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Union fordert digitalen Bildungsgipfel

Die Coronakrise legt die digitalen Defizite an den Schulen in Deutschland schonungslos offen. Auswege aus der Misere soll ein Bund-Länder-Gipfel ausloten.

Bedürftige Schüler soll nach dem Willen der Großen Koalition für den Kauf eines Laptops für den Unterricht zu Hause einen Zuschuss von 150 Euro bekommen. Foto: dpa
Bedürftige Schüler soll nach dem Willen der Großen Koalition für den Kauf eines Laptops für den Unterricht zu Hause einen Zuschuss von 150 Euro bekommen. Foto: dpa

Die Coronakrise ist auch für die Schulen in Deutschland eine Herausforderung. Angesichts der Krise fordert die Union nun einen nationalen Gipfel zur digitalen Bildung. „Wir brauchen ein neues bildungspolitisches Leitbild in Deutschland, und zwar über alle Glieder der Bildungskette hinweg“, sagte die Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU), dem Handelsblatt.

Das betreffe Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, aber auch berufliche Weiterbildung und Volkshochschulen. „Das ist ein politischer Kraftakt, der nur ebenenübergreifend gelingen kann“, so Schön. „Genau dafür brauchen wir einen digitalen Bildungsgipfel von Bund und Ländern.“

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Die künftigen Herausforderungen für Lehrer und Schüler hat Schön zusammen mit Digitalpolitikern von CDU und CSU in einem Positionspapier zur Datenstrategie der Bundesregierung skizziert. In dem achtseitigen Papier, das dem Handelsblatt vorliegt, ist von einem „umfassenden, digitalen Mindset“ die Rede, das bereits in den Schulen vermittelt werden müsse. „Nur so können sich auch nachfolgende Generationen souverän in einer digitalen Welt bewegen und die Digitalisierung unserer Gesellschaft auch in Zukunft erfolgreich gestalten.“ Der Weg dorthin könne über einen digitalen Bildungsgipfel laufen.

Eine weit engere Kooperation von Bund und Ländern in der Schulpolitik fordert auch der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Sattelberger. „Das paradoxe Kooperationsverbot sollte abgeschafft werden“, sagte er. „In der Coronakrise hätten Bund und Länder so gemeinsam Schulschließungen harmonisieren, bundesweite Abiturprüfungen gestalten und unkomplizierte Hilfe bei der digitalen Bildung leisten können.“

Die Unions-Fachpolitiker verlangen, die Erfahrungen der Schulen in der Coronakrise für Verbesserungen beim digitalen Lernen zu nutzen. Die Krise habe gezeigt, heißt es in dem Papier, das gemeinsame technische Standards für die Lernsysteme nötig seien, um lernen zu können. „Nur so wird es möglich sein, die jeweils besten Lerninhalte in einer Cloud mit Angeboten von anderen Plattformen zu kombinieren.“ Nötig sei daher die so genannte Interoperabilität der Bildungsclouds und -plattformen. Dahinter steht der Gedanke, die digitalen Lehr- und Lerninhalte verschiedener Anbieter quasi über ein Schul-Cloud verfügbar zu machen.

Bisher existiert neben diversen privaten Anbietern auch die vom Bundesbildungsministerium seit 2016 geförderte Schul-Cloud des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam. Sie stieß bisher allerdings auf wenig Interesse in den Ländern. Im März hatte der Bund weitere Mittel bereitgestellt und die Cloud für alle interessierten Schulen geöffnet. Bisher wird sie aber nur in vier Ländern genutzt.

Auch Grüne sehen Handlungsbedarf

Die CDU-Politikerin Schön sieht die Schulen mit Blick auf virtuellen Unterricht denn auch „noch bei weitem nicht gut genug aufgestellt“. „Wenn ich höre, dass Lehrer nun ihre Arbeitsblätter als PDF versenden, diese ausgedruckt, handschriftlich bearbeitet und dann wieder eingescannt und zurückgeschickt werden, dann ist das kein virtueller Unterricht“, sagte die Bundestagsabgeordnete. Daher sei es „absolut notwendig“, die Mittel des Digitalpakts zu nutzen, um die technischen Voraussetzungen vor Ort zu schaffen, etwa den Anschluss an eine Cloud-Infrastruktur.

