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Venezuala-Virus springt auf Kuba über

Weniger Benzin, weniger Strom - Venezuala-Virus springt auf Kuba über

Yamila Rombaut wunderte sich sehr, als sie Mitte des Monats die neue Verfügung auf ihren Schreibtisch in Havanna bekam. Die Angestellte des kubanischen Tourismusministeriums las die Direktiven, die aus der Partei- und Staatsführung kamen, mit Kopfschütteln. Rombaut und Millionen andere Ministeriumsmitarbeiter müssen wieder Strom und Benzin sparen.

Das heißt: Ab sofort gibt es 50 Prozent weniger Treibstoff für die Fahrzeuge, und auch die Klimaanlagen müssen mindestens eine Stunde vor Arbeitszeitende abgeschaltet werden. „Das werden komplizierte Monate, es wird gerade ganz schön eng“, sagt Rombaut.

Nicht nur für die Angestellte des Tourismusministeriums, sondern für ganz kam die neue Sparwelle unerwartet, die Präsident Raúl Castro Mitte des Monats verkündete. Gerade als man dachte, die kommunistisch regierte Karibikinsel kommt mit der Annäherung an die aus dem Gröbsten raus, heißt es plötzlich: Nur noch halbe Kraft voraus.

Grund ist , der nach wie vor wichtigste Handelspartner Kubas. Und der ist bekanntlich selbst dem Bankrott nahe und hat nun ganz offensichtlich die Bruderhilfe in Form von billigen Öllieferungen deutlich heruntergefahren. Präsident Castro bestritt aber, dass Kuba eine zweite „Sonderperiode“ bevorstehe, wie in den 1990-er Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. „Wir sind heute besser darauf vorbereitet als damals, die negativen Auswirkungen aufzufangen“.

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Castro hatte zunächst verklausuliert von negativen wirtschaftlichen Einflüssen gesprochen und dabei eine schlechte Zuckerernte und einen niedrigen Nickelpreis erwähnt. Aber diese beiden Faktoren sind im Vergleich zu den venezolanischen Öllieferungen vernachlässigbar. Venezuela ist seit langem faktisch die Lebensader Kubas.

„Wenn die venezolanische Unterstützung verschwindet oder nachhaltig reduziert wird, löst das die größte wirtschaftliche und soziale Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion aus“, warnte schon vor einem halben Jahr der in den USA lebende kubanische Ökonom Carmelo Mesa-Lago. Es sieht so aus, als sollte er Recht behalten.

Die beiden Ex-Präsidenten Fidel Castro und Hugo Chávez hatten 2003 in einem umfassenden „Kooperations-Abkommen“ unter anderem die Lieferung von täglich rund 100.000 Fass Öl zu Vorzugskonditionen an die Insel vereinbart. Dies machte Venezuela zu Kubas Hauptfinanzier, wichtigstem Handelspartner und verlässlichstem Verbündeten.


Das Öl wird knapp

Havanna zahlt das Öl mit Lehrern, Ärzten, Trainern und Sicherheitsexperten. Ein Drittel seines gesamten Handels wickelt die Insel mit ab. Jetzt aber scheint Präsident Nicolás Maduro der Karibikinsel den Ölhahn allmählich zuzudrehen.

Um wie viel Fass die Lieferungen gekürzt werden, ist nicht klar. Laut der Nachrichtenagentur Reuters kürzte Venezuela die Lieferungen im ersten Halbjahr 2016 um mindestens 20 Prozent. Die britische Barclays-Bank hatte bereits vor einem Jahr berichtet, Caracas liefere Havanna seit September 2014 nur noch 55.000 Fass Öl, anstatt der 110.000 Fass, die noch 2012 verschifft wurden. Bestätigung oder Dementi gab es damals wie heute weder in Havanna noch in Caracas. Die Daten der Wirtschaftshilfe gelten beiden Seiten als Staatsgeheimnis.

Dass Präsident Maduro die Lieferungen an den Verbündeten überhaupt noch aufrechterhält, ist angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage verwunderlich. 96 Prozent der Staatseinnahmen hängen am Erdölverkauf. Und da die Einkünfte durch den abgestürzten Weltmarktpreis um mehr als die Hälfte eingebrochen sind, ist es kaum noch tragbar, einen Großteil der Erdölproduktion weiterhin praktisch zu verschenken. Das Land des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ steht selbst vor einer massiven Versorgungskrise, die Wirtschaft schrumpft dramatisch, und das Land kann nicht mal mehr sein Volk ernähren.

Laut Regierungsangaben soll der Energieverbrauch im zweiten Halbjahr auf der Insel um 28 Prozent eingedämmt werden. Davon ausgenommen sind der Tourismus, die wichtigste Wirtschaftsader Kubas, und die privaten Haushalte. Vor allem der große staatliche Sektor muss aber Energie sparen. Kürzere Arbeitszeiten, geringere Laufzeiten der Klimaanlagen und geringere Benzinzuteilungen an die Fuhrparks der Behörden und Ministerien sind vorgesehen.

Das geringe Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent im ersten Halbjahr (4,7 Prozent im ersten Halbjahr 2015) und das Fehlen der stets knappen Devisen haben die Regierung die Importe um 15 Prozent zurückschrauben lassen. Eigentlich wollte die Insel dieses Jahr für 14,41 Milliarden Dollar Güter und Waren (vor allem Nahrungsmittel) importieren. Nun stehen dafür nur noch 11,9 Milliarden bereit. 17 Prozent der öffentlichen Investitionen werden zudem eingefroren.

Die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Stabilisierung der Insel durch die Annäherung an die haben sich noch nicht erfüllt. Das US-Embargo gegen ist weiter in Kraft, aber immerhin steigen die Reisen der US-Bürger nach Kuba. Auch die Überweisungen von Kubanern in den USA stiegen vergangenes Jahr auf die Rekordsumme von 3,34 Milliarden Dollar. Aber all das reicht noch lange nicht, um die Hilfe des klammen Venezuela zu ersetzen.

KONTEXT

Kuba und die USA: Wie aus Feinden Partner wurden

Einleitung

Die politischen Beziehungen zwischen den USA und dem sozialistischen Kuba waren seit der Revolution 1959 angespannt bis feindlich. Seit Ende 2014 gibt es einen stetigen Wandel, der nun durch den Besuch von Präsident Barack Obama einen Höhepunkt erfährt.

1960

Washington erlässt ein Teilembargo. Schon unmittelbar nach der Revolution 1959 hatten die USA die Wirtschaftshilfe eingestellt und die Einfuhr von Zucker gedrosselt, Kubas wichtigstem Exportgut.

1961

Im Januar bricht Washington seine diplomatischen Beziehungen zu Havanna ab. Im April versucht eine Söldnertruppe von Exilkubanern, mit Hilfe des US-Geheimdienstes CIA das Regime zu stürzen. Kubas Revolutionsarmee schlägt die Invasion in der Schweinebucht zurück.

1962

Die USA verhängen ein komplettes Handelsembargo. Die Kubakrise führt die Welt an den Rand eines Atomkrieges. Wegen der Stationierung sowjetischer Atomraketen auf der Insel ordnet US-Präsident John F. Kennedy eine Seeblockade an, Kremlchef Nikita Chruschtschow zieht die Raketen wieder ab.

1977

16 Jahre nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen eröffnet Washington in Havanna eine Interessenvertretung unter dem Dach der Schweizer Botschaft.

1982

Washington wirft Kuba vor, Terroristen in anderen Staaten zu unterstützen, und setzt das Land auf die US-Terrorliste.

1992

Der US-Kongress verabschiedet den "Cuban Democracy Act", der US-Firmen in Drittländern jeden Kuba-Handel untersagt.

1999

Die USA lockern ihre Sanktionen. So soll es künftig mehr Charterflüge nach Kuba geben.

2004

US-Präsident George W. Bush verschärft Reisebeschränkungen für US-Bürger und schränkt Geldüberweisungen weiter ein.

2009

US-Präsident Barack Obama hebt die Reisebeschränkungen für Exilkubaner auf. Außerdem dürfen sie wieder Geld nach Kuba schicken. Bald darauf gibt es auch wieder Gespräche auf Regierungsebene.

2014

Im Dezember kündigen Obama und Kubas Staatschef RaÁl Castro an, die bilateralen Beziehungen zu normalisieren.

2015

Nach einigen Telefonaten treffen sich Obama und RaÁl Castro im April erstmals zu einem direkten Gespräch beim Amerika-Gipfel in Panama. Im Mai wird Kuba von der US-Terrorliste gestrichen. Im Juli werden die diplomatischen Beziehungen wieder hergestellt. Im August reist Außenminister John Kerry als erster US-Chefdiplomat seit 1945 nach Havanna und eröffnet die Botschaft wieder.

2016

Im Februar wird eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach es vom Herbst an wieder direkte kommerzielle Flugverbindungen geben soll. Obama kündigt an, als erster US-Präsident seit 1928 Kuba zu besuchen.