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Verbotene Staatsfinanzierung? EZB verteidigt Anleihekäufe vor Gericht

Die Kritiker sind überzeugt: Dass die Europäische Zentralbank (EZB) seit Jahren systematisch Staatsanleihen kauft, ist verbotene Staatsfinanzierung. Deshalb starteten sie am Dienstag bei einer Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erneut den Versuch, das laufende Kaufprogramm der Notenbank zu stoppen.

Einer der Wortführer ist der CSU-Politiker Peter Gauweiler. Er argumentiert: „Obwohl die EZB Staatsanleihen aller Euro-Staaten kauft, ist das Ankaufprogramm der Sache nach ein Programm zur finanziellen Unterstützung der überschuldeten Staaten, insbesondere Spaniens, Frankreichs und nicht zuletzt Italiens. Die Politiker dieser Länder werden dadurch angeleitet, zusätzliche Schulden auf Kosten Dritter zu machen.“

Die EZB hat sich, unterstützt von der Bundesregierung, der Europäischen Kommission und der Bundesbank, gegen die Vorwürfe gewehrt. Der EuGH hat bereits in einem früheren, noch umstritteneren Ankaufprogramm der EZB die grundsätzliche Zulässigkeit erklärt. Ab Anfang 2019 wird die EZB voraussichtlich nur noch auslaufende Papiere ersetzen, also nicht mehr netto zukaufen.

Bei der Diskussion geht es letztlich darum, wie das geldpolitische Mandat der EZB auszulegen ist. Bei diesem Mandat steht an erster Stelle die Preisstabilität, die bei knapp zwei Prozent Inflation als erreicht gilt. Daneben soll die Zentralbank aber auch die allgemeine Wirtschaftspolitik unterstützen, sofern dies mit der Preisstabilität zu vereinbaren ist.

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Die EZB selber vertritt die Auffassung, dass sie sehr weitgehende Maßnahmen ergreifen kann, um ihre Ziele zu erreichen. Mögliche schädliche Nebenwirkungen behält sie dabei im Auge. Nach Ansicht von EZB-Präsident Mario Draghi zeigt die Entwicklung der Euro-Zone in den letzten Jahren, dass es solche Nebenwirkungen bisher nicht gegeben hat.

Die Kritiker sehen das völlig anders. Sie gehen davon aus, dass die EZB ihr Mandat schon überschreitet, wenn ihre Maßnahmen mehr als rein geldpolitische Effekte haben. Dass die Aufkäufe von Staatsanleihen den betreffenden Staaten helfen, sich zu finanzieren, ist in ihren Augen schon eine Kompetenzüberschreitung.

Kurz gesagt: Laut EZB ist geldpolitisch alles erlaubt, was nicht verboten oder deutlich gefährlich ist. Laut den Klägern ist alles verboten, was nicht allein geldpolitische Effekte hat.

Die Bundesbank, die als nationale Notenbank zum Unterbau der EZB gehört, steht in der Diskussion in der Mitte, wie aus ihrer Stellungnahme und gelegentlichen Äußerungen ihres Präsidenten Jens Weidmann hervorgeht. Sie sieht im Notfall auch außergewöhnliche geldpolitische Maßnahmen als gerechtfertigt an – und unterstützt im vorliegenden Streit die EZB. Zugleich betont sie im Gegensatz zur EZB, solche Käufe dürften kein „normales Instrument der Geldpolitik“ sein.

Das Wann ist entscheidend

Außerdem legt die Bundesbank die Grenzen des Zulässigen enger aus. Ein anderes Programm der EZB etwa lehnt sie ab. Dies erlaubt es der Notenbank, unbegrenzt kurzfristige Anleihen einzelner Staaten zu kaufen. Dieses Programm, OMT (Outright Monetary Transactions) abgekürzt, wurde 2012 beschlossen, aber noch nie eingesetzt. Laut Bundesbank handelt es sich dabei um unzulässige Staatsfinanzierung, weil gezielt einzelne Länder gefördert werden.

Der EuGH hatte in einem früheren Urteil aber die Auffassung vertreten, dass das OMT-Programm zulässig ist, und das Bundesverfassungsgericht hat sich dem nach anfänglichen Bedenken angeschlossen. Dabei galt als wichtig, dass die EZB die verschiedenen nationalen Staatsanleihen nicht schon bei der Erstausgabe erwirbt, sondern erst einige Zeit später Dritten abkauft.

Damit sei ausgeschlossen, dass Staaten sich schon bei der Ausgabe von Anleihen darauf verlassen können, dass letztlich die Zentralbank diese Schulden finanziert. Im laufenden Verfahren drehen sich die Diskussionen daher auch um die Frage, wie und wann genau Staatsanleihen gekauft werden. Der – mittlerweile aus der Partei ausgestiegene – AfD-Gründer Bernd Lucke, ein weiterer Kritiker, spricht von einer „faktischen Gewissheit“ der Staaten, dass sie ihre Anleihen unterbringen können.

Beim aktuellen, seit 2015 laufenden Programm, das unter dem Kürzel PSPP (Public Sector Purchase Programme) bekannt ist, kaufen dagegen die jeweiligen nationalen Notenbanken Anleihen nach Quoten, die ihrem Anteil am EZB-Kapital entsprechen. So wird kein Land bevorzugt und die Risiken der Anleihen trägt die jeweilige nationale Notenbank. Die EZB selber kauft nur zehn Prozent der Papiere, 90 Prozent erledigen Bundesbank und Co.

Wie erwartet wurde vor dem EuGH auch die Rechtsauffassung der EZB diskutiert, sie könne in bestimmten Fällen Verluste aus geldpolitischen Maßnahmen auf alle angeschlossenen Notenbanken solidarisch verteilen. Sie wurde darin von der Europäischen Kommission sowie Italien und Frankreich unterstützt, während die Bundesregierung und die Bundesbank der Auffassung sind, Verluste sollten immer bei derjenigen Notenbank bleiben, bei der sie angefallen sind.