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Warum die Universität in Athen vorübergehend schließen muss

In Griechenland protestieren Studierende lautstark gegen die Politik des konservativen Neu-Premiers Mitsotakis. Nicht immer bleibt es dabei friedlich.

Das dunkelgrüne, leicht vergilbte Tor entlang der Patission-Straße ist fest verschlossen, gesichert mit einer schweren, silbernen Kette aus Stahl. Auch nahezu alle Fenster sind geschlossen. Die Sitzbänke im Innenhof des Hauptgebäudes sind unbesetzt, auch auf den Treppenstufen herrscht Leere. Kein Betrieb an der Athens University of Economics and Business (AUEB) – die Athener Wirtschaftsuniversität bleibt die gesamte Woche dicht.

Seit Wochen kommt es nahe dem Uni-Gelände und im Stadtzentrum zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Vandalismus, angezündete Mülltonnen und Verkehrsstörungen sind keine Seltenheit. Hintergrund ist die Abschaffung des sogenannten Universitäts-Asyl, das es – von schwersten Straftaten abgesehen – der Polizei verbot, Universitätsgelände zu betreten.

Die neue Regierung um den konservativen Premierminister Kyriakos Mitsotakis von der Nea Dimokratia hat dieses Gesetz im Sommer kassiert. Die Uni-Gelände würden „von Kriminellen und Drogenhändlern befreit“, sagte Mitsotakis vor einigen Monaten. Diese nahezu herrschaftsfreien Räume dienten Radikalen und Randalierern über Jahre als Rückzugs- und Vorbereitungsort krimineller Aktivitäten, so die Argumentation.

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Viele Lehrende kritisierten die Abschaffung dennoch. Auch Studenten protestieren seitdem in großer Zahl laut und außenwirksam. Doch es mischen sich auch anarchistische und autonome Radikale in die Masse, immer wieder eskaliert die Situation. Auch die allgemeine Unzufriedenheit trägt zur Situation bei. Die Arbeitslosigkeit ist in Griechenland zuletzt zwar stets gesunken, mit fast 17 Prozent aber noch immer auf einem sehr hohen Niveau. Bei den Griechen unter 25 ist sogar etwa ein Drittel ohne Job.

Bereits in den vergangenen Wochen musste die Universität mehrfach geräumt werden, weil bei Auseinandersetzungen mit der Polizei Tränengas in einzelne Räume und Flure gelangt war. Nachdem die Polizei am vergangenen Sonntagmorgen eine Reihe von Gegenständen wie Knüppel, Eisenstangen, Hammer, Sturmhauben und Motorradhelme in den AUEB-Räumen gefunden hatte, entschloss sich der Senat der Universität kurzfristig zu einer kompletten Schließung für die gesamte Woche. Nur vereinzelt finden Veranstaltungen in anderen Gebäuden statt. Zu groß scheint die Gefahr für Unbeteiligte.

Proteste zur Unzeit

Am Folgetag lief eine Demonstration von Studenten aus dem Ruder, nachdem einige Demonstranten die verschlossene Tür durchbrochen und sich Zutritt auf den Uni-Vorplatz verschafft hatten. Die Polizei setzte im Tumult erneut Tränengas und Blendgranaten ein, es gab Verletzte auf beiden Seiten.

Athener Studenten äußern sich eher verhalten zu den jüngsten Vorkommnissen. Lehrende und Mitarbeiter der Universität hingegen reagieren gereizt. Aus der Vergangenheit sei man Proteste gewohnt gewesen, berichtet eine langjährige Mitarbeiterin genervt. Doch die jüngsten Vorkommnisse hätten nochmal ein ganz anderes Level.

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen zur Unzeit. Am Sonntag jährt sich zum 46. Mal der Aufstand am Athener Polytechnio, der Technischen Universität. 1973 war dort ein Studentenprotest gegen die damals herrschende Militärjunta blutig niedergeschlagen worden, es gab mehrere Tote. Jedes Jahr laufen Demonstranten am 17. November durch die Stadt. Radikale Gruppen unter ihnen leben ihre Zerstörungswut vollständig aus. Beobachter vermuten, es könnte dieses Jahr zu besonders gewaltsamen Protesten kommen.

Rund um die Athener Wirtschaftsuniversität herrscht während der gesamten Woche Alarmbereitschaft. Eine Vielzahl an Polizisten sichert die Umgebung. Selbst der Drogenkonsum vor der Universität, der eigentlich zum Alltag gehört, hat sich von der Hauptstraße in Seitengassen verlagert. Auch im Viertel Exarchia, eine Hochburg der autonomen Szene, in der auch das Polytechnio liegt, ist die Polizei seit Wochen mit mehreren Mannschaftswagen vor Ort. Unter Mitsotakis‘ Vorgänger Alexis Tsipras und dem Linksbündnis Syriza war das noch undenkbar. Der konservative Neu-Premier allerdings fährt eine ganz andere Linie.

Im Parlament wird derweil über die Abschaffung des Universitäts-Asyls heftig diskutiert. Die regierende Nea Dimokratia erklärte, der neue Kurs sei alternativlos. Der Campus gehöre Studenten, Nachbarschaften den Bewohnern und Vermögen den Eigentümern, erklärte Regierungssprecher Stelios Petsas. Studenten sollten sich an ihren Universitäten sicher fühlen und nicht durch Krawallmacher beeinflusst werden. Bildungsministerin Niki Kerameus verurteilte Syriza-Parteimitglieder dafür, dass sie im Laufe der Woche an Demonstrationen teilgenommen hatten.

Die oppositionelle Syriza wiederum nennt das Vorgehen der neuen Regierung „verantwortungslos und gefährlich“. Nikos Filis, Bildungsminister von 2015 bis 2016, hatte sich nach den Auseinandersetzungen am Montag vor Ort ein Bild verschafft und mit Studenten gesprochen. Auch der ehemalige exzentrische Finanzminister Yanis Varoufakis, Gründer der mittlerweile im Parlament vertreten Bewegung Mera 25, rief zu Protesten auf.

Dabei herrschte eigentlich Vorfreude an der Athener AUEB. Zur Vorbereitung auf den 100. Geburtstag im kommenden Jahr hatte die Universität erst kürzlich das Hauptgebäude aufwendig streichen und mit einem „100-Jahre“-Schriftzug verzieren lassen. Die Freude war nur von kurzer Dauer: Unbekannte warfen dunkle Farbbeutel auf die Außenfassade. Für Feierlichkeiten scheint es aktuell wenig Bedarf zu geben.