Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 2 Stunden 36 Minuten
  • Nikkei 225

    37.161,75
    -917,95 (-2,41%)
     
  • Dow Jones 30

    37.775,38
    +22,07 (+0,06%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.546,48
    +436,89 (+0,75%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.287,02
    +401,48 (+44,12%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.601,50
    -81,87 (-0,52%)
     
  • S&P 500

    5.011,12
    -11,09 (-0,22%)
     

Was uns der Drohnenvorfall von Gatwick lehrt

Drohnen haben den Londoner Flughafen für anderthalb Tage lahmgelegt. Auch in Deutschland fehlen Technologien, um die unbemannten Fluggeräte vom Himmel zu holen.

Seit Freitagmorgen läuft der Betrieb am zweitgrößten britischen Flughafen London-Gatwick wieder. Drohnenflüge hatten ab Mittwochabend den Airport weitestgehend lahmgelegt. 120.000 Passagiere strandeten, und das unmittelbar vor Weihnachten.

Gatwick war gemessen an den Auswirkungen der bislang größte Vorfall in der Luftfahrt mit Drohnen. Und er zeigt, dass Politik, Polizei und Luftfahrtunternehmen der wachsenden Gefahr durch die unbemannten Flugobjekte nach wie vor nahezu hilflos gegenüberstehen.

Dabei ist es nicht so, dass die Politik und die Behörden das Thema völlig verschlafen haben. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) etwa hat auf ihrer Webseite einen ausführlichen Ratgeber für private Drohnenbesitzer darüber veröffentlicht, was verboten, was erlaubt und was erforderlich ist. Die Regeln sind klar formuliert durch die „Neue Drohnen-Verordnung“ des Bundesverkehrsministeriums im März vergangenen Jahres.

Danach gilt grundsätzlich ein absolutes Flugverbot im Umfeld von 1,5 Kilometern von Kontrollzonen von Flughäfen, Wohngebieten, Industrieanlagen, Naturschutzgebieten, Menschenansammlungen und Einsatzorten von Polizei und Rettungskräften. Auch muss der Pilot, der das Gerät steuert, immer Sichtkontakt halten. Alle weiteren Regelungen orientieren sich am Gewicht und damit an der Größe der Drohne.

WERBUNG

Ab 0,25 Kilogramm muss diese ein Kennzeichen tragen, also registriert sein. Ab zwei Kilogramm muss der Besitzer nachweisen, dass er die grundsätzlichen Regeln und Navigationstechniken kennt, er braucht eine Art „Drohnenführerschein“. Liegt das Gewicht über fünf Kilogramm, muss der Pilot sogar bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde eine Erlaubnis für den Betrieb einholen.

Doch Regeln werden gebrochen. Auch in Gatwick gibt es entsprechende Vorschriften, herrscht ein Flugverbot für unbemannte Fluggeräte. Doch der oder die Betreiber der Drohnen scherten sich nicht darum. Justin Burtenshaw, der für Gatwick zuständige Polizei-Kommandeur, spricht von einer „gezielten Aktion, um den Flughafen zu stören“. Die Drohnen seien industrieller Machart gewesen. Sprich: Es war keine von Hobbypiloten versehentlich fehlgeleitete Massenware.

Damit zeigt Gatwick: Schon der simple Betrieb von Drohnen reicht, um den Flugverkehr empfindlich zu stören. Konkreten Schaden anzurichten, etwa durch den Einsatz von Sprengstoff, ist gar nicht notwendig.

Gefahr von Nachahmern steigt

In der Luftfahrtbranche wird befürchtet, dass die „Erfahrung“ der Täter von Gatwick bald Nachahmer motivieren wird. Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des deutschen Flughafenverbandes ADV, fordert deshalb eine weitere Verschärfung der Regeln. „Flughafenbetreiber sind auf schnelle und effektive Abwehrmaßnahmen durch die Polizeibehörden angewiesen, um Einschränkungen für den Flugbetrieb und Unannehmlichkeiten für die Passagiere zu vermeiden.“

Das Problem: Bislang beschränken sich die verfügbaren „Abwehr-Maßnahmen“ fast ausschließlich darauf, Drohnen zeitig zu erkennen. Hier gibt es ein stark wachsendes Angebot. Hier nur beispielhaft zwei Ansätze: Das Kasseler Start-up Dedrone, an dem sich vor wenigen Wochen der Milliardär und Unternehmer Stefan Quandt (BMW) beteiligte, hat den „Drone-Tracker“ entwickelt. Über verschiedene Sensoren erkennt er zivile Drohnen.

