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Die Verabschiedung der Grundrente vor der Sommerpause wackelt

Die Kritik in den Reihen der Union an der Grundrente reißt nicht ab. JU-Chef Tilman Kuban moniert: Das Gesetz widerspreche der Beschlusslage der CDU.

Kuban sieht die Finanzierung der Grundrente nicht gesichert. Foto: dpa
Kuban sieht die Finanzierung der Grundrente nicht gesichert. Foto: dpa

Für die Sozialdemokraten ist die Sache klar: Vor der parlamentarischen Sommerpause soll der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Grundrente mit den Stimmen der Großen Koalition vom Bundestag verabschiedet werden. Schließlich handele es sich seit dem Kabinettsbeschluss im Februar nicht mehr nur um ein Projekt von Heil, sondern um die Position der gesamten Bundesregierung inklusive Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Nach Informationen des Handelsblatts steht der Gesetzentwurf aber nicht auf der vorläufigen Tagesordnung für die Sitzungswoche vom 29. Juni bis 3. Juli – die letzte Möglichkeit vor der zweimonatigen Parlamentspause. Die Widerstände sind in Teilen der Union noch groß, die andauernden Verhandlungen der Koalitionsfraktionen schwierig.

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Für die Junge Union (JU) geht es auch um die Frage, ob sich die CDU an ihre eigenen Beschlüsse hält. Heils Gesetzentwurf „widerspricht dem Grundrentenkompromiss der Koalition und unserem Beschluss vom CDU-Parteitag“, sagte JU-Chef Tilman Kuban dem Handelsblatt. „Ich appelliere an die CDU-Bundestagsabgeordneten, sich an die Einigung, die wir auf dem Parteitag erzielt haben, zu halten.“

Kubans Äußerungen sind pikant, weil der Parteinachwuchs schon einmal die Erfahrung gemacht hat, wie wenig die Willensbekundungen des höchsten CDU-Gremiums am Ende wert sein können. Auf dem Parteitag 2016 initiierte die JU den Beschluss, die mit der SPD vereinbarten Regelungen zur doppelten Staatsbürgerschaft wieder zurückzunehmen. Merkel ignorierte damals die Entscheidung.

Jetzt geht es nicht um den Doppelpass, sondern um die Grundrente. Genau genommen geht es darum, wie Heil die Grundrentenpassage aus dem Koalitionsvertrag interpretiert hat. Denn im Ziel sind sich die Regierungsparteien einig: Wer trotz langjähriger Berufstätigkeit im Alter nur eine Rente auf Sozialhilfeniveau bezieht, soll finanziell bessergestellt werden.

Keine weiteren Abstriche am Grundrenten-Kompromiss

Die Pläne des Arbeitsministers wichen nach Ansicht von CDU und CSU aber stark von der Vereinbarung im Koalitionsvertrag ab. Nach monatelangem Streit einigte man sich im vergangenen November auf einem Kompromiss, bei dem sich die SPD weitgehend durchsetzen konnte. In der Union war der Ärger groß.

Anfang Dezember stellte der CDU-Parteitag auf Bestreben der JU und des Wirtschaftsflügels klar, dass es an dem Kompromiss keine weiteren Abstriche geben dürfe. Umgesetzt werden müsse eine umfassende Einkommensprüfung, um den Anspruch auf Grundrente festzustellen. Außerdem könne die teurere SPD-Variante nur kommen, wenn die Finanzierung gesichert sei.

Das Kompromissmodell der Koalition ist aber wenig praxistauglich, die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einem hohem Bürokratieaufwand. Auch Heils Ministerium räumt mittlerweile ein, dass erste Grundrentenzahlungen wegen der komplexen Regelungen frühestens im Sommer 2021 erfolgen können, selbst wenn das Gesetz Anfang kommenden Jahres in Kraft tritt.

Kuban sieht noch immer einige offene Fragen bei dem geplanten Datenaustausch zwischen den Finanzämtern und der Rentenversicherung, über den die Einkommensprüfung laufen soll. Er kritisiert auch, dass diese Prüfung bei im Ausland lebenden Grundrentenbeziehern nicht gewährleistet werden könne – obwohl der Punkt im Koalitionskompromiss ausdrücklich erwähnt ist.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) habe ebenfalls nicht geklärt, woher das Steuergeld für die geschätzten Kosten von 1,4 Milliarden Euro im Einführungsjahr kommen solle. „Die europäische Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung der Grundrente, die Olaf Scholz versprochen hat, konnte er nicht durchsetzen“, so der JU-Chef.

Unionsfraktionschef Brinkhaus versucht zu schlichten

Merkel hatte die Diskussion in ihrer Partei Anfang des Jahres mit einem Machtwort beenden wollen und anschließend Heils Entwurf durch das Kabinett gelotst. Im Bundestag versucht Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) nun, die Unzufriedenen in den eigenen Reihen zu besänftigen und das Gesetz irgendwie zur Abstimmung zu bringen. Ein Gespräch mit dem sozialdemokratischen Fraktionschef Rolf Mützenich in dieser Woche über strittige Punkte verlief nach Handelsblatt-Informationen allerdings ergebnislos.

Brinkhaus gilt selbst als Kritiker von Heils Gesetzentwurf, will das Thema aber offenbar nur noch vom Tisch haben. In der Unionskreisen hieß es, der Fraktionschef habe intern deutlich gemacht, dass die Grundrente vor dem Sommer verabschiedet werden solle. Das stößt bei einigen Abgeordneten von CDU und CSU auf Unmut, die mit dem Gedanken spielen, im Bundestag gegen den eigenen Regierungsentwurf zu stimmen.

Die Sozialdemokraten fordern, das Kapitel Grundrente nach anderthalb Jahren Streit endlich abzuschließen. Der rentenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ralf Kapschack, sagte dem Handelsblatt: „Ich erwarte, dass die Union jetzt endlich ihren Widerstand aufgibt und den Gesetzentwurf der Regierung gemeinsam mit uns verabschiedet.“