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Dieses unscheinbare Gitter könnte den Batteriemarkt revolutionieren

Graphen gilt als Rohstoff der Zukunft. Ein junger Este baut damit Ultrakondensatoren und will so ein Problem lösen, das alle heutigen E-Autos betrifft.

Taavi Madiberk sieht nicht aus wie der CEO eines Multi-Millionen-Euro-Start-ups. Wer den rothaarigen jungen Typ mit Brille und dicken Kopfhörern auf den Ohren vor seinem Laptop sitzen sieht, würde nie auf die Idee kommen, dass seine Erfindung den Speichermarkt revolutionieren könnte.

Der gebürtige Este ist CEO von Skeleton Technologies. Ein ursprünglich estnisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das Stromspeicher der besonderen Art entwickelt: Ultrakondensatoren. Diese Art von Speicher können im Vergleich zu herkömmlichen Akkus für eine kurze Zeit große Energiemengen innerhalb weniger Sekunden aufnehmen und genauso schnell wieder abgeben.

Madiberk könnte auf diese Weise eines der größten Probleme von heutigen Elektroautos lösen: die Ladezeit. „Unsere Ultrakondensatoren werden dafür sorgen, dass man Elektroautos in ein paar Jahren innerhalb weniger Minuten aufladen kann“, sagt der 30-jährige Gründer selbstbewusst. Skeletons hauseigene „Ultracaps“, die in Form einer größeren handelsüblichen Batterie daherkommen, können laut Madiberk jetzt sogar doppelt so viel Energiedichte speichern wie herkömmliche Kondensatoren und das auch noch viermal so schnell wie die Konkurrenz. Im Visier hat das junge Unternehmen deswegen vor allem die Autobranche, die derzeit Milliarden in die Batterieforschung investiert.

Der Schlüssel für all das sei der Grundstoff für die Superspeicher, den Skeleton selbst herstellt: Graphen. Seit seiner Entdeckung 2004 gilt das Kohlenstoffprodukt als regelrechtes Wundermaterial. Es könnte Raumschiffe mit Sonnenenergie antreiben, hieß es, Graphen-Spinnenweben könnten abstürzende Flugzeuge auffangen, und das Material könnte faltbare Smartphones möglich machen.

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Die Europäische Union hat die Graphen-Erforschung zu einem ihrer wichtigsten Projekte gemacht, die zehn Jahre lang mit jeweils einer Milliarde Euro gefördert wird. Aber irgendwie schien die Technologie nie über das „könnte“ hinauszukommen – bis jetzt.

So vielversprechend Nanomaterialien auch sind. Das Problem war bisher die Herstellung. Sie ist viel zu teuer, da sie aufwendig im Labor stattfindet. Einen industriellen Prozess gibt es dafür nicht. Skeleton behauptet das Gegenteil. Und genau das ist der Grund, warum ihre Ultracaps in der Branche mit Skepsis beäugt werden.

„Wenn Skeleton es wirklich schaffen sollte die versprochene Leistung zu bringen und das nicht nur in Prototypen, sondern in Serienproduktion, zu erschwinglichen Preisen, dann könnten die Ultracaps in der Tat vieles leichter machen“, sagt Speicherexperte Michael Sterner von der Technischen Hochschule Regensburg.

Das Unternehmen selbst will sich allerdings nicht dazu äußern, wie genau das Ganze funktionieren soll. Madiberk sagt nur so viel: „Wir sparen durch die Eigenproduktion sehr viel Geld.“ Das Ziel sei, die Kosten bis 2025 um 80 Prozent zu senken.

Ultrakondensatoren gelten schon länger als Energiespeicher der Zukunft, da sie in Sekunden aufgeladen werden können. Anders als Akkus überstehen die Superspeicher zudem mehrere Hunderttausend bis zu einer Million Ladezyklen. Die Batterien in E-Autos hingegen verlieren schon nach etwa 1500 Zyklen nachweisbar an Kapazität.

Dass Ultrakondensatoren trotzdem nicht in allen Elektrogeräten verbaut sind, liegt an einem Haken: Ihre Speichermenge ist stark begrenzt. Ein Smartphone mit Supercaps würde nach wenigen Stunden den Geist aufgeben. „Ultrakondensatoren könnten niemals die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien ersetzen“, weiß auch Madiberk.

Forscher glaubt, dass Graphen eine Nische bleibt

Mit seinen Ultracaps will er den erprobten E-Auto-Batterien keine Konkurrenz machen, sondern Lastspitzen abfedern und so die Lebensdauer herkömmlicher Stromspeicher erhöhen. Auch Gespräche mit vor allem deutschen – Autoherstellern laufen schon auf Hochtouren. Genaueres darf der Skeleton-CEO nicht sagen.

Da ist Sterner allerdings eher skeptisch. „An der Automobilbranche haben sich schon so einige die Finger verbrannt“, warnt er. „Hier stimmt einfach das Platz-Nutzen-Verhältnis nicht.“ Bei Elektroautos gehe es maßgeblich um Reichweite, der kurze „Booster-Effekt“ wäre zwar nett für Sportautos, aber den zusätzlichen Platz und das Gewicht, das durch die Ultracaps entsteht, sei er eben nicht wert, meint Sterner. „Auch wenn Autohersteller wie Volvo vereinzelt Ultrakondensatoren einsetzen, den großen Durchbruch wird die Technik im kleinen Pkw nicht haben.“

Eine Meinung, die Madiberk natürlich nicht teilt. Er ist fest davon überzeugt, dass seine Ultracaps in ein paar Jahren eine entscheidende Rolle beim Thema E-Mobilität spielen werden.

Heute werden sie immerhin schon in Bussen und Lastkraftwagen eingesetzt. Das sind in Sterners Augen auch sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten für Ultrakondensatoren. Die vielen Starts und Stopps seien für den Einsatz ideal. Jedes Mal, wenn der Fahrer bremst, wird die Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt, blitzschnell in dem Ultrakondensator gespeichert und bei Bedarf genauso schnell wieder abgerufen.

Genauso wie in Lkw. Hier werden die Batterien besonders beim Anfahren stark beansprucht, Ultrakondensatoren könnten sozusagen beim Anschieben helfen und die Lastspitzen der Batterien so entlasten. Die würden dann länger halten und könnten kleiner ausgelegt werden. „Das ist ein Riesenvorteil“, findet Sterner. Ein großes britisches Speditionsunternehmen testet die Ultracaps von Skeleton in diesem Bereich schon in Kooperation mit Iveco, der Lkw-Marke aus dem Fiat-Konzern.

Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen allein im vergangenen Jahr ein dreistelliges Wachstum in Multi-Millionen-Höhe hingelegt. „Mit unseren frühen Prototypen haben wir die Machbarkeit bereits bewiesen“, so Madiberk. Jetzt gehe es darum, die Technologie auf kommerziellem Level zu skalieren und gleichzeitig Prozess- und Materialkosten zu senken.

Wenn das erst geschafft sei, sind die Möglichkeiten in den Augen des jungen Geschäftsmannes schier unbegrenzt. „In ein paar Jahren wird das Geschäft mit Ultrakondensatoren ein Multimilliardenmarkt sein – und Skeleton die Nummer eins.“

Zum 1. Juli zieht das Unternehmen samt der kompletten Produktion nach Großröhrsdorf bei Dresden. Neben der industriellen Perspektive am Standort Deutschland sei man so einfach näher an potenziellen Kunden, begründet Madiberk den Schritt.

Ganz in die Nähe ist übrigens auch die E-Autoproduktion von Volkswagen.