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Trump erklärt sich zum Wahlsieger – und will die Auszählung per Gericht stoppen

Die US-Wahlen könnten in einem Rechtsstreit enden: Ohne Beweise zu nennen, spricht Donald Trump von einem Betrug am amerikanischen Volk – und will den Supreme Court anrufen.

Der amtierende Präsident hat bereits im Vorfeld Zweifel an der Wahl gesät. In der Wahlnacht tut er es wieder – und will die Auszählung stoppen. Foto: dpa
Der amtierende Präsident hat bereits im Vorfeld Zweifel an der Wahl gesät. In der Wahlnacht tut er es wieder – und will die Auszählung stoppen. Foto: dpa

Einen Gewinner der US-Wahlen auszurufen, davon sind die USA noch weit entfernt. Doch der Deutungskampf hat schon jetzt begonnen. Beide Kandidaten versuchten in einer extrem unübersichtlichen Lage, Siegesgewissheit zu verbreiten.

So trat der demokratische Kandidat Joe Biden einige Stunden nach Schließung der Wahllokale vor seine Anhänger: „Behaltet den Glauben, Leute. Wir werden das gewinnen. Eure Geduld ist großartig“, sagte er in seinem Wohnort Wilmington.

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Für Biden hatte die Wahlnacht mit einem zähen Start begonnen. Die Demokraten konnten mit Arizona bislang nur einen der größeren Staaten erobern, die die Wahlen entscheiden. Andere wichtige Staaten, darunter Florida, Iowa und Ohio, gingen an Trump – Ohio sogar mit einem Vorsprung von acht Prozentpunkten.

Der Präsident begann etwa zeitgleich zu Bidens Auftritt, Zweifel an der Gültigkeit der Wahlen zu streuen. „Die Demokraten wollen unseren Sieg stehlen“, twitterte er und provozierte damit eine Reaktion des Techkonzerns, der den Tweet als irreführend markierte und sperrte. Im Weißen Haus trat er anschließend vor Freunden und Familie auf und rief: „Wir werden die Wahl gewinnen. Und so, wie ich es sehe, haben wir diese Wahl bereits gewonnen.“

Trump kündigte an, die Wahlen vor dem Supreme Court anfechten zu wollen, und führte nicht näher definierte Vorwürfe von Briefwahl-Betrug an. Millionen Menschen hätten für ihn gestimmt, allerdings wolle „eine traurige Gruppe von Menschen uns entrechten“, so Trump. Sollte Trump tatsächlich vor Gericht ziehen, um das Wahlergebnis anzufechten, würden die Demokraten mit eigenen juristischen Mitteln dagegen vorgehen, kündigte Biden daraufhin an.

Mit den Äußerungen Trumps ist ein Szenario eingetreten, das viele Beobachter befürchteten: Eine knappe Wahl mit unklarem Ausgang, dazu nutzt Trump die Zwangspause, um Zweifel an der Gültigkeit der Wahlen zu streuen.

Festhalten kann man für den Moment: Diese Wahlen sind und werden knapp. Viele Faktoren bestimmen die kommenden Stunden, vielleicht Tage. Auch ein Rechtsstreit ist nicht ausgeschlossen.

Wie es jetzt weitergeht

Die Unsicherheit, die bereits dieses Pandemiejahr und den Wahlkampf prägte, zieht sich damit durch die Wahlnacht – und darüber hinaus. Die Biden-Kampagne hatte auf einen Durchmarsch gehofft, das ist nicht eingetreten. Doch auch Trumps Behauptung, er habe die Wahl bereits gewonnen, ist schlichtweg falsch.

Ob die Wahl tatsächlich angefochten werden kann, hängt davon ab, ob die Trump-Kampagne einen konkreten Fall von mutmaßlichem Wahlbetrug vor dem Supreme Court geltend machen kann. Eine Armada an Juristen stünde bereit, kündigte Trumps Anwalt Rudy Giuliani an. Die Kampagne hatte etwa 50.000 Freiwillige versammelt, um mögliche Fälle von Betrug melden zu können.

Worauf es jetzt ankommt

Kurz nach Trumps denkwürdigem Auftritt verkünden mehrere Prognosen von US-Medien einen Erfolg von Joe Biden in Arizona, der einstigen republikanischen Hochburg. Das verschafft dem Demokraten einen Puffer in einem Rennen, das ansonsten nicht viel Spielraum lässt.

Jetzt kommt es auf die Staaten Georgia, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin an. Biden kann noch gewinnen, wenn er Michigan, Wisconsin und Pennsylvania holt – oder Pennsylvania mit Nevada und den zweiten Bezirken von Nebraska und Maine ausgleicht.

Trump kann aber auch gewinnen, wenn sich Biden dort nicht überall durchsetzen kann. In Georgia wurde die Auszählung wegen eines Wasserrohrbruchs in einem Wahllokal in Atlanta unterbrochen, und in Michigan und Pennsylvania könnte ein Ergebnis ebenfalls auf sich warten lassen.

Der Grund: Hier werden die Stimmen der Menschen, die am Wahltag selbst abgestimmt haben, zuerst gezählt – und erst im Anschluss die Rekordzahl an Wahlbriefen. Der historisch demokratische Bundesstaat Michigan hatte im Jahr 2016 überraschend Trump gewählt. Damit das so bleibt, hat Trump Michigan im Wahlkampf gleich neunmal besucht, mehr als jeden anderen Swing State.


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Wisconsin ist einer der wichtigen Staaten, die stark unter der Pandemie litten. Schon in der frühen Phase wurden 40.000 Jobs in der Produktion gestrichen, nur die Hälfte der Mitarbeiter wurde seitdem wieder eingestellt. Dennoch ist Trumps Rückhalt stark.

Trumps Anhänger sind loyal, und für viele stehen Themen wie Abtreibungsverbote, Waffen und Steuern im Vordergrund, mit denen Trump klar punkten konnte.

Wie verlässlich sind die Zahlen?

Trump hat bislang stärker abgeschnitten als von Meinungsforschern erwartet. Meistens wichen die Umfragen innerhalb der Fehlertoleranz ab, doch im Gesamtbild konnte Trump auch Staaten erobern, in denen Biden zumindest gute Chancen ausgerechnet wurden.

Auch können die Republikaner aller Voraussicht nach den US-Senat halten, wenn auch mit Verlusten. Über die Gründe kann man zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren. Konnte Trump auf den letzten Metern mobilisieren? Spielt der sogenannte „Secret Vote“ eine Rolle, bei dem Wähler in Umfragen durchs Raster fallen?

Eine interessante Beobachtung der Wahlnacht ist, dass Latinos offenbar deutlich stärker für Trump stimmten als noch vor vier Jahren. Was die Zahlen in den noch nicht ausgezählten Bundesstaaten angeht, gilt: Vorsicht.

Grundsätzlich kann die Welle an Briefwählern dazu führen, dass ein Staat zunächst nach einem Sieg Trump aussieht und nach Auszählung der Briefe in Richtung Biden kippt. Überdurchschnittlich viele Demokraten hatten die Möglichkeit der Frühwahlen genutzt.

Am Ende könnte es an Pennsylvania hängen

Sollte das Rennen knapp bleiben, hängt die Präsidentschaft am heiß umkämpften Bundesstaat Pennsylvania. Die beiden Kandidaten haben Pennsylvania im Wahlkampf gleich siebenmal besucht, mehr als jeden anderen Bundesstaat. Sie wussten, dass er wahlentscheidend sein könnte. Schließlich stellt der Staat 20 der insgesamt 538 Wahlleute. Außerdem hat Pennsylvania seit 1992 stets für den Gewinner im Weißen Haus gestimmt. Wer hier gewinnt, gewinnt auch landesweit.

Pennsylvania gehört wie Michigan und Wisconsin zu den Staaten, die die Briefwahlstimmen und die anderen früher abgegebenen Stimmen erst am Wahltag selbst zählen und nicht zuvor wie etwa in Florida. Damit könnte das Ergebnis noch einige Tage dauern. Die zuständigen Behörden rechnen damit, dass sich die Auszählung noch bis Freitag hinziehen kann.

Pennsylvania ist einer jener ehemaligen Industriestaaten, in denen viele Menschen ihre Jobs verloren haben und heute für Mindestlohn bei Amazon oder anderen Arbeitgebern arbeiten. Dabei gibt es auch hier einen enormen Unterschied zwischen Stadt und Land: In der Stadt Philadelphia mit einer großen schwarzen Bevölkerung wählen die Menschen mehrheitlich demokratisch. Doch in den ländlichen Gegenden des großflächigen Staats hat vor allem Trump Anhänger.


Was passiert, wenn es ein Unentschieden gibt?

Das ist zwar unwahrscheinlich, aber bei einer knappen Wahl ein Gedankenspiel wert. Sollte kein Kandidat die Mehrheit gewinