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Ungewollte Werbepost: Umweltschützer wollen Gesetzesänderung

Eine Gratis-Werbezeitung steckt in einem Briefkasten. Derartige Werbung verursacht nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe jährlich einen Ausstoß von mehr als einer halben Million Tonnen CO2.
Eine Gratis-Werbezeitung steckt in einem Briefkasten. Derartige Werbung verursacht nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe jährlich einen Ausstoß von mehr als einer halben Million Tonnen CO2.

Wer keine Werbung in seinem Briefkasten haben möchte, kann das heute schon kenntlich machen. Doch das reiche nicht - sagt die Deutsche Umwelthilfe. Auch im Sinne des Klimaschutzes sollte der Gesetzgeber ungewollte Werbepost verbieten.

Berlin (dpa) - Einfach weiter einwerfen wie bisher? Das kommt für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nicht in Frage. Die Organisation empört sich seit längerem darüber, dass Menschen in Deutschland täglich millionenfach Werbepost aller Art erhalten - und das ungewollt.

Jetzt hat sie eine Berechnung vorgelegt, die zeigen soll, wie der unerwünschte Briefkasteninhalt auch dem Klima schadet: Demnach würden jährlich mehr als eine halbe Million Tonnen klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) gespart, wenn nur noch jene Haushalte Werbepost bekämen, die das auch ausdrücklich so wünschen.

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Eine gesetzliche Änderung sei längst überfällig, findet der Verband. «Bis zu 535.000 Tonnen CO2», die laut DUH beim Papierherstellungsprozess anfielen, würden der Erdatmosphäre dann jährlich erspart bleiben.

«Werbung - Ja, bitte»: DUH will Spieß umdrehen

Derzeit gilt die Regel, dass Bürgerinnen und Bürger Werbepost ausdrücklich ablehnen müssen, etwa mit einem Aufkleber «Bitte keine Werbung», um sie nicht zu erhalten. Etwa 28 Prozent der Haushalte täten das bislang, schreibt die DUH unter Berufung auf Daten der Zeitungsmarktforschungsgesellschaft ZMG.

Die Umwelthilfe fordert, den Spieß umzudrehen: Werbung solle nur noch jene erreichen, die ihren Briefkasten entsprechend markieren (etwa mit «Werbung - Ja, bitte»). Diese Regelung, die seit 2018 beispielsweise in Amsterdam gilt, ist als «Opt-in-Verfahren» bekannt.

Regel laut Umweltministerium juristisch schwierig

Einer Schätzung des Umweltbundesamts zufolge, auf die das Bundesumweltministerium verweist, fallen pro Woche und pro Haushalt etwa 500 bis 700 g unverlangte Werbung und kostenlose Zeitungen an. Davon seien aber wiederum jene Haushalte abzuziehen, die einen Aufkleber mit «Bitte keine Werbung» angebracht hätten, schreibt das Ministerium. Die reale Empfängerzahl ist also schwer einzuschätzen.

Ferner heißt es, dass «keine gesicherten Erkenntnisse zum jährlichen Abfallaufkommen durch ungewollte Werbepost» oder zur Klimabilanz in diesem Zusammenhang vorlägen. Zusammengefasst ist der Antwort des Umweltministeriums zu entnehmen: Eine Opt-in-Regel wäre zwar im Sinne der Abfallvermeidung, wirft juristisch aber schwierige Fragen auf.

Die Deutsche Umwelthilfe geht davon aus, dass etwa drei Viertel aller Haushalte Werbepost grundsätzlich ablehnen, also folglich bei Einführung eines Opt-In-Systems auf einen «Werbung - Ja, bitte»-Aufkleber verzichten würden. Auf dieser Annahme basiert auch die Kalkulation des CO2-Einsparpotenzials.

Bereits zweiter Anlauf der Deutschen Umwelthilfe

Bereits im vergangenen Dezember hatte sich der Verband mit diesem Anliegen und 100.000 Unterschriften an das Bundesjustizministerium gewandt. Zur gewünschten Gesetzesänderung kam es bislang nicht.

Aber die Auseinandersetzung geht weiter. Das Justizministerium teilt auf Anfrage mit, dass man es begrüße, dass Verbände nun auch auf die Umweltschutz-Aspekte im Zusammenhang mit unerwünschter Werbung aufmerksam machten.

Justizministerium fürchtet um Handel und Pressefreiheit

Über eine neue Gesetzesregelung werde aber in der kommenden Legislaturperiode entschieden. Wichtige Fragen seien noch ungeklärt - etwa zur Vereinbarkeit mit europäischem Recht oder mit Blick auf mögliche Nachteile für örtliche Unternehmen.

Werbepost sei beispielsweise für den stationären Handel «ein wichtiges Instrument der Absatzförderung». Darüber hinaus könne eine Opt-In-Regelung auch die Pressefreiheit betreffen, wenn etwa Anzeigenblätter mit redaktionellem Teil von einem Verbot erfasst würden.

Anfang 2020 hatte ein Gericht im niederländischen Utrecht die Einführung des Amsterdamer Modells in der Gemeinde verhindert und dies unter anderem mit der gefährdeten Pressefreiheit begründet. Der juristische Weg könnte also noch steinig werden.

Auch die Post steht in der Kritik der DUH

Die Umweltschützer sehen aber jetzt schon die Unternehmen in der Pflicht, allen voran die Deutsche Post, die die DUH zu den Hauptverantwortlichen für unadressierte Werbung zählt.

Das Unternehmen verteidigt sich. «Selbstverständlich sind wir uns unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt sehr bewusst», meint eine Sprecherin. So habe der Konzern etwa seit Anfang 2020 damit begonnen, die Folienhülle der Werbesendung «Einkauf aktuell» auf eine Papierbanderole umzustellen.

Nach eigenen Angaben beförderte das Unternehmen im vergangenen Jahr rund 6,8 Milliarden sogenannte Dialog-Marketing-Sendungen. Dabei betont der Konzern, dass er im Auftrag von Kunden agiere. Eigene Werbung sei «eher die Ausnahme», so die Sprecherin. Der Anteil unadressierter Werbepost liege bei 40 Prozent.

Von einem Opt-In-Verfahren hält die Deutsche Post nichts. Kunden könnten jetzt schon ihre Ablehnung von Werbepost mit einem entsprechenden Aufkleber markieren.