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Verbände schlagen Alarm: Deutschland braucht 80.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr

Der Mangel an Sozialwohnungen ist akut – gerade in Großstädten. Ein Bündnis aus mehreren Verbänden fordert nun mehr staatliches Engagement.

Ein Bündis mehrerer Verbände fordert zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030. Foto: dpa
Ein Bündis mehrerer Verbände fordert zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030. Foto: dpa

Mit einem „Akutplan für soziales und bezahlbares Wohnen in Deutschland“ verlangen fünf soziale Organisationen und Verbände der Bauwirtschaft einen „konsequenten Kurswechsel“ in der Wohnungsbaupolitik.„Wer sagt, dass Wohnen eine soziale Frage unserer Zeit ist, muss mehr Geld als bisher in die Hand nehmen“, fordert das Verbändebündnis Soziales Wohnen, zu dem sich der Deutsche Mieterbund, die Gewerkschaft IG Bau, die Caritas sowie der Baustoff-Fachhandel und die Mauersteinindustrie zusammengeschlossen haben.
Handeln statt reden, so lautet die Forderung, die die Verbände mit einer Studie des Pestel-Forschungsinstituts unterlegen. Ziel müsse es sein, die Zahl der Sozialwohnungen von derzeit nicht einmal 1,2 Millionen bis 2030 auf zumindest zwei Millionen zu erhöhen – und damit den Bestand von 2007 wieder zu erreichen. Der Staat müsse den sozialen und den bezahlbaren Wohnungsbau mittelfristig verlässlich fördern, um auch der Bauwirtschaft Anreize für den Aufbau notwendiger Kapazitäten zu geben. Insgesamt seien dafür bis 2030 mindestens 9,3 Milliarden Euro notwendig - pro Jahr.
„Eine Entspannung auf Deutschlands Wohnungsmärkten ist nicht in Sicht“, heißt es in der an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie. Geringverdiener hätten immer schlechtere Karten, eine Wohnung zu finden. Doch selbst Durchschnittsverdiener würden in vielen Städten auf enorme Probleme bei der Wohnungssuche stoßen. Bis weit in die Mittelschicht hinein seien Mieten oft nicht mehr bezahlbar.
Besonders problematisch sei der Verlust von Sozialwohnungen. „Jeden Tag fallen im Durchschnitt 232 Wohnungen aus der Sozialbindung heraus“, sagte Robert Feiger, Vorsitzender der IG Bau. Hatte es in den 1980er Jahren in der alten Bundesrepublik noch 3,8 Millionen Sozialwohnungen gegeben, ist diese Zahl mittlerweile auf 1,13 Millionen geschrumpft.

9,3 Milliarden Euro für Wohnaum – pro Jahr

Nach Einschätzung des Bündnisses müssten ab sofort jährlich mindestens 80.000 neue Sozialmietwohnungen entstehen und weitere 75.000 Bestandswohnungen durch Modernisierung und Ankauf von Belegrechten gesichert werden, um diese verhängnisvolle Entwicklung abzubremsen. Außerdem müssten für Haushalte, die nur geringfügig über den Einkommensgrenzen für die Bewilligung von Wohnberechtigungsscheinen lägen, jährlich mindestens 60.000 bezahlbare Wohnungen vor allem in den Ballungsgebieten neu gebaut werden.

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„Das geht allerdings nur, wenn der Staat seine Förderung für den sozialen Wohnungsbau erheblich steigert“, meint Studienleiter Matthias Günther. Und zwar von zuletzt 2,4 Milliarden auf 6,3 Milliarden Euro pro Jahr. Zuzüglich der Fördermittel für bezahlbaren Wohnungsbau belaufe sich der notwendige Mitteleinsatz durch Bund, Länder und Kommunen auf insgesamt 9,3 Milliarden Euro jährlich.

Aktuell werden nach Angaben der Verbände nur 27.000 statt 80.000 Sozialmietwohnungen und etwa 3.000 statt 60.000 bezahlbare Wohnungen in Deutschland neu gebaut. Außerdem werden nur rund 20.000 statt 75.000 Bestandswohnungen durch Modernisierung und Ankauf von Belegrechten als Sozialmietwohnungen gesichert.

Darüber hinaus sollten die Bundesländer Mittel vom Bund eins zu eins kofinanzieren, so Günther. Daran hätten sich in den beiden vergangenen Jahren nur Hamburg, Schleswig-Holstein und Bayern gehalten – und sogar selbst deutlich mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert als sie vom Bund erhalten hätten.

Umdenken zu einer sozialen Wohnungspolitik

Ein absolutes Tabu müsse es sein, Geld des Bundes für den sozialen Wohnungsbau „im Landeshaushalt versickern zu lassen“. Immerhin die Hälfte der Bundesländer habe in den zurückliegenden zwei Jahren mehr Mittel aus Berlin bekommen als sie am Ende für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus verteilt hätten

Es sei „nicht so ganz neu“, was er hier erzähle, meint Studienleiter Günther. Doch es sei in den vergangenen Jahren eindeutig zu wenig passiert, obgleich es „Ankündigungen ohne Ende“ gebe.

„Die Bundesregierung darf diesen Notruf nicht ignorieren“, forderte Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Chris Kühn, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, warnte vor der geplanten Kürzung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau. „Statt 1,5 Milliarden will der Bund nur noch eine Milliarde pro Jahr bereitstellen“, sagte Kühn. Es brauche endlich ein Umdenken hin zu einer sozialen und bezahlbaren Wohnungspolitik: „Wir brauchen die Neue Wohngemeinnützigkeit, damit das ständige Auslaufen von Sozialbindungen ein Ende hat und wieder mehr Sozialwohnungen entstehen als aus der Bindung fallen."

Die Bereitstellung von Bauland und sein Preis gilt als entscheidend dafür, mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können. Die Grundstückspreise dürften dabei einen Preis von 300 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Gerade in Ballungsräumen liegen die Preise meist aber deutlich darüber. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol versprach Abhilfe: „Durch die schnellere und günstigere Vergabe von bebaubaren Bundesliegenschaft schaffen wir den Grund und Boden für sozialen Wohnungsbau“, erklärte er am Donnerstag.

Der Mangel an Bauland hatte im Fokus der Gespräche zwischen SPD und Union am Sonntag im Koalitionsausschuss gestanden. Künftig sollen auch Grundstücke des Bundeseisenbahnvermögens verbilligt abgegeben werden. Mit der Bahn sollen darüber hinaus Gespräche über die Mobilisierung weiterer Grundstücksflächen aus ihrem unmittelbaren Besitz geführt werden.

Mehr: Die Deutsche Wohnen bilanziert im ersten Halbjahr steigende Gewinne. Doch die Politik hat mit Debatten über Mietendeckel und Enteignungen das Geschäftsmodell der Immobilienkonzerne im Visier.