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Verkehrsminister Scheuer kommt beim Netzausbau voran – und kann doch nicht alle Funklöcher stopfen

Verkehrsminister Scheuer und die Mobilfunker haben sich auf ein gemeinsames Ausbauziel geeinigt. Eine 100-prozentige Abdeckung wird es aber nicht geben.

Die Show ist gerade zu Ende, der Mobilfunkmast im Beisein von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eingeweiht, da startet auch schon der Dienstwagen und verschwindet mit dem Minister dank Elektroantrieb geräuschlos aus Kleßen-Görne. Andreas Scheuer muss telefonieren.

In einer halben Stunde will der Breitbandminister noch einen letzten Versuch unternehmen, um die Bosse der Mobilfunkanbieter von Telekom, Vodafone und Telefonica davon zu überzeugen, bis Ende 2021 alle Funklöcher in Deutschland zu schließen, nicht nur in Kleßen-Görne. Gut, dass sein Fahrer ihm ein Brot vom Buffet eingepackt hat.

Scheuer ist mit einem Tross Journalisten in das Dorf in Brandenburg gekommen. An diesem Donnerstag findet der lang angekündigte Mobilfunkgipfel in seinem Ministerium statt. Der Minister will an dessen Ende das Ergebnis verkünden, die Unternehmen dazu gebracht zu haben, alle Funklöcher in Deutschland bis 2021 zu schließen. Doch die sperrten sich. Da könnte öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema helfen.

Doch Druck gibt es auf beiden Seiten. In einer ersten Version einer Gipfelerklärung, die bereits knapp zwei Wochen alt ist und dem Handelsblatt vorliegt, steht der Satz: „Auf Initiative des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur haben Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände mit den CEOs der Deutschen Telekom, der Vodafone Deutschland und der Telefónica Deutschland gemeinsam Maßnahmen vereinbart, mit denen insbesondere die letzten Versorgungslücken in den besiedelten Gebieten geschlossen werden können.“ Das würde sich in der Erfolgs-Vita des Ministers gut lesen, zumal eben jenes Ziel im Koalitionsvertrag steht.

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Diesen Satz wird das Verkehrsministerium so jedoch wahrscheinlich streichen müssen. Zwar konnte Scheuer seinen Mobilfunkgipfel retten: Zuletzt hatte es so ausgesehen, als würde der Gipfel zu einem Arbeitstreffen ohne konkretem Ergebnis degradiert.

Weder die Kommunen und Länder wollten sich bisher bereiterklären, ihre Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Flächen für neue Masten bereit zu stellen, noch wollten die Unternehmen in Gegenden wie Kleßen-Görne Funkmasten im Wert von bis zu 200.000 Euro, zuzüglich Aufstellung, Anschluss ans Glasfaser- und Stromnetz sowie Betriebskosten aufstellen. Es rechnet sich für sie nicht, weil es viel zu wenige Kunden gibt.

Doch Scheuers Telefonat hat geholfen: Die Unternehmen haben nach Informationen des Handelsblatts ihren Willen zur Einigung deutlich gemacht. Allerdings wird der Minister ihnen wohl entgegenkommen: Sie verpflichten sich, bis 2020 bundesweit 99 Prozent der Haushalte zu versorgen und bis 2021 sollen auch innerhalb eines Bundeslands die 99 Prozent erreicht werden. Letzteres ist schwieriger in Ländern mit wenig großen Städten.

Das letzte Prozent ist das teuerste

Das entspricht fast genau dem Angebot, zu dem sich Mobilfunker während der ganzen Diskussion bereit gezeigt haben: Die 99 Prozent Ausbauquote ist ein Prozent mehr, als sie laut Regulierungsvorgabe leisten müssen. Doch weil das letzte Prozent das teuerste ist – dabei geht es um schwer zugängliche Regionen mit wenig Kunden – wollten sie sich nicht auf die Forderung von Scheuer eingehen. Der wollte 100 oder 99,5 Prozent festgeschrieben sehen.

Mit dem Verkehrsminister ist der Technik-Chef der Telekom, Walter Goldenits, nach Kleßen-Görne gekommen. Der Bonner Konzern stellt dort den mobilen Funkmast am Rande eines Ackers auf, der nun im Hintergrund von Fotos zu sehen ist, bei denen Scheuer in die Kameras lächelt. Doch auch Goldenits sagte am Rande der Veranstaltung: „Das letzte Prozent wird ohne neue Modelle nicht machbar sein.“

Worauf er anspielt, ist eine Förderung vom Staat. Ohne staatliche Hilfen, betonen die Unternehmen seit vielen Wochen in den vertrauten Runden mit Politikern, wird es nicht gehen.

Doch Scheuer kann nicht. „Rechtliche Hürden“ stünden dem entgegen, sagt er an diesem Mittwoch. Fördergeld bedeutet, in den Markt einzugreifen. Solche Maßnahmen müssen daher in Brüssel von der EU-Kommission genehmigt werden. So ein Verfahren dauert gut und gerne mal ein bis zwei Jahre – zu lange, wie Scheuer findet.

Wenn es schon kein Geld gibt, dann setzen die Anbieter zumindest auf bessere Bedingungen bei der Versteigerung der neuen Mobilfunkfrequenzen für das Echtzeitinternet. Doch die Regeln dafür stellt die Bundesnetzagentur auf, nicht der Minister. Seit Monaten gibt es heftige Machtkämpfe hinter den Kulissen. „Wir sind hart im Wind“, nennt Scheuer es.

Es gebe „politischen Fragen“ (der Druck, dass die Menschen sich abgehängt fühlen und im Zweifel mal die AfD wählen, weniger im Westhavelland als in Scheuers Heimat Bayern) und „wirtschaftliche Interessen“ (die Unternehmen müssen Geld verdienen). „Das muss in Ausgleich gebracht werden.“ Bislang hatte er den Unternehmen allein angeboten, die Ratenzahlungen für die ersteigerten Lizenzen zu stunden. Das reichte den Unternehmen nicht.

Diese ganzen Diskussionen haben sich in Kleßen-Görne derweil erledigt. Die Feuerwehr wird endlich ihren Digitalfunk einsetzen können. Der Bürgermeister ahnt indes, was nun bei seinen Einwohnern passieren wird: „Viele werden von Vodafone zur Telekom umswitchen“, sagt er. Das Netz des Telekom-Konkurrenten sei bislang das bessere gewesen.

Das hat sich Dank Scheuer nun geändert. Vermutlich in zweieinhalb Jahren, so lange dauern die Genehmigungsverfahren und die Bauzeit laut Telekom meist, wird ein echter Mast am Ort stehen und die mobile Station wieder abgebaut werden.

Die Lösung indes kann keine für Deutschland sein, da sind sich alle einig. Selbst Scheuer betont, der Ort stehe als „Symbol“.