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Verkauft die Autoindustrie weiter nur Autos, macht sie sich selbst überflüssig

Das gesamte Ökosystem der Mobilität muss neu gedacht werden: Die Autoindustrie muss die Infrastruktur mitplanen. Ansonsten wird sie von Technologiekonzernen ersetzt.

Autos wird es in der Stadt der Zukunft weiter geben. Aber nicht mehr so viele, weil sich die Bewohner Platz und Kosten sparen und sich die Autos lieber teilen. Foto: dpa
Autos wird es in der Stadt der Zukunft weiter geben. Aber nicht mehr so viele, weil sich die Bewohner Platz und Kosten sparen und sich die Autos lieber teilen. Foto: dpa

Audi wagt sich auf neues Terrain. Der Autohersteller will gemeinsam mit seiner Konzernschwester Porsche mehrere Hundert Schnellladestationen in den europäischen Metropolen bauen. In Ingolstadt hat man Sorgen: Schon sehr bald sind die öffentlich zugänglichen Ladenetze in den Städten überlastet.

Das gilt auch für die leistungsstarken Stromer, die von den beiden VW-Töchtern jetzt mit hohen Stückzahlen in den Markt gedrückt werden. Deren Kunden erwarten aber, dass sie lückenlos und schnell laden können, wenn sie sich schon so teure Elektroautos kaufen.

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Nun ist das Laden von Elektroautos eine sehr langweilige Angelegenheit, selbst wenn man sie mit mehreren Hundert Kilowatt betreibt. Auch mit Schnellladern dauert es mindestens eine Viertelstunde, bis so ein Strombolide wieder halbwegs voll ist. Also arbeitet man bei Audi an Konzepten, was man der Klientel in der Zwischenzeit bieten kann.

Café und Shopping ist naheliegend, aber vielleicht noch nicht alles. Wie wäre es mit Coworking-Spaces, wo es sich in entspannter Umgebung ein wenig arbeiten lässt? Porsche-Work-out oder Audi-Yoga?

Was abwegig klingt, ist für die Autohersteller eine wichtige Aufgabe der Zukunft. Bislang hat die Autoindustrie Autos verkauft und sich um die notwendige Infrastruktur keine Sorgen gemacht. Mit der Elektrifizierung und der Digitalisierung ändert sich das.

Mobilität als Dienstleistung begreifen

Langfristig muss das gesamte Ökosystem der Mobilität neu gedacht werden, vor allem in den Metropolen. Elektroautos sind Teil einer vernetzten Infrastruktur, die anders funktionieren wird als heute. Wer Mobilität aber nicht zunehmend als Dienstleistung begreift, der wird langfristig nicht Teil der Lösung sein. Das Auto und die Stadt müssen zusammengedacht werden, sonst hat das Kfz langfristig keine Zukunft.

Audi arbeitet an Stationen, Toyota an einer ganzen Stadt. „Woven City“ heißt das Projekt, das der japanische Autokonzern am Fuße des Berges Fuji plant. Toyota will ein „lebendiges Labor“ schaffen, in dem Einwohner und Forscher leben. Vor Ort sollen Technologien wie autonomes Fahren, Smarthome-Lösungen und Künstliche Intelligenz einer realen Umgebung getestet werden, selbstverständlich komplett klimaneutral.

Alles wird mit allem verbunden sein. Für die feine Ästhetik sorgt der dänische Architekt Bjarke Ingels.

„Woven City“ soll auch ein Showroom sein. Toyota geht davon aus, dass in Zukunft weniger Privatleute Autos kaufen, sondern Städte Lösungen für ihre Mobilitätsprobleme suchen. Die Japaner wollen eine Art Betriebssystem für die Stadt der Zukunft entwickeln, indem die individuelle Mobilität weiter eine zentrale Rolle spielen wird.

Autos wird es in dieser Stadt weiter geben. Aber nicht mehr so viele, weil sich die Bewohner Platz und Kosten sparen und sich die Autos lieber teilen. Toyota lebt in diesem Konzept von der Bereitstellung und der Integration von Technologien und Dienstleistungen. Die wollen die Japaner entwickeln, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

Paris und Singapur schreiten voran

Das ist einerseits Zukunftsmusik, denn auch in den nächsten Jahren werden Autohersteller weiter vor allem Autos verkaufen. Die Branche feiert derzeit sogar eine Renaissance des privaten Autobesitzes, weil die Menschen in der Pandemie nur ungern in Bus und Bahn steigen.

Doch das könnte sich als trügerisch erweisen. Corona wird vergehen, die Digitalisierung, der Klimawandel und der Umbau der Städte nicht. Paris will in den kommenden Jahren den privaten Autoverkehr radikal zurückfahren, aus Straßen und Parkplätzen werden Radwege und Grünflächen.

Das ist kein akademisches Projekt. Das ist der ausdrückliche Wunsch der Bewohner, die bei der jüngsten Kommunalwahl das Vorhaben von Bürgermeisterin Anne Hidalgo bestärkt haben. In Singapur geht die Regierung noch weiter. In dem Stadtstaat soll bald niemand mehr hinter dem Steuer sitzen: Singapur hat sich zum Ziel gesetzt, langfristig den gesamten Verkehr auf klimaneutrale, autonome Systeme umzustellen. Wo bleibt da die Autoindustrie?

Nicht alle Städte werden den Weg in dieser Konsequenz gehen, aber immer mehr. Es ist der Grund, warum Technologiekonzerne wie Apple und Google in das Mobilitätsgeschäft einsteigen wollen. Und es erklärt, warum Uber und Tesla heute schon höher bewertet werden als traditionelle Autohersteller.

Die Investoren trauen es den Technologiekonzernen offenbar eher zu, diese vernetzte Mobilität herzustellen, als den traditionellen Autoherstellern. Die müssen sich über kurz oder lang von ihrem Produkt lösen und die Kompetenzen der Technologiekonzerne aufholen. Wie schwierig dieses Unterfangen ist, zeigt der Versuch der Autoindustrie, das neue, digitale Hirn des vernetzten Autos zu entwickeln.

Daimler, Volkswagen und BMW versuchen nun jeweils einzeln ihre Betriebssysteme aufzusetzen. Auf der anderen Seite steht Google mit seinem riesigen Android-Kosmos und sammelte mit seiner Autosoftware in den vergangenen Monaten Zug um Zug General Motors, Volvo und Renault-Nissan ein. Früher ging es um das beste Auto, bald wird es die beste Software und das beste Ökosystem sein, die über den Erfolg entscheiden.

Insofern ist es gut, wenn die Autoindustrie sich auf den Weg macht, ihr Denken zu ändern. Ladestationen mit einer Kaffeebar sind schon einmal ein Anfang. Doch das Denken in den Konzernen wird sich noch stärker verändern müssen. Weg von Stückzahlen, hin zu Systemen. Oder in Kurzform: Denkt an die Zukunft der Mobilität und nicht nur an Autos.