Der bereits Mitte 2019 nach langem Streit verabschiedete Digitalpakt Schule sieht Hilfen des Bundes von insgesamt fünf Milliarden Euro für die Ausstattung der Schulen vor. Bis Ende Januar waren aber erst 20 Millionen davon abgerufen worden.

Weil aus den Digitalpakt-Mitteln zudem keine Endgeräte für Schüler gekauft werden dürfen, hat der Bund Ende April kurzfristig ein Sonderprogramm über 500 Millionen Euro beschlossen. Damit sollen bedürftige Kinder mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden. Pro Kind ist ein Betrag von 150 Euro vorgesehen.

Auch die Grünen sehen dringenden Handlungsbedarf. „Schulen sind, mit wenigen Ausnahmen, noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen“, sagte die Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, im Interview mit dem beruflichen Netzwerk LinkedIn. Oft sei unklar, welche Technik und Tools überhaupt funktionierten oder erlaubt seien. Zudem könne sich nicht jede Familie die notwendigen technischen Geräte leisten. „Wenn es heißt, alle Kinder sollen jetzt virtuell lernen, dann muss der Staat auch jedem Kind ein entsprechendes technisches Gerät dafür zur Verfügung stellen“, forderte Baerbock.

Europäische Vision für Datenzeitalter nötig

Schön kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. Zur Bildungsgerechtigkeit gehöre auch, dass alle Kinder Zugang zu den notwendigen Endgeräten hätten. „Langfristig ist dies zwar eine Aufgabe der Länder, dennoch haben wir bundesseitig, gerade aufgrund der Coronakrise, jetzt schnell gehandelt“, sagte die CDU-Politikerin mit Blick auf das kürzlich beschlossene 500-Millionen-Programm zur Sofortausstattung von Schulen. „Ziel ist es“, so Schön, „dass die von den Schulträgern dann angeschafften Geräte an bedürftige Schüler verliehen werden können.“

Wichtig ist der Union in diesem Zusammenhang auch, wie es in dem Positionspapier heißt, dass „das Erlernen von Kompetenzen bei Generierung, Umgang und rechtlich konformer Weitergabe von Daten bereits im Schulalter erfolgen und in jeder Lebensphase weitergeführt werden“ müsse. Die Fachpolitiker von CDU und CSU erhoffen sich in dieser Hinsicht von der Datenstrategie der Bundesregierung wichtige Impulse. Künftig würden Daten „der erneuerbare Rohstoff für die Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft aber auch den Staat“. Die Unionspolitiker sprechen von einem „Markt der Zukunft“, geben zugleich aber auch zu bedenken, dass Deutschland hier im Wettbewerb mit anderen Ländern stehe.

Der Umgang mit Daten sei eingebettet in einen „Kampf der Systeme“. China wie auch die USA pflegten ein komplett anderes Verständnis von Datenzugang und -nutzung. „Wir in Europa befinden uns hier in einer Aufholjagd im internationalen Wettbewerb gegenüber diesen derzeit weltweit führenden Akteuren“, konstatieren die Fachpolitiker in ihrem Papier. Bei dieser Aufholjagd sollte sich Deutschland auf seine eigenen Stärken besinnen. „Deswegen ist es wichtig, eine deutsche, vor allem aber europäische Vision für ein Datenzeitalter zu entwickeln.“

Ende vergangenen Jahres hatte die Regierung Eckpunkte einer Datenstrategie beschlossen. Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft sollen künftig gleichermaßen am Zugang zu Daten teilhaben, lautet das Ziel. Dahinter steht die Überzeugung, dass Daten im digitalen Zeitalter eine „Schlüsselressource“ seien. Kanzlerin Angela Merkel bezeichnet sie als „neues Öl“. In einem „breiten Beteiligungsprozess“ soll nun „eine ambitionierte Datenstrategie“ erarbeitet werden. Bis zum Sommer sollen erste Ergebnisse vorliegen, damit noch in dieser Legislaturperiode mit der Umsetzung begonnen werden kann.

Die Unions-Digitalpolitiker äußern in ihrem Papier die Erwartung, dass die Datenstrategie des Bundes mit der im Februar vorgelegten Datenstrategie der EU-Kommission „eng verknüpft“ werde. „Die Bundesregierung sollte dafür die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 nutzen.“