilelektrisch betriebenen Fahrzeugen verdoppelt. Die Förderbeträge liegen nun bei 9000 und 6750 Euro. Der Haken: Das Förderprogramm ist befristet bis Ende 2025 – sofern die bereitgestellten Finanzhilfen bis dahin nicht ausgeschöpft sind. Der Aufschlag aus dem Konjunkturprogramm gilt nur bis Ende 2021.

Beide Begrenzungen will Söder nun aufheben – auch im Interesse der Hersteller. BMW, Volkswagen und auch Daimler weiten ihr Angebot an Stromautos massiv aus. „Die Autoindustrie weiß, dass wir sie unterstützen, aber wir sind keine Kumpel“, sagte Söder.

Der Ministerpräsident brachte zudem eine weitere Senkung der Unternehmensteuern auf 25 Prozent ins Spiel und forderte ein Recyclingprogramm für Lastwagen. Der Umstieg auf Wasserstoff und Brennstoffzelle müsse ebenfalls staatlich gefördert werden – Bayern hat mit MAN auch einen Lkw-Hersteller.

Söder gab mit seinen voluminösen Forderungen den Ton für den ersten Tag des Handelsblatt Auto-Gipfels vor, der sich vor allem um die Transformation der Autoindustrie dreht. Mit Hochdruck stellen die Hersteller und ihre Zulieferer ihre Modellpalette von Verbrennern auf Elektroantriebe um, um den Klimavorgaben der Politik zu genügen.

VDA-Chefin warnt vor Belastungen

So plant die Europäische Kommission mit der Abgasnorm Euro 7 eine weitere Verschärfung der Emissionsgrenzwerte. Ihre konkreten Vorstellungen will die EU zwar erst im kommenden Jahr offiziell vorstellen. Ersten Angaben zufolge sieht die Norm nach derzeitigem Stand deutlich niedrigere Grenzwerte bei CO2 und Stickoxiden sowie das Ende von Ausnahmeregelungen vor.

Beim Auto-Gipfel warnte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, vor einer noch strengeren Regulierung. Ihre Argumente drehen sich um Arbeitsplätze, Wohlstand und den sozialen Frieden.

„Europa muss den Beweis antreten, dass moderne Industriepolitik sich dem Klimaschutz verpflichten kann und dass das nicht heißt, dass man seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet“, sagte Müller. Das sei die zentrale Herausforderung und eine Warnung zugleich.

Schon jetzt muss die Industrie in Summe einen dreistelligen Milliardenbetrag investieren, um die Elektrowende zu stemmen. Das Geld fließt in die Entwicklung neuer Modelle und die Umstellung der Werke.

Mit der Umrüstung werden viele der rund eine Million Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie verloren gehen, da die Werke stärker automatisiert und weniger Komponenten je Auto benötigt werden. Ein Elektroantrieb ist deutlich kompakter und einfacher konstruiert als ein Verbrenner.

Lücken in der Ladeinfrastruktur

Volkswagen, Daimler, BMW und vor allem die Zulieferer haben mit dem Abbau von Stellen begonnen. Kommen nun härtere Grenzwerte und wird die Elektrifizierung weiter beschleunigt, dann müssen die Autobauer radikaler ihre Belegschaft verkleinern, ist die Befürchtung. Mit Blick auf diese Entwicklung warnte VDA-Chefin Müller vor einer weiteren Verschärfung. „Wenn wir soziale Fragen vernachlässigen, dann werden sich die Menschen abgekoppelt fühlen“, sagte sie.

Müller verwies dabei auf die Entwicklung in den USA, wo viele Arbeitsplätze in der Industrie verloren gegangen sind. Das Land ist heute tief gespalten, wie sich an der Präsidentenwahl gezeigt hat. Statt immer höhere Ziele zu setzen, sollte die Politik darauf schauen, was geleistet werden könne, sagte Müller.

Bereits die aktuellen Grenzwerte stellen die Autohersteller vor große Herausforderungen. So wird etwa Daimler die Grenzwerte vermutlich verfehlen. Den Stuttgartern und anderen Herstellern drohen daher empfindliche Bußgelder.

Volkswagen hingegen sieht große Chancen, die Ziele zu erreichen. Der Vorstand um VW-Chef Herbert Diess hat dazu etliche neue E-Modelle ins Programm genommen, mit denen er die Lücke zu Tesla schließen will, dem Marktführer bei Elektroautos. Getrieben wird der Absatz der Wolfsburger auch von staatlichen Förderprogrammen, mit denen die Anschaffung von Stromern wirtschaftlicher wird.

Diess beklagt aber wie Müller und andere Vertreter der Industrie Defizite auf staatlicher Seite, die den Siegeszug der Elektromobilität verzögern. Vor allem die Lücken in der Ladeinfrastruktur gelten als Hemmnis. Die für Europa geplanten eine Million Ladesäulen reichten bei Weitem nicht aus, sagte die VDA-Präsidentin.

Derzeit kämen zwar pro Woche 10.000 neue Elektro- und Hybridautos in Deutschland auf den Markt, aber der Ausbau der Ladepunkte komme nicht mit. Kommen derzeit zehn Elektroautos auf einen öffentlichen Ladepunkt, so werden es Ostern 2021 bereits 20 Autos sein. „Wir brauchen jetzt einen Masterplan für jede Kommune“, forderte Müller.

Wie zurzeit alle Handelsblatt-Veranstaltungen ist auch der Auto-Gipfel 2020 virtuell. Tickets gibt es unter handelsblatt-autogipfel.de.