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Chinas und Deutschlands Zusammenarbeit ist ein starkes Signal an Trump

Im Kanzleramt wurden 22 Abkommen zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit unterschrieben. Dennoch bleibt Peking ein schwieriger Partner.

Seit US-Präsident Donald Trump der übrigen Welt den Handelskrieg erklärt hat, ist der langjährige Exportweltmeister Deutschland auf der Suche nach Verbündeten im Kampf für den Freihandel. China geht es ähnlich. Und so ist es kein Zufall, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premier Li Keqiang bei den fünften deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin die Partnerschaft beider Länder beschworen. „Wir sind interessiert an einem reibungslosen Handel“, sagte Merkel.

Seit zwei Jahren ist die Volksrepublik der wichtigste Handelspartner für Deutschland, 2017 betrug das Volumen 187 Milliarden Euro. Und es soll weiter wachsen: Insgesamt 22 Abkommen zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit einem Umfang von 30 Milliarden US-Dollar wurden im Kanzleramt unterschrieben. Die Kooperationen seien „sehr, sehr erfolgreich“ betonte Li. „Unsere Zusammenarbeit hat eine große Zukunft.“

So unterzeichneten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein Abkommen zum autonomen Fahren, Siemens-Chef Joe Kaeser vereinbarte eine strategische Kooperation mit Alibaba zur Entwicklung einer Internet-der-Dinge-Plattform, BASF schloss eine Absichtserklärung zum Bau eines zweiten Verbundstandorts in der Provinz Guadong. Bosch, SAP, BMW, Voith, Daimler, die Liste war lang.

Vor allem die Vereinbarung mit BASF hob Kanzlerin Merkel hervor, denn diese unterliegt nicht dem Joint-Venture-Zwang. „Es zeigt, dass die Marktöffnung nicht nur Worte sind, sondern dass auch Taten folgen“, lobte Merkel im Anschluss an die Unterzeichnungen.

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Es war ein starkes Signal – auch an Washington. Angesichts des eskalierenden Handelsstreits mit den USA verschieben sich schon jetzt die Gewichte. Laut Statistischem Bundesamt stiegen von Januar bis Mai die deutschen Ausfuhren nach China um 9,1 Prozent auf 37,1 Milliarden Euro, während sich die Ausfuhren in die USA um 1,9 Prozent auf 46 Milliarden Euro verringerten.

Trotz Fortschritten in der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit gibt es allerdings noch viele Probleme. Die deutsche Wirtschaft beklagt weiterhin Hürden in China, der Marktzugang für ausländische Unternehmen bleibt in vielen Bereichen beschränkt. Wer vor Ort Geschäfte machen will, wird häufig in Joint Ventures mit chinesischen Partnern gezwungen.

Doch der aggressive handelspolitische Kurs von US-Präsident Donald Trump könnte zu einer Annäherung zwischen Europa und China führen. Die Hoffnung ist groß, dass sich China stärker öffnet.

Erste Anzeichen dafür gibt es. So hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit dem chinesischen Notenbankchef Yi Gang und seinem Kollegen Liu Jan vereinbart, dass deutsche Banken zeitnah auf dem Finanzsektor Marktzugang in China erhalten sollen, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen. Die chinesische Regierung wolle eine Gleichbehandlung deutscher Banken in China ermöglichen, verlautete am Rande der Gespräche.

Bisher war der Zugang massiv eingeschränkt. Überdies kündigte Chinas Regierung an, dass deutsche Unternehmen und Institutionen schon bald in China sogenannte Panda-Bonds, also Anleihen in Yuan, begeben können. Das würde die Finanzierung vor Ort erleichtern. Scholz wird wohl noch in diesem Jahr zum hochrangigen Finanzdialog nach China reisen.

Und auch die deutsche Wirtschaft registriert eine vorsichtige Kursänderung. Die Zeit, in der China seine Märkte mit Verweis auf die Rückständigkeit der eigenen Wirtschaft abschottete, seien vorbei, sagte Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA) auf dem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum, das parallel zu den Regierungskonsultationen stattfand: „Eine vollständige Öffnung ist möglich“, so Lienhard. Firmen aus der Volksrepublik seien mittlerweile ihren Konkurrenten aus Deutschland ebenwürdig. Deshalb müsse es auch einen freien Zugang für deutsche Firmen in allen Branchen geben.

Doch nach wie vor gibt es Bedenken in der deutschen Wirtschaft, dass China es vor allem auf das Know-how ausländischer Unternehmen abgesehen hat. Denn China will vor allem im Technologiebereich von deutschen Unternehmen lernen. Hintergrund ist der sogenannte „Made in China 2025“-Plan der Regierung in Peking, der China in den kommenden Jahrzehnten in einen Hightech-Produzenten verwandeln soll.

Der international umstrittene Masterplan wird von Experten auch „Substitutionsstrategie“ genannt, denn langfristig will die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt alle wichtigen Technologiebereiche mit eigenen Unternehmen besetzen. Weltweit schauen Regierungen deshalb mit Sorge auf die Bestrebungen. Auch die Handelsbeschränkungen der Amerikaner gegen China zielen vor allem auf technologische Produkte.

Zwar sehe die deutsche Wirtschaft das Vorgehen der US-Administration unter Präsident Donald Trump sehr kritisch, sagte APA-Chef Lienhard. Doch Trumps Kritik an unfairen Handelspraktiken sei teilweise richtig. „Wir haben ähnliche Bedenken wie die amerikanische Seite“, sagte er. Mangelnder Schutz geistigen Eigentums, Joint-Venture-Zwang und erzwungener Technologietransfer seien große Probleme für die deutsche Wirtschaft in China.

Li versuchte am Montag zu beschwichtigen: „Ich möchte betonen, wir zwingen keinen zum Technologietransfer“, sagte er. „Verletzungen des geistigen Eigentums sind nicht zulässig.“ Doch manche Unternehmen können da von anderen Erfahrungen berichten, etwa Klaus Deller, Vorstandsvorsitzender von Knorr-Bremse.

Schon seit einem Großauftrag für die kompletten Bremssysteme für Fahrzeuge der Metro Schanghai 1990 ist die Firma aktiv in China. „Wir haben Technologie nach China transferiert“, sagte Deller. Beide Seiten hätten davon profitiert. Diese Form der Kooperation sei jedoch in Gefahr. „Bei der neuen Generation der Fuxin-Hochgeschwindigkeitszüge sind wir nicht mehr dabei. Wir sind nicht einmal gefragt worden, ob wir uns beteiligen wollen“, klagte Deller. Knorr drohe von einem wichtigen Geschäft ausgeschlossen zu werden.

In vielen Branchen würden die Hindernisse für Aktivitäten in dem asiatischen Land zuletzt wieder höher, beklagt auch Dieter Kempf, Präsident des BDI. „Investitionsrestriktionen und staatliche Markteingriffe sind nach wie vor die Realität. Das ist kein akzeptabler Zustand“, so Kempf. Jetzt sei es für China an der Zeit, seine Versprechen gegenüber der Welthandelsorganisation WTO einzulösen, etwa beim Schutz geistigen Eigentums oder bei öffentlichen Aufträgen.

Die Offenheit des europäischen Marktes, die für ausländische Unternehmen in China oft nicht gegeben ist, nutzen chinesische Firmen aus und gehen auf Einkaufstour in Europa. Wie Studien zeigen, haben sie es dabei vor allem auf Schlüsseltechnologien abgesehen. Es besteht der Verdacht, dass der chinesische Staat die Übernahmen verdeckt finanziell unterstützt. Berlin und Brüssel arbeiten derzeit an einer Verschärfung der Übernahmebedingungen für ausländische Investoren.

Die chinesische Regierung hingegen bestreitet, dass die Investitionen staatlich gestützt werden, und kritisiert Übernahmebeschränkungen. Der Ärger in China scheint groß. Als Merkel die Pressekonferenz in Berlin beendet und sich schon zum Gehen wendet, wird sie von Li ungewöhnlich forsch zurückgehalten. „Frau Merkel“ und er hätten auch über das Thema Übernahmen gesprochen. Sie habe ihm versichert, dass die deutschen Sicherheitsüberprüfungen China nicht diskriminieren sollten, betonte er eilig.

Doch in der chinesischen Wirtschaft wächst der Frust über Deutschland. „Das schärfere Außenwirtschaftsgesetz ist ein Problem. Es erschwert das Investitionsklima für uns in Deutschland“, klagte Zhang Jinhua, Vizechef des chinesischen Technologiekonzerns Advanced Technology & Materials (AT & M). Zhangs Unternehmen hatte kurz zuvor den Airbus-Zulieferer Cotesa in Sachsen übernommen. In den nächsten drei bis fünf Jahren will AT & M 80 Millionen Euro in das deutsche Unternehmen investieren.

Im kommenden Jahr soll eine Fabrik in der Nähe von Schanghai in Betrieb gehen, und zwei Jahre später sollen die ersten Teile an Chinas Flugzeugbauer COMAC geliefert werden.

Doch solche Geschichten könnten in Zukunft seltener werden, fürchtet Zhang. „Einige chinesische Investoren schrecken vor Deutschland zurück, weil sie zu große Sorge über die langen Genehmigungsverfahren haben.“ In den USA sei der Zugang für chinesische Investoren besonders schwer. „Jetzt haben wir Sorge, dass Deutschland sich auch abschottet – ähnlich wie die USA.“