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Union will Facebook & Co. nicht mehr über strafbare Inhalte entscheiden lassen

Facebook und Twitter können, aber müssen nicht Entscheidungen über strafbare Nutzerinhalte an Selbstkontrolleinrichtungen übertragen. Die Union will das ändern.

Die Unions-Bundestagsfraktion will im Rahmen der geplanten Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) erreichen, dass soziale Netzwerke wie Facebook künftig nicht mehr über die Rechtswidrigkeit von gemeldeten Inhalten entscheiden.

„Wichtig ist uns, dass nicht die Betreiber sozialer Netzwerke über die Strafbarkeit von Inhalten entscheiden, sondern eine Selbstkontrolle im Sinne des NetzDG“, sagte die Vize-Chefin der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU), dem Handelsblatt. „Das ermöglicht eine klare Zuweisung der Verantwortung und bringt den Schutz der Meinungsfreiheit und den Schutz der Persönlichkeitsrechte in besonderer Weise zum Ausgleich.“

Das geltende NetzDG erlaubt es Unternehmen zwar schon jetzt, zur juristischen Bewertung komplizierter Löschanträge auch externe Expertise einzuholen. Eine gesetzliche Pflicht, dies zu tun, gibt es aber bisher nicht. Auch künftig sollen laut den Plänen des Bundesjustizministeriums Plattformanbieter selbst entscheiden dürfen, ob sie eine vom Bundesamt für Justiz (BfJ) anerkannte sogenannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung in Anspruch nehmen, um zu klären, ob ein Inhalt tatsächlich rechtswidrig ist. „Leider ist das im Gesetz nicht verbindlich vorgesehen“, sagte Schön.

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Der Verband der Internetwirtschaft lehnt den Vorstoß der Union ab. Leider gehe der Ansatz in die falsche Richtung. „So würde aus einem Instrument der Selbstregulierung eine weitere gesetzliche Verpflichtung für die Unternehmen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands, Oliver Süme, dem Handelsblatt. Eine Diskussion über eine verpflichtende Einbindung der freiwilligen Selbstkontrolle und deren Regulierung halte er zudem für verfrüht, da seit Einführung des NetzDG noch keine Einrichtung mit der erforderlichen Zulassung praktiziere.

Zwar können sich Plattformanbieter neuerdings an den Verein Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) wenden, wenn sie eine Löschentscheidung über komplexe und also womöglich rechtswidrige Inhalte nicht alleine treffen wollen. Das BfJ hat die Institution am Donnerstag als Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung gemäß NetzDG anerkannt. Weitere anerkannte Einrichtungen gibt es aber bisher nicht.

Süme fürchtet außerdem, dass die im neuen NetzDG angedachten Meldepflichten für soziale Netzwerke zu einem „sprunghaften Anstieg der Fallzahlen“ führen könne. „Aktuell ist völlig unklar, ob die Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle das überhaupt bewältigen können“, sagte er. Statt neuer Regulierungsansätze ohne Erfahrungswerte zu formulieren, sollte aus seiner Sicht in solchen „grundrechtssensiblen“ Bereichen „mit deutlich mehr Gründlichkeit gearbeitet“ werden. „Alles andere verschlimmert das Chaos, das ohnehin schon bei der Einführung des NetzDG 2017 angerichtet wurde.“

„Ein neuer wichtiger Schritt“

Mit der regulierten Selbstregulierung soll vor allem auch eines: Staatsferne gewahrt werden. Also nicht der Bund soll über das Löschen oder Nichtlöschen von Inhalten entscheiden, sondern die anerkannte Einrichtung. Freilich stellt sich die Frage, wie unabhängig die FSM agiert. Denn es besteht eine direkte Verbindung zur Google-Tochter YouTube. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Vereins ist Sabine Frank. Die Volljuristin leitet seit Januar 2012 den Bereich Jugendschutz und Medienkompetenz von Google Deutschland. Zuvor war sie mehr als 10 Jahre hauptamtliche Geschäftsführerin der FSM.

Der Präsident des Bundesamts für Justiz, Heinz-Josef Friehe, betont indes, der Anerkennung der FSM sei eine „eingehende Prüfung vorausgegangen, wie die Prüfstelle und das Prüfverfahren organisiert sind“. Der Verein erfülle die Anforderungen, die das Gesetz vorgebe, und werde voraussichtlich schon im nächsten Monat seine Arbeit aufnehmen. „Das ist ein neuer wichtiger Schritt bei der Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“, so Friehe.

Damit das Gesetz eine noch effektivere Wirkung entfalten kann, plant das Justizministerium weitere Änderungen. Als „richtigen Ansatz“ wertet die CDU-Politikerin Schön etwa die Absicht, die komplizierten Klickwege, um rechtswidrige Inhalte zu melden, benutzerfreundlicher zu gestalten. „So gibt es Plattformen, bei denen man bisher detektivischen Spürsinn und gute Nerven braucht, um den richtigen Meldeweg zu finden“, sagte Schön.

Ein kürzlich vorgelegter Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des NetzDG stellt nun klar, dass die Meldewege künftig leicht auffindbar und für jeden einfach zu bedienen sein müssten – und zwar direkt von dem Beitrag aus, der dem sozialen Netzwerk als rechtswidrig gemeldet werden soll.

Das Ministerium will außerdem ein sogenanntes Gegenvorstellungsverfahren einführen. Nutzer sollen demnach in Zukunft leichter gegen Entscheidungen der Netzwerkanbieter vorgehen können – etwa gegen die Löschung eines eigenen Beitrags oder wenn sie mit der Nichtlöschung eines fremden Beitrags unzufrieden sind. Geplant sind zudem unparteiische Schlichtungsstellen, mit deren Hilfe Konflikte zwischen Nutzern und sozialen Netzwerken auch außergerichtlich beigelegt werden könnten.

Schön: „Viele Fragezeichen“

Die Union werde „intensiv prüfen“, ob die beiden vorgeschlagenen Neuerungen sinnvoll seien. „Hier habe ich noch viele Fragezeichen“, sagte Schön. „Das sind zwei komplett neue Ansätze, die wir in der Koalition noch nicht diskutiert haben.“ Der Gesetzentwurf aus dem Hause von Ressortchefin Christine Lambrecht (SPD) durchläuft derzeit die regierungsinterne Abstimmung mit den anderen Ressorts und soll, wenn möglich, am 1. April vom Kabinett beschlossen werden.

Das vor zwei Jahren beschlossene NetzDG verpflichtet Internet-Plattformen zu einem härteren Vorgehen gegen Hass, Hetze und Terror-Propaganda. Klar strafbare Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht werden, auf Nutzerbeschwerden soll nach spätestens 48 Stunden reagiert werden. Zudem müssen die Unternehmen alle sechs Monate einen Bericht über ihren Umgang mit Beschwerden veröffentlichen.