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Urteil: VW-Besitzer können Auto zurückgeben

Das Landgericht Arnsberg gab jetzt zum ersten Mal einem Kläger Recht, der seinen Autokredit bei der Volkswagen Bank wegen Formfehlern im Vertrag widerrufen hat. Der Besitzer soll jedoch einen Wertersatz zahlen.

Der „Widerrufsjoker“ gilt auch bei Autokreditverträgen. Nachdem Hunderttausende Verbraucher in den vergangenen Jahren schon ihre Immobiliendarlehen und Lebensversicherungen rückabwickeln können, können sich nun auch Autobesitzer über einen Widerruf aus ihrem Autokreditvertrag klagen. Eine neue Prozesslawine könnte ins Rollen kommen. Doch ob sich der Widerruf lohnt, ist noch unklar.

Das Landgericht Arnsberg hat am Freitag einem VW-Besitzer Recht gegeben, dass dieser seinen Autokredit auch noch nach fast zwei Jahren widerrufen darf. Die Richter stellten fest, dass in den Unterlagen eines im Oktober 2014 abgeschlossenen Kreditvertrags der Volkswagen Bank wichtige formale Angaben fehlen (Az.: I-2 O 45/17).

Der Besitzer eines gebrauchten VW Passat Kombi hatte auf Rückabwicklung seines bis dato noch laufenden Kauf- und Darlehensvertrags geklagt und war bereit, sein Auto herauszugeben, wenn er im Gegenzug die bisher geleistete Anzahlung und die Raten zurückbekommt und der Bank keine weiteren Tilgungsleistungen mehr schuldet. Der klagende Kombi-Besitzer berief sich darauf, dass er in seinem Darlehensvertrag nicht vollständig über sein Kündigungsrecht aufgeklärt wurde. Dadurch habe die gesetzlich vorgeschriebene 14-tägige Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen. Das Gericht gab ihm Recht.

Es ist das erste Mal, dass ein Landgericht Formfehler bestätigt, auf die Anwälte seit Monaten hinweisen. Bisher konnten die Verbraucher jedoch noch keinen Sieg verbuchen. Nach Angaben der VW-Bank habe sie bereits 15 ähnliche gelagerte Verfahren für sich entscheiden können. Es gibt allerdings auch Streitigkeiten, in denen die Bank von sich aus ein Vergleichsangebot machte, um einer Niederlage vor Gericht zu entgehen. Ein Beispiel dafür ist ein Prozess in Berlin, in dem am 5. Dezember ein Urteil erwartet wird.

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Einen klaren Sieg für den VW-Besitzer gab es aber in Arnsberg nicht. Die VW Bank erwiderte mit einer Klage, dass der Kunde einen gewissen Betrag für die Inanspruchnahme des Fahrzeugs bezahlen müsse und bekam dafür Recht.

Doch das will der Kombi-Fahrer nicht akzeptieren: „Wir halten diese Verurteilung zum Wertersatz für fehlerhaft und werden dagegen Berufung einlegen. Das Gesetz sieht aus unserer Sicht eine derartige Wertersatzpflicht nicht vor“, sagt Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer. „Nach unserer Ansicht muss ein Kläger, der seinen Vertrag ordnungsgemäß widerrufen hat, weder Nutzungsersatz noch Wertersatz bezahlen. Wir sind zuversichtlich, dass das zuständige Oberlandesgericht Hamm insoweit das Urteil aufheben und die Volkswagen Bank vollumfänglich verurteilen wird.“ Außergerichtlich habe man der VW Bank jedoch angeboten, eine Entschädigung für 400.000 gefahrene Kilometer zu zahlen.

Bei der VW-Bank ist noch offen, ob sie ebenfalls In Berufung gehen will, um die vermeintlichen Formfehler erneut zu überprüfen. Man wolle erst die Urteilsbegründung abwarten, sagte ein Banksprecher.


Abschlagszahlung ist maßgeblich, ob sich Widerruf lohnt

Das Urteil hat dennoch Signalwirkung. Denn die Verträge der Autobanken sind standardisiert. Etwaige Fehler tauchen auch bei anderen Autofinanzierern auf. „Tausende Kreditverträge mit Autobanken dürften daher heute noch widerrufbar sein“, erklärt Anwalt Stoll. Gerade in Zeiten des Preisverfalls bei Dieselfahrzeugen wegen des Schummelskandals und der Debatte über Fahrverbote sei der Widerruf des Autokredits eine gute Möglichkeit, sich von dem Vertrag zu lösen. Doch der Widerruf ist weder auf Dieselautos noch VW beschränkt, sondern gilt für alle Fahrzeuge, deren Darlehensvertrag Fehler aufweist – ob Diesel oder Benziner, alt oder neu.

Stoll räumt jedoch ein, dass die Frage offen ist, ob sich der Widerruf auch tatsächlich lohnt. Die Abschlagszahlung, über die noch gestritten wird, ist dabei entscheidend: „Aus unserer Sicht schuldet der Verbraucher keine Nutzungsentschädigung oder Wertersatz, so dass sich ein Widerruf lohnt“, sagt der Anwalt. Unterm Strich wäre der Autobesitzer dann kostenlos Autogefahren.

Offen ist, ob das jemals höchstrichterlich positiv für die Verbraucher entschieden wird. So könnten die Gerichte das einfach anders sehen als Anwälte wie Stoll. Andernfalls bestünde jedoch ein erhebliches Kostenrisiko für VW. Ende 2016 hatte die VW Bank in Deutschland insgesamt 1,6 Millionen Kreditverträge im Wert von 20 Milliarden Euro in den Büchern. Darunter fallen auch gewerbliche Kunden, die nicht auf Widerruf klagen können. Andere Autofinanzierer wären ähnlich betroffen. Beobachter rechnen daher damit, dass die Konzerne außergerichtliche Vergleiche anbieten werden, wenn sich ein verbraucherfreundliches Urteil der höchsten Instanz abzeichnet.

Wird hingegen ein Abschlag fällig, muss jeder Autobesitzer nachrechnen, ob sich der Widerruf überhaupt lohnt. Im Zweifel könnte er beim Gebrauchtwagenhändler seines Vertrauens einen besseres Preis bekommen.