Ein Datenabgleich ermöglicht zudem Angaben darüber, um welchen Typ von Drohne es sich handelt. Der Rüstungskonzern Rheinmetall wiederum hat ein Frühwarnsystem mit dem Namen „Radshield“ entwickelt. Es wirft mit Hilfe von Radar, Infrarot und Video ein „virtuelles Netz“ über das zu schützende Objekt. Wer dieses Netz durchbricht, wird erkannt, und es wird Alarm ausgelöst. Zum Einsatz soll „Radshield“ zum Beispiel bei Haftanstalten in der Schweiz kommen.

Flughäfen in Europa und auch in Deutschland haben solche Systeme bisher noch nicht installiert. Aber selbst wenn das jetzt bald geschehen würde, wird es kaum helfen, die Sperrung von Flughäfen zu verhindern. Das Problem in Gatwick war nicht, dass die Drohnen nicht frühzeitig erkannt wurden. Man wusste schlicht nicht, wie sie vom Himmel zu holen sind. Spontan würde wahrscheinlich jeder sagen: Abschießen.

Tatsächlich bat die britische Polizei das Militär und Scharfschützen um Hilfe. Doch geschossen wurde dann doch nicht. Es war zu gefährlich: Die abstürzende Drohne hätte Menschen, Fluggerät und Gebäude beschädigen können. Auch Geschosse, die das Objekt vielleicht verfehlt hätten, sind ein Risiko.
Forscher der Uni Würzburg entwickeln deshalb seit einiger Zeit ein anderes System. Ein zwischen zwei Drohnen gespanntes Netz soll die Drohne ab- und einfangen und sicher zu Boden bringen. Allerdings müssen dabei noch einige Probleme gelöst werden.

So müssen die Fangdrohnen sehr stark sein, um auch größere Objekte während eines Flugs bremsen zu können. Die entstehenden Kräfte sind sehr groß. Sollten am Ende alle drei Drohnen unkontrolliert über einem Flughafen abstürzen, wäre das ein echter GAU.

Eine andere Idee ist der Einsatz von Geräten, die den Funkverkehr zwischen Drohne und Drohnenpilot peilen und anzapfen. So könnte zum einen der Standort des Besitzers ausgemacht werden, um diesen aufzugreifen. Wie wichtig das ist, zeigt Gatwick. Bis jetzt haben die Ermittler den oder die Piloten der Drohnen nicht ausfindig machen können, trotz des Einsatzes von viel Personal und Hubschraubern.

Zum anderen könnte dieser Funkverkehr zwischen Drohne und Besitzer dann auch gestört werden. Nachteil: Auch hierbei muss sichergestellt werden, dass die Drohne nicht unkontrolliert vom Himmel stürzt.

Bis all diese Technologien ausgereift sein werden, sollten sich Fluggäste darauf einstellen, dass es immer wieder zu Sperrungen von Flughäfen kommen kann. Aber im Zweifel ist das der sicherste Weg für alle – besser jedenfalls als ein Zusammenstoß eines Verkehrsjets mit einem unbemannten Flugobjekt.

Wie schnell das passieren kann, mussten die Passagiere einer Boeing 737 der mexikanischen Airlineholding Grupo Aeromexico SAB Mitte Dezember erfahren. Unmittelbar vor dem Aufsetzen am Flughafen Tijuana nahe der US-Grenze hörten die Piloten einen lauten Knall. Das Flugzeug setzte sicher auf, aber Bilder zeigen eine schwer beschädigte Flugzeugnase – verursacht wahrscheinlich durch eine Drohne.