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Trumps Hamsterkäufe: USA sichern sich fast komplette Produktion von Remdesivir

Gilead liefert in den kommenden Wochen fast ausschließlich an das US-Gesundheitsministerium. Dennoch dürfte die Versorgung mit dem potenziellen Covid-Wirkstoff nicht gefährdet sein.

Nach dem Rennen um potenzielle Impfstoffe hat inzwischen auch ein Gerangel um die Versorgung mit Medikamenten gegen Covid-19 begonnen. So hat das amerikanische Gesundheitsministerium jetzt in einem Vertrag mit der US-Firma Gilead die Lieferung von 500.000 Behandlungsdosen des Wirkstoffs Remdesivir bis September vereinbart.

Das entspreche rund 100 Prozent der erwarteten Produktionsmengen von Gilead im Juli und 90 Prozent der für August und September vorgesehenen Herstellmengen. „Präsident Trump hat damit einen großartigen Deal vereinbart, um Amerikanern den Zugang zum ersten zugelassenen Medikament gegen Covid-19 zu sichern“, erklärte dazu US-Gesundheitsminister Alex Azar. Nach Möglichkeit wolle man jedem Amerikaner, der Remdesivir benötige, das Mittel zur Verfügung stellen.

Die US-Regierung plant, das Medikament über den Pharmagroßhändler Amerisource-Bergen zum Großhandelspreis von 3.200 Dollar je Behandlung an Krankenhäuser zu liefern. Eine Behandlungsdosis mit Remdesivir umfasst in der Regel sechs bis sieben Ampullen des antiviralen Wirkstoffs, die über sechs Tage an die Patienten verabreicht werden.

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Der Vertrag dürfte darauf hinauslaufen, dass außerhalb der USA vorerst nur relativ geringe Mengen des Wirkstoffs zur Verfügung stehen werden. Zumindest aber ab Oktober dürfte sich die Versorgung global deutlich verbessern. Denn insgesamt will Gilead bis Jahresende zwei Millionen Behandlungsdosen produzieren.

Das antivirale Medikament, das der US-Konzern ursprünglich gegen Ebola entwickeln wollte, hat Anfang Mai von der US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung erhalten. Es ist darüber hinaus inzwischen auch in Japan, Großbritannien und Singapur zugelassen. In der EU ist es offiziell zwar noch nicht genehmigt, hat hier aber vor Kurzem ein positives Votum des Medizinkomitees der Zulassungsbehörde EMA erhalten. Mit einer offiziellen Zulassung durch die EU-Kommission wird daher noch in dieser Woche gerechnet.

Genügend Reserven in Deutschland

Die Bundesregierung sieht die Versorgungslage hierzulande durch den US-Deal nicht gefährdet. Der Bund habe sich frühzeitig Remdesivir für die Therapie von Corona-Patienten gesichert, teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums mit. Momentan gebe es noch genug Reserven. Mit der Zulassung des Medikaments sei die Verpflichtung verbunden, auch in angemessenem Umfang liefern zu können. „Wir gehen davon aus, dass Gilead dieser Verpflichtung auch nachkommt.“

Remdesivir zeigte in einer großen klinischen Studie des amerikanischen nationalen Instituts für Infektionskrankheiten (NIAID) einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf bei Covid-19-Patienten, wenn auch keine durchschlagende Heilwirkung. Es gilt damit als erste offiziell zugelassene neue Therapie gegen Covid-19.

Im Schnitt konnten schwer erkrankte Patienten die Klinik bei einer Behandlung mit dem Wirkstoff etwa vier Tage früher verlassen. Auch die Überlebensraten haben sich tendenziell verbessert, was statistisch aber nicht eindeutig belegt werden konnte.

Dessen ungeachtet gehen Experten davon aus, dass sich Remdesivir vorerst als Standardtherapie für schwer erkrankte Covid-19-Patienten und auch als Vergleichsmaßstab für weitere, noch in der Entwicklung befindliche Medikamentenkandidaten etabliert.

Inwieweit der Deal der US-Regierung die Therapiemöglichkeiten für Patienten in europäischen Ländern beeinträchtigt, ist vorerst schwer zu erkennen. Denn aktuell sind die Neuinfektionsraten in Europa deutlich geringer als in den USA.

Von daher dürfte auch der Bedarf für Medikamente deutlich niedriger sein. Zuletzt registrierten die meisten europäischen Länder nur wenige Hundert neue Coronafälle pro Tag, während in den USA die Zahl der Neuinfektionen wieder auf mehr als 40.000 Fälle pro Tag gestiegen ist.

Für Deutschland meldete das Robert Koch-Institut am Mittwoch 466 Neuinfektionen. Für die vergangenen sieben Tage errechnen sich damit knapp 3.300 neue Fälle. Lediglich 332 Covid-Patienten werden laut Divi-Intensivregister in Deutschland derzeit noch intensivmedizinisch behandelt.

Kleine Behandlungserfolge mit Kortisonpräparat

Zudem steht inzwischen auch eine weitere Behandlungsoption zur Verfügung, die in einer großen Studie positive Daten lieferte. Wie die britische Universität Oxford jüngst bekanntgab, reduzierte der altbekannte Kortison-Wirkstoff Dexamethason die Sterblichkeit bei mechanisch beatmeten Covid-Patienten um ein Drittel und bei nicht invasiv beatmeten Patienten um 25 Prozent.

Daraus lasse sich ableiten, dass pro acht mit Dexamethason behandelten Patienten im Vergleich zur Standardtherapie ein Todesfall vermieden werde. Die britische Universität leitet das Resultat aus der sehr großen Recovery-Studie ab, bei der verschiedene Medikamente an insgesamt 11.500 Patienten getestet wurden. Rund 2100 Patienten wurden dabei mit Dexamethason behandelt.

Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein Kortisonpräparat, das seit fast 60 Jahren auf dem Markt ist und schon sehr lange bei diversen Entzündungskrankheiten, schweren Allergien und – in Kombination mit anderen Medikamenten – auch in der Krebsbehandlung eingesetzt wird. Das Mittel wird von zahlreichen Generikaherstellern produziert und in Deutschland zu Kosten von weniger als einem Euro pro Tagesdosis vertrieben.

Ganz anders stellt sich die Situation bei dem neuartigen Wirkstoff Remdesivir dar, der bisher nicht zugelassen war und den Gilead daher bislang auch nur in relativ kleinen Mengen für klinische Versuche produziert hatte. Die Produktion gilt zudem als relativ kompliziert und aufwendig.

Gilead selbst beschreibt das Herstellverfahren als lange, lineare chemische Synthese, die in mehreren Einzelschritten erfolgen muss und eine Reihe neuartiger Zwischensubstanzen benötigt, die global nur begrenzt verfügbar sind.

Der gesamte Prozess sei daher besonders ressourcen- und zeitintensiv. Er dauere typischerweise neun bis zwölf Monate, was man inzwischen aber auf sechs bis acht Monate verkürzt habe. Insgesamt will Gilead in diesem Jahr mehr als eine Milliarde Dollar in die Entwicklung und Produktion des Medikaments investieren.

Über die eigenen Produktionspläne hinaus hat das US-Unternehmen zudem eine Reihe von Kooperationen mit Generikafirmen vereinbart, die Remdesivir zu günstigeren Kosten für insgesamt mehr als 120 Entwicklungsländer produzieren sollen.

Zum Kreis dieser Firmen gehören unter anderem die indischen Pharmahersteller Cipla und Dr. Reddy’s sowie die ägyptische Eva Pharma. Ihnen sichert Gilead den Transfer von Produktions-Know-how und kostenlose Lizenzen für den Wirkstoff zu. Allerdings ist bisher nicht bekannt, wie schnell diese Firmen die Produktion von Remdesivir aufbauen können.