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Trumpf und Sick wollen ab 2021 Quantensensoren in Serie herstellen

Quantensensoren waren lange nur ein Thema für Forscher. Zwei baden-württembergische Unternehmen wollen das ändern – und schon ab dem kommenden Jahr in die Fertigung einsteigen.

Der Maschinenbauer Trumpf und der Sensorenhersteller Sick arbeiten bei der Entwicklung industrieller Quantensensoren zusammen und wollen in diesem Hochtechnologiebereich erste Produkte auf den Markt bringen. Foto: dpa
Der Maschinenbauer Trumpf und der Sensorenhersteller Sick arbeiten bei der Entwicklung industrieller Quantensensoren zusammen und wollen in diesem Hochtechnologiebereich erste Produkte auf den Markt bringen. Foto: dpa

Wenn Peter Leibinger über mögliche Anwendungsgebiete von Quantensensoren spricht, dann gerät er ins Schwärmen. „Man kann damit Gehirnströme messen, Kunststoffrohre in Wänden lokalisieren oder die Geschwindigkeit und Verteilung von Partikeln sehr genau messen“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer des Maschinenbauers Trumpf am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.“

Zumindest einer dieser Anwendungsfälle wird schon im kommenden Jahr zur Realität. Gemeinsam mit dem Sensorhersteller Sick steigt Trumpf in die Serienfertigung von optischen Quantensensoren ein, die hochpräzise Messungen etwa in der Halbleiter- oder Pulverherstellung ermöglichen sollen. Bereits 2021 sollen die ersten Exemplare vom Band laufen, teilten die Unternehmen bei der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags für das Projekt mit.

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Damit setzen sich zwei Unternehmen aus dem Südwesten Deutschlands an die Spitze eines Technologiebereichs, um den ein globales Wettrennen entbrannt ist. Allein in den kommenden drei Jahren, so schätzen Experten der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (Acatech), dürfte der weltweite Markt für Quantentechnologien auf ein Volumen von rund 1,1 Milliarden Euro ansteigen.

Deutsche Einrichtungen gelten bei der Erforschung der Technologie als führend. „Bei der Quantentechnologie sind wir in der Wissenschaft in Europa ganz vorn“, erklärte etwa Bosch-Chef Volkmar Denner vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem Handelsblatt, mahnte aber gleichzeitig: „Wir müssen darauf achten, dass es nicht nur bei wissenschaftlicher Exzellenz bleibt, sondern müssen auch frühzeitig industrielle Anwendungen realisieren, bevor uns andere zuvorkommen.“

Für die Bundesregierung gilt die industrielle Anwendung von Quantentechnologien deshalb als eines der wichtigsten Zukunftsprojekte. Rund zwei Milliarden Euro stellt Berlin im Rahmen des Konjunkturpakets bereit, um die Forschung auf dem Gebiet in einsatzfähige Produkte zu überführen. Dazu zählen auch Quantencomputer, wie sie beispielsweise auch die US-Konzerne Google oder IBM entwickeln.

Doch der Begriff der Quantentechnologie ist breiter gefächert, als in der Öffentlichkeit oft wahrgenommen wird. Zur Technologiefamilie zählen beispielsweise auch die Quantenkryptografie, die sich mit Verschlüsselungsverfahren beschäftigt, oder eben Quantensensoren, die hochpräzise Messungen ermöglichen.

Gemeinsam haben all diese Verfahren, dass sie sich der Gesetze der Quantenmechanik bedienen. Die untersucht das Verhalten von Teilchen, deren Größe auf der Ebene einzelner Atome oder sogar darunter liegt. Entdeckt wurden diese Gesetzmäßigkeiten schon vor knapp hundert Jahren von Forschern wie Niels Bohr oder Werner Heisenberg, die als Urväter der modernen Quantentheorie gelten.

Im Kern besteht die in der Erkenntnis, dass sich der Ort und die Geschwindigkeit eines atomaren oder subatomaren Teilchens nicht gleichzeitig mit beliebiger Präzision messen lassen. Daraus ergeben sich Effekte, die sich mit den Methoden der klassischen Physik nicht beobachten lassen. Das Phänomen, für dessen Entdeckung Heisenberg 1932 auch mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ist mittlerweile gut belegt. Doch lange gelang es nicht, die Erkenntnisse in eine industrielle Anwendung zu überführen.

Ein Grund dafür liegt in der Instabilität der Kleinstteilchen, die hochempfindlich auf verschiedene Umwelteinflüsse wie Magnetfelder, Temperatur oder Bewegung reagieren und deren Zustand sich nur schwer kontrollieren lässt. So müssen die Quantencomputer von Google und IBM aufwendig abgeschirmt und in Eiskammern gelagert werden, um Störungen zu verhindern. In der Messtechnik jedoch ist diese hohe Empfindlichkeit ein Vorteil – weswegen Quantensensoren auch die besten Chancen haben, als erste Technologie aus dem Bereich kommerziell genutzt zu werden.

Mit der nun vorgestellten Technologie wollen Sick und Trumpf zunächst in Märkte vorstoßen, die beide Unternehmen schon heute beliefern. „Das ist zum einen die Halbleiterindustrie, die mithilfe unseres Sensors zukünftig Schmutzpartikel in ihren Reinräumen aufspüren und deren Menge messen kann“, sagte Sick-Chef Robert Bauer am Donnerstag.

Auch bei der Tablettenherstellung in der Pharmaindustrie oder bei der Überprüfung von Luftqualität etwa in U-Bahn-Stationen sei ein Einsatz denkbar, so der Manager. Dabei soll der Sensor in der Lage sein, Partikel zu messen, die nur ein Fünftel eines Mikrometers groß sind – und damit 200-mal kleiner als die Dicke eines menschlichen Haars.

So groß wie ein Schuhkarton

Dabei kann der Sensor, der in der ersten Generation etwa die Größe eines Schuhkartons hat, nicht nur die Partikel selbst erkennen, sondern auch deren Größe, Verteilung, Konzentration und Geschwindigkeit sowie die Richtung, in die sich die Teilchen bewegen. Dafür nutzt der Sensor einen Laserstrahl, dessen Photonen auf die unter anderem von Heisenberg beschriebenen Quanteneffekte reagieren.

Zu möglichen Preisen für den Sensor äußerten sich die Unternehmen nicht. Allerdings seien die Einsparungen für die Anwender immens, wenn sich beispielsweise bei der Chip-Fertigung der Ausschuss durch Verunreinigungen minimieren ließe. Auf Förderungen aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung greifen die Unternehmen nicht zurück. Der Sensor sei auch ohne Unterstützung wettbewerbsfähig, so Sick-Chef Bauer.

Während Sick aus Waldkirch als Spezialist für optische Industriesensoren bei der Kooperation die Anwendungsentwicklung und den Vertrieb übernimmt, entwickelt die Trumpf-Tochter Q-Ant die Messtechnik und damit das Herzstück des neuen Sensors. Das Start-up wurde 2018 aus dem Konzern ausgegründet, ist aber immer noch eine hundertprozentige Tochter des Ditzinger Maschinenbauers.

Für Peter Leibinger, bei Trumpf auch Chief Technology Officer, bieten die Quantensensoren gerade für die deutsche Wirtschaft die einmalige Chance, ein zentrales Zukunftsfeld der Industriefertigung zügig zu besetzen. „Beim Quantencomputer müssen wir zu den starken Wettbewerbern aufschließen“, sagte Leibinger. „Die anderen Quantentechnologien kann der Industriestandort Deutschland als führende Technologienation mitgestalten.“