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Donald Trump will wieder aufholen – doch die Zuschauer fehlen

Mit einem Megaevent startet US-Präsident Trump in Oklahoma in den Wahlkampf. Aber bei seiner ersten Kundgebung seit der Krise bleiben viele Plätze unbesetzt.

Am Ende wird vom Wahlkampfauftritt des US-Präsidenten in Tulsa im Bundesstaat Oklahoma vielleicht vor allem dieser Moment in Erinnerung bleiben: Donald Trump nimmt mit der rechten Hand das Glas Wasser, das vor ihm am Rednerpult steht, führt es mit einer Hand zum Mund, trinkt einen Schluck und schleudert das Glas triumphierend zur Seite. Die Menge jubelt.

Mit der Geste will Trump widerlegen, was ohnehin kaum jemand ernsthaft glaubt: Dass der Präsident an Parkinson erkrankt sei. Das seltsame Gerücht war aufgekommen, nachdem Trump in der vergangenen Woche bei einer Rede an der Militärakademie Westpoint beide Hände gebraucht hatte, um sein Glas zum Mund zu führen. Zuvor habe er 600-mal die Hand zum Salut gehoben, rechtfertigt sich Trump in Oklahoma, „das war wie Fitnesstraining, nur ohne Gewichte“.

Mit seiner Rede am frühen Sonntagmorgen deutscher Zeit will Trump seinen Anhängern Stärke und Siegesgewissheit demonstrieren. Der frühzeitige Wiedereinstieg in den Live-Wahlkampf nach fast vier Monaten Coronapause ist ein wichtiger Baustein in Trumps Kampagnenstrategie.

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Die ist vor allem darauf ausgerichtet, die eigenen Anhänger bei der Präsidentschaftswahl am 3. November möglichst vollständig an die Wahlurnen zu bewegen. So will Trump den Rückstand in den Umfragen doch noch aufholen.

Doch die Optimismusschau von Oklahoma ist bestenfalls halb geglückt. Viele Plätze in den oberen Rängen der 19.000 Zuschauer fassenden Halle bleiben leer. Eine zweite Bühne vor der Halle, auf der Trump zu allen Fans sprechen wollte, die innen keinen Platz gefunden haben, wird kurz vor Veranstaltungsbeginn wieder abgebaut.

Nur noch Außenseiter

War es die Angst vor Ansteckung, die die Zuschauer abschreckte? In der Halle galt weder Maskenpflicht noch Mindestabstand. Wer reinwollte, musste zuvor unterschreiben, dass er die Veranstalter von der Haftung für eine eventuelle Corona-Infektion freistellt. Oder doch die Sorge vor linken Gegendemonstranten, die die Republikaner für die vielen leeren Reihen verantwortlich machen?


Mangelndes Interesse an seinen Auftritten ist Trump nicht gewohnt. Hallen und Stadien, prall gefüllt mit jubelnden Fans, gehörten zu seinen Markenzeichen. So war es, bis Anfang März das Coronavirus das öffentliche Leben in den USA lahmlegte. Je stärker die Wirtschaft einbrach, desto tiefer sanken auch die Umfragewerte von Donald Trump.

Gerade als der Höhepunkt der Pandemie überwunden schien, folgte die nächste Krise: Weiße Polizisten töteten in Minneapolis den wehrlosen Afroamerikaner George Floyd. Die USA erlebten die schwersten Unruhen seit Anfang der Neunzigerjahre. Statt den Konflikt zu schlichten, heizte Trump ihn weiter an, mit forschen Law-and-Order-Sprüchen auf Twitter und umstrittenen Polizeieinsätzen vor dem Weißen Haus.

Trumps Rückstand auf seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden beträgt laut einer Umfrage des konservativen Nachrichtensenders „Fox News“ mittlerweile zwölf Prozentpunkte. Noch am 8. April hatte Fox News einen Gleichstand prognostiziert. Vom Favoriten ist Trump zum Außenseiter im Präsidentschaftsrennen geworden.

Wird Christopher Wlezien nach einem amtierenden Präsidenten gefragt, der einen ähnlich hohen Rückstand wenige Monate vor der Wahl noch aufgeholt hat, fällt ihm selbst nach längerem Überlegen niemand ein. Wlezien ist Professor an der University of Texas in Austin, sein Spezialgebiet sind US-Präsidentschaftswahlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Trump das Weiße Haus am 3. November doch noch verteidigen kann, schätzt er „auf 20 bis 25 Prozent“.

Kritik an Deutschland

Trump indes erweckt in Oklahoma den Eindruck, als gebe er nichts auf die miesen Umfragewerte. „Die schweigende Mehrheit ist größer denn je“, ruft er in die Menge. Trump zeichnet das Bild von den USA als einem Land voller aufrechter Bürger, die von Gegnern umstellt sind.

Auch die Deutschen kriegen ihren Teil ab: „Wir sollen Deutschland vor Russland beschützen“, sagt Trump unter Applaus. „Aber Deutschland zahlt Russland Milliarden Dollar für Energie“ aus einer „brandneuen Pipeline“. Trump kritisiert seit Langem, dass Deutschland das selbst gesteckte Ziel der Nato für Verteidigungsausgaben nicht erfülle. Das habe er „Angela“ auch deutlich gesagt, die im Übrigen eine „charmante Frau“ und eine „gute Verhandlerin“ sei.

Der Mann, der das Event von Oklahoma für Trump organisiert hat, heißt Brad Parscale. Der ehemalige College-Basketballspieler aus Kansas hat bereits den Wahlkampf 2016 für Donald Trump geleitet und ist 2020 noch immer sein Kampagnenmanager. Im Hire-and-fire-Umfeld des Präsidenten ist Parscale mit dieser Langlebigkeit eine Rarität.

Wie schon 2016 setzt Parscale auf eine ungewöhnliche Wahlkampfstrategie. Normalerweise versuchen Präsidentschaftsbewerber, über das eigene Lager hinaus die unentschlossenen Wähler in der Mitte zu erreichen. Dazu senden sie gezielt versöhnliche Botschaften in Richtung des gegnerischen Lagers. Solche Botschaften fehlen in Oklahoma völlig.

Nicht ein einziges Mal erwähnt Trump in Tulsa den Namen George Floyd. Stattdessen will Parscale die eigene Anhängerschaft möglichst vollständig zur Stimmabgabe mobilisieren. Das Ziel: Kein Republikaner soll am 3. November zu Hause bleiben.

„Um mit dieser Strategie zu gewinnen, müssen die Republikaner erstens sicherstellen, dass sie ihre Basis hinter sich haben, und zweitens versuchen, Bidens Glaubwürdigkeit zu beschädigen“, analysiert Politikwissenschaftler Wlezien.

Die Gruppe der Trump-Anhänger macht zwar nur etwa 40 Prozent der Wahlberechtigten aus. Doch das könnte für eine Mehrheit ausreichen, wenn gleichzeitig genügend potenzielle Wähler der Demokraten zu Hause bleiben.

Um das zu erreichen, karikiert der 74-jährige Trump seinen 77-jährigen Gegenkandidaten Joe Biden bei nahezu jeder Gelegenheit als alters- und führungsschwachen verkappten Sozialisten. Nachdem Trump in Tulsa ausgiebig seine eigene herausragende Gesundheit gelobt hat, folgt der entscheidende Satz: „Aber eines ist sicher – mit Biden stimmt auf jeden Fall etwas nicht.“ Und wieder jubeln seine Fans.