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US-Wahl: Worauf sich Deutschland in der Wirtschaftspolitik einstellen muss

Mit den Parteitagen beginnt die heiße Wahlkampfphase. Im Mittelpunkt steht die US-Wirtschaft. Ein Regierungswechsel hätte Konsequenzen für Europa und Deutschland.

Am Montag beginnt die Demokraten-Convention, die die Anhänger mobilisieren soll. Foto: dpa
Am Montag beginnt die Demokraten-Convention, die die Anhänger mobilisieren soll. Foto: dpa

In dieser Woche wird Joe Biden in seinem Heimatstaat Delaware eine Bühne betreten, um sich von den US-Demokraten zum Präsidentschaftskandidaten nominieren zu lassen. 32 Jahre, nachdem er sich zum ersten Mal für die Kandidatur beworben hatte, ist allein das ein Triumph für ihn. Seine Abschlussrede am Donnerstag wird der Höhepunkt der Demokraten-Convention, dem Wahl-Parteitag, der am Montag beginnt und die Anhänger mobilisieren soll.

Parallel wird US-Präsident Donald Trump alles dafür tun, um den Demokraten die Show zu stehlen. Seine Kampagne hat eine aggressive Digital-Kampagne gestartet, unter anderem wirbt Trump direkt auf dem US-Banner der Video-Plattform Youtube. Auf mehr als zehn Millionen Dollar werden die Kosten für die Offensive geschätzt, ein Großteil fließt gezielt in Anzeigen für besonders hart umkämpfte Bundesstaaten.

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Die Folgen des Coronavirus führen dazu, dass sich die Kampagnen der Konkurrenten dezentral ausrichten und mehr denn je ausschwärmen müssen. Denn eine Trendumkehr der Pandemie ist auch fünf Monate, nachdem die ersten Bundesstaaten das öffentliche Leben eingefroren hatten, nicht absehbar: Mehr als 5,4 Millionen Infektionen verzeichnen die USA, 170.000 Menschen sind bislang an dem Virus gestorben. In der Gemengelage aus Existenzängsten und der Sorge vor einem anhaltenden Abschwung zieht sich ein Thema durch alle Termine: die Krise der Wirtschaft und die Rettung von Arbeitsplätzen.

So tourt Trump parallel zum Demokraten-Parteitag durch hart umkämpfte Bundesstaaten im Mittleren Westen, die Reise steht unter dem Motto: „Joe Bidens Misserfolge“. Trump will Biden in wichtigen Staaten wie Minnesota, Wisconsin und Arizona als Schreck von Links, als Steuererhöher und Jobvernichter darstellen. Mit dem Start der heißen Wahlkampfphase setze Trump voll auf die Botschaft, „dass Joe Biden die Wirtschaft, Jobs und Menschen im Stich lässt“, heißt es aus seiner Kampagne.

Trump wiederholt seine Strategie von 2016

Sogar ein Stopp in der Nähe von Bidens Geburtsort Scranton im Bundesstaat Pennsylvania ist eingeplant – nur Stunden, bevor Biden seine Nominierungsrede hält. Trump wiederholt damit fast eins zu eins die Strategie, mit der er 2016 die Wahlen gewann.

Er will Anhänger mit dem Versprechen anziehen, alte Industrieregionen wiederzubeleben, mit einer protektionistischen Handelspolitik und Investitionen in Stahl und Kohle. Trumps Berater haben sich deshalb eine Fertigungsfabrik als Kulisse ausgesucht und wollen nach Angaben der Kampagne „ein halbes Jahrhundert des Scheiterns von Joe Biden“ nachzeichnen.

Angespielt wird damit auf die lange politische Karriere Bidens, die im Wahlkampf von Trumps Team als korrupt und elitär gebrandmarkt wird. Der heute 77-jährige Biden zog bereits mit 30 in den US-Senat ein.

Auch die Demokraten werden auf ihrem Parteitag die Folgen der Coronakrise in den Mittelpunkt rücken – und allerhand Versprechen machen, wie sie die USA wiederbeleben wollen. Biden inszeniert sich seit Monaten als Gegenmodell zu Trump, als Kandidat gegen die Unberechenbarkeit, der „die Seele der Nation“ retten will.

Zu Beginn seiner Kampagne setzt Biden vor allem auf Botschaften, die Werte wie Integrität, Moral und Toleranz in den Mittelpunkt rückten. Doch seit Ausbruch der Coronakrise setzen seine Strategen verstärkt auf die Wirtschaft und amerikanische Kernindustrien.

In einem Wahlwerbespot kann man Biden etwas begleiten, wie er einen Cabrio-Oldtimer der Traditionsmarke Corvette fährt. Der Demokrat schwärmt dabei vom „guten alten Handwerk“ und den Zukunftschancen von Elektro-Mobilität.

Ein anderer Werbespot zeigt idyllische Drohnenbilder seiner Heimatstadt Scranton. „Joe Biden ist in einem Arbeiterviertel aufgewachsen“, heißt es aus dem Off. „Er ging in die Politik, um den Familien der Arbeiterklasse ein besseres Leben zu ermöglichen. Donald Trump wurde Präsident für sich selbst.“

Biden nennt seine Vision „Build Back Better“. Sie sieht billionenschwere Investitionen in das öffentliche Gesundheitssystem, grüne Energiewende und US-amerikanische Produkte vor. Finanziert werden soll das mit höheren Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener. Trump hat kein neues Programm vorgelegt, sondern möchte seinen bisherigen Kurs fortsetzen.

Was kann sich Deutschland einstellen?

Trump und Biden werden sich in den kommenden Wochen aggressiv voneinander abgrenzen. In der Wirtschaftspolitik „unterscheiden sich die beiden Kandidaten teils fundamental“, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln in einer Analyse. Ob es zu einem Regierungswechsel kommt, sei auch für Deutschland und Europa von zentraler Bedeutung, betonen die Autoren Galina Kolev und Hubertus Bardt.

Die Demokraten stünden für mehr staatlichen Einfluss, die Republikaner für das Gegenteil. Zentraler Streitpunkt ist das Steuerrecht, da die Demokraten die Steuersenkungen der Regierung Trump revidieren wollen. Gewinnt Biden, würde für Europa „die preisliche Wettbewerbsfähigkeit wieder verbessert werden“, stellt das Institut fest. Die von Biden angestrebte Schließung von Steuerschlupflöchern würde die Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen verbessern. Unterm Strich seien die Demokraten „näher an den europäischen Ansätzen“.

Biden legt einen Schwerpunkt auf den Klimaschutz und will die USA zurück ins Pariser Klimaabkommen führen. Allerdings bleiben „die konkreten Maßnahmen und Ziele unklar“, kritisieren die Experten. Eine Bepreisung von Emissionen analog zu europäischen Ansätzen sei nicht zu erwarten. „Auch eine demokratisch geführte US-Regierung hätte erhebliche Schwierigkeiten, eine Klimapolitik nach europäischem Vorbild durchzusetzen.“

Bleibt Trump im Amt, werde die aggressive Förderung von Kohle und Erdgas fortgesetzt. „Die Energiepolitik ist rein fossil basiert.“ Trumps Priorität sei der Export von Energierohstoffen, insbesondere Flüssiggas (LNG).

Im Streit um die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 spielt die Frage, ob Deutschland den USA mehr LNG abkauft, eine zentrale Rolle. Verschwinden wird der Konflikt nicht, warnen die Autoren. Dass ein Demokrat im Weiße Haus bei Nord Stream 2 „weniger deutlich auftritt, muss bezweifelt werden“.

Kein Wechsel zum Freihandel – auch nicht mit Biden

Ein gemischtes Bild ergibt sich in der Handelspolitik. Trump will multilaterale Institutionen und Verträge weiter schwächen, er hat eine Fortsetzung seines „America First”-Prinzips angekündigt. Autozölle gegen Deutschland könnten wieder aufs Tapet kommen, und „ausgeprägte Konflikte drohen insbesondere mit China“.

Aber auch unter Biden sei „nicht mit einem Wechsel zum Freihandel zu rechnen. Das Programm der Demokraten ist weniger aggressiv als die des Amtsinhabers, aber ebenfalls stark protektionistisch geprägt“, heißt es in der Analyse.

Eine andere Tendenz dürfte Europäern ebenfalls Sorge bereiten. Biden unterstützt massiv Buy-American-Regeln, also Vorgaben zum Kauf von in den USA hergestellten Gütern. „Das protektionistische Buy-American-Prinzip zieht sich konsequent durch das Programm“, schreiben die Experten. Damit würde genau der Ansatz verschärft, der schon während der TTIP-Verhandlungen unter Obama für Probleme sorgte. Auch der Konflikt über Flugzeug-Subventionen für Boeing und Airbus bleiben unter Biden erhalten.

Eine „völlige Kehrtwende“ sei also nicht zu erwarten – dafür aber deutlich mehr Verhandlungsbereitschaft. „Es ist zu erwarten, dass die USA im Umgang mit China den Alleingang aufgeben und auf Kooperation mit weiteren gleichgesinnten Partnern setzen“, sollte Biden gewinnen.

Die verbleibenden elf Wochen bis zur Präsidentschaftswahl werden deshalb nicht nur in den USA, sondern auch auf der anderen Seite des Atlantiks genau verfolgt werden.

Ob die US-Bürger selbst mit Trump oder Biden besser dastehen, müssen sie am 3. November entscheiden. Doch die Wirtschaftsbilanz von Trump, stellen die Autoren fest, falle verhalten aus.

Vor Ausbruch der Coronakrise sei das Bruttoinlandsprodukt der USA „leicht schneller gewachsen als in der zweiten Amtszeit von Barack Obama“, heißt es in der Analyse. „Mit 2,5 gegenüber 2,3 Prozent ist dieser Vorsprung aber gering.“ Ein besonders eindrucksvoller Aufschwung sei nicht festzustellen, „wohl aber eine Fortsetzung der guten Wirtschaftsentwicklung der Vorjahre“.

Ähnlich sei das Bild für die Entwicklung des Außenhandels. Die Kosten des Handelskonflikts mit China werden auf 2,6 Milliarden US-Dollar geschätzt, das Defizit in der Handelsbilanz stieg zwischen 2017 und 2019 um mehr als 50 Milliarden US-Dollar.

Sollte Biden die Präsidentschaftswahlen gewinnen, dürfte er mit massiven Probleme konfrontiert sein. Vor diesem Hintergrund ist es ungewiss, ob er seine teuren Versprechen überhaupt einhalten kann. Schon als er 2009 seine Arbeit als Vizepräsident von Barack Obama begann, steckten die USA in einer historischen Finanzkrise. Das Jahr 2021 könnte ein Déjà Vu bringen.

Sollte der US-Kongress republikanisch dominiert sein, zumindest der mächtige Senat, wären Bidens Optionen enorm eingeschränkt. Und angesichts der Schuldenbilanz ist der finanzielle Spielraum für Investitionen gering.

Unter Trumps Präsidentschaft haben die USA aggressiv Kredite aufgenommen, nicht nur in den wirtschaftlichen guten, sondern auch in den aktuell schlechten Zeiten. Die Senkung der Unternehmenssteuern im Jahr 2017 erhöhte die Schulden ebenfalls. Eine Schuldenumkehr ist nicht absehbar: Der US-Kongress ringt um ein fünftes, wahrscheinlich billionenschweres Corona-Rettungspaket.

Mehr: US-Präsident Donald Trump lehnt Hilfsgelder für die tief verschuldete Postbehörde ab – und bedroht damit die demokratischen Präsidentschaftswahlen