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Umfrage: Viele Menschen vertrauen nur noch der Wirtschaft

Das Edelman Trust Barometer meldet einen „Informationsbankrott“. Ihren Regierungen trauen die Menschen kaum noch etwas zu. Die Wirtschaft soll das Vakuum füllen.

Unterstützer von US-Präsident Trump stürmen das Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Sieg des gewählten Präsidenten Biden für die Präsidentschaftswahlen im November bestätigen sollten. Foto: dpa
Unterstützer von US-Präsident Trump stürmen das Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Sieg des gewählten Präsidenten Biden für die Präsidentschaftswahlen im November bestätigen sollten. Foto: dpa

Das Vertrauen in die politischen und wirtschaftlichen Führer war noch nie so gering wie heute. Nach einer Umfrage der Kommunikationsagentur Edelman aus New York glauben mehr als die Hälfte der rund 34.000 Befragten in 28 Ländern, dass sie von ihrer Führungselite aus Politik, Wirtschaft und Medien bewusst belogen werden. „Wir erleben gerade einen Informationsbankrott“, sagte Richard Edelman dem Handelsblatt. Deutschland sei davon jedoch weniger stark betroffen als andere Länder.

Die Umfrage wird seit 20 Jahren durchgeführt und gilt als wichtiger Frühindikator für die Vertrauensentwicklung. „Es gibt einen dramatischen Umschwung des Vertrauens: weg von den Regierungen und hin zur Wirtschaft“, sagte Edelman.

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Trotz des wachsenden Misstrauens in die wirtschaftliche Elite sei die „Wirtschaft“ als Institution mit einem Vertrauensbeweis von 61 Prozent der Befragten erneut der Teil der Gesellschaft, dem die Menschen noch am ehesten etwas zutrauten. „Anders als in der politischen Arena, wo die Führer mit der Regierung gleichgesetzt werden, unterscheiden die Menschen in der Geschäftswelt zwischen dem Verhalten der Top-Manager und der Wirtschaft im Allgemeinen“, so Edelman.

Drei Viertel der Befragten verlassen sich demnach auf ihr Unternehmen und fast zwei Drittel vertrauen dem eigenen CEO. „Das ist fast wie im Mittelalter, wo die Menschen auch nur dem trauten, was sie aus ihrer unmittelbaren Nähe kannten“, konstatierte Edelman.

Mit dem Vertrauensbonus für die Unternehmen bekommt die Wirtschaft allerdings auch mehr Verantwortung. „Die Ereignisse des vergangenen Jahres haben die Verantwortung der Unternehmen gestärkt, bei gesellschaftlichen Themen wie der Weiterbildung von Arbeitnehmern und im Kampf gegen Rassismus eine Führungsrolle zu übernehmen“, sagte der Kommunikationsexperte, „die Menschen erwarten, dass sich die die Wirtschaftsführer zu Wort melden.“

CEOs sollen häufiger Stellung beziehen

Er glaube, dass die nächste Generation der Top-Manager sich deutlich mehr in die gesellschaftspolitische Debatte einmischen werde. Das gelte gerade für Deutschland, wo Angela Merkel nach ihrem Abtritt als Kanzlerin eine Lücke in der Öffentlichkeit hinterlasse.

Es gebe ein Führungsvakuum, dass die CEOs füllen müssten, bestätigte auch Dave Samson, der bei Edelman für Firmenkunden verantwortlich ist. Mehr als acht von zehn Befragten fordern, dass sich CEOs zu wichtigen gesellschaftlichen Themen wie den Auswirkungen der Pandemie, der Automatisierung von Arbeitsplätzen und gesellschaftlichen Problemen äußern, heißt es in der Edelman-Studie.

Mehr als zwei Drittel erwarteten von den Unternehmensführern, dass sie einschritten, falls die Regierung gesellschaftliche Probleme nicht löse.

Deutschland ist die große Ausnahme vom globalen Vertrauensschwund. Hier konnte der Staat dank des umsichtigen Verhaltens der Regierung während der Pandemie im Frühjahr 19 Prozentpunkte gutmachen. Seitdem ist das Vertrauen nur um fünf Punkte gesunken. „Das ist international die absolute Ausnahme“, berichtete Edelman.

In anderen Ländern hat der Staat dagegen nach einem kurzzeitigen Vertrauensschub Mitte 2020 erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüßt. „Damals glaubten viele, wir befinden uns im Krieg gegen das Virus und vertrauten ihrer Regierung“, sagte Edelman. Dass habe sich dramatisch verschlechtert: Ein halbes Jahr später gaben nur noch 53 Prozent an, dass sie ihrer Regierung vertrauten.

Gefragt nach der Kompetenz liegt die Wirtschaft sogar fast 50 Prozentpunkte vor der Regierung. Die Marktforscher von Edelman führen das unter anderem darauf zurück, dass die Wirtschaft in Rekordzeit nicht nur Impfstoffe gegen das Coronavirus entwickelt, sondern auch die Arbeit den schwierigen Bedingungen der Pandemie angepasst habe.

In den USA ist der Vertrauensschwund besonders groß

Besonders dramatisch ist der Vertrauensschwund in den USA, wo nur inzwischen noch 18 Prozent der Trump-Anhänger den Medien vertrauen. 57 Prozent der Amerikaner empfänden die politische Polarisierung in ihrem Land derart extrem, dass sie sich bereits in einem „kalten Bürgerkrieg“ wähnten.

„Der gewaltsame Sturm auf das Kapitol letzte Woche und die Tatsache, dass nur ein Drittel der Menschen bereit ist, sich so schnell wie möglich gegen Covid 19 impfen zu lassen, verdeutlichen die Gefahren der Fehlinformation“, sagte Edelman.

Einen Ausweg aus der globalen Vertrauenskrise sieht Edelman nur, wenn soziale Medien, Regierungen, NGOs und Unternehmen mehr glaubwürdige Qualitätsinformationen lieferten. „Die klassischen Medien allein können das nicht schaffen“, sagte der 66jährige Unternehmer.

Die Krise erschüttert auch die geopolitische Landschaft. Weder die USA noch China genießen international noch genug Glaubwürdigkeit für eine globale Führungsmacht. Nur 40 Prozent der Befragten aus den übrigen 26 Ländern vertrauen den Führungskünsten in Washington, an die Fähigkeiten der kommunistischen Führung in Peking glauben gar nur 30 Prozent im Ausland.

Auch hier ist Deutschland die Ausnahme: Mit einem Vertrauenswert von 64 Prozent liegt die „Marke Deutschland“ bei den dort angesiedelten Unternehmen weit über den Vergleichswerten der USA (48 Prozent) und Chinas (34 Prozent).