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Der US-Präsident hat Lehrgeld bezahlt

Nach 100 Tagen im Amt hat Donald Trump etliche seiner Versprechen verfehlt. Die erste Bilanz des Präsidenten ist mies – aber abschreiben sollte man ihn nicht. Denn sein entscheidendes Projekt kommt noch.

Donald Trump ließ sein Selbstlob per Pressemitteilung verbreiten. „Präsident Trumps 100 Tage historischer Errungenschaften“ prangt in Großbuchstaben über der Nachricht, die Anfang der Woche das Weiße Haus verließ. Es folgt eine beeindruckende Auflistung: Präsident Trump sei so vehement gegen die Einmischung des Staates in das Leben der Amerikaner vorgegangen wie kein anderer Staatschef zuvor. Seit Franklin D. Roosevelt habe kein Präsident mehr Dekrete durchgesetzt als Präsident Trump. In 100 Tagen habe Präsident Trump 28 Gesetze erlassen – Rekord seit Harry S. Truman.

Mit dieser Selbsteinschätzung steht Trump allerdings ziemlich alleine da. Seine ersten 100 Tage im Amt seien die schlechtesten gewesen, seitdem es die 100-Tages-Marke gibt, schrieb die "New York Times".

Die Präsidentschaft von Trump sei schon jetzt ein schlechter Scherz, urteilte "Vanity Fair". Die Macher der Fernsehserie Simpsons widmeten den ersten 100 Trump-Tagen einen düsteren Clip.

Im Internet vergleichen Wissenschaftler Trumps Ergebnisse seit Wochen mit seinen Wahlversprechen. Einen Leitfaden für die Analyse hatte Trump selbst geliefert. Noch vor der Wahl versprach er in einem „Vertrag mit den amerikanischen Wählern“ 28 Punkte, die er bis zur 100-Tages-Marke umsetzen wollte. Stück für Stück tragen die Wissenschaftler nun zusammen, welche Punkte der Präsident einhält – und welche nicht.

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Die bisherige Bilanz ist durchwachsen bis mies. Trump konnte nur wenige Versprechen einlösen – und vor allem jene, die sich per Dekret regeln lassen. Bei komplizierteren Gesetzen, für die Trump Mehrheiten organisieren muss, herrscht Chaos und Ratlosigkeit.

Den Politologen Thomas Jäger überrascht die miese Trump-Bilanz nicht. Seit Jahren forscht er an der Universität Köln über die USA. Trumps Wahl und seine ersten Amtstage hat er genau verfolgt. Trump habe die Mechanismen der amerikanischen Politik von Anfang an nicht verstanden, sagt Jäger. Der Politologe zählt zwei Ursachen für Trumps Misserfolg auf.

Erstens habe Trump die Gerichte unterschätzt. Eines von Trumps Lieblingswerkzeugen ist das Dekret. Damit kann er seine Politik auch ohne Zustimmung der Legislative durchdrücken. Bereits 28 Mal griff Trump auf das Instrument zurück. Aber es hat einen Nachteil: Verstößt ein Dekret gegen Gesetze, können Richter den Erlass kippen. Genau das haben sie zum Beispiel bei Trumps Zuwanderungsdekret getan. „Trump dachte, er kann mit Dekreten durchregieren“, sagt Jäger. „Aber das funktioniert mit unabhängigen Richtern nicht.“

Zweitens fehle Trump das Verständnis für seine Partei. Eigentlich hat Trump beste Voraussetzungen für große Reformen. In beiden Kammern des Kongresses, in dem in den USA über Gesetze abgestimmt wird, sind die Republikaner in der Mehrheit.

Trotzdem scheiterte Trump, als er Obamacare ins Nirwana schicken wollte. „Trump hat nicht erkannt, dass jeder Abgeordnete im Kongress auch eine Art Unternehmer ist, der sich um seine eigene Wiederwahl kümmern muss“, erklärt Jäger. Deswegen habe der Präsident den Widerstand aus der eigenen Partei unterschätzt.


Sehr viel Lehrgeld gezahlt

„Trump hat in den ersten 100 Tagen sehr viel Lehrgeld bezahlt“, bilanziert Jäger. „Jetzt kommt es darauf an, ob er sich an die Spielregeln des Systems anpasst oder nicht.“

Der Politikwissenschaftler Christian Hacke von der Universität Bonn hat bereits einige Anzeichen für Trumps Lernfähigkeit ausgemacht – wenn auch vorerst in der Außenpolitik. Vieles, was Trump im Wahlkampf über die EU gesagt habe, über China, Syrien oder die Nato, habe er mittlerweile zurückgenommen. Das liege zum Teil an Sachzwängen – gleichzeitig habe Trump dazugelernt.

Hacke findet: Trumps mäßige Bilanz wird überschätzt. „Die Analyse der ersten 100 Tage hat auf lange Sicht nur einen sehr begrenzten Wert.“ Wie gut oder schlecht ein Präsident ist, zeige sich erst in Krisen und bei prägenden Ereignissen. Außerdem habe Trump seine Anhänger bislang nicht enttäuscht. „Ich warne davor, Trump jetzt schon abzuschreiben“, sagt Hacke. „Der ist zäh.“

Eine noch ganz andere Deutung von Trumps 100 ersten Tagen liefert der USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Vor einigen Jahren hat Braml selbst als Berater in Washington gearbeitet. Wie die TV-Serie „House of Cards“ den Kongress darstelle, sei noch sehr nett im Vergleich zur Realität, sagt er.

Braml kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis, dass Trump zwar unterschätzt habe, wie schwierig es ist, im Kongress eine Mehrheit zu organisieren – selbst wenn die Republikaner in Überzahl sind. Allerdings glaubt Braml, dass der US-Präsident eine ganz andere Taktik verfolgen könnte. „Alle Bereiche, in denen Trump gescheitert ist, waren ihm nicht wirklich wichtig“, sagt Braml.

Viele Niederlagen hätten dem US-Präsidenten sogar genützt. Die Obamacare-Pleite habe er Paul Ryan anlasten können – und damit seinen schärfsten Rivalen kalt gestellt. Auch für den Stopp des Einreisedekrets habe er mit den Richtern hilfreiche Buhmänner gefunden.

Wirklich ernst werde es für Trump erst, wenn es bald um das eine Billionen-Dollar-Programm für die Infrastruktur geht. „Da geht es um Trumps Wiederwahl, denn da entstehen die Arbeitsplätze für Trumps Wähler“, sagt Braml. „Trump hat nur einen begrenzten Verhandlungsspielraum – und den muss er dafür einsetzen.“

KONTEXT

100 Tage Donald Trump in Zahlen

Twitterbotschaften

482

Wochenenden im Weißen Haus

7

Wochenenden in seinem Ressort Mar-a-Lago

7

Besuche auf dem Golfplatz

19

Unterzeichnete Dekrete

29

Unterzeichnete Gesetze

28

Gestoppte Einreiseverbote

2

Pressekonferenzen

8

Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs

14

Telefonate mit Kanzlerin Angela Merkel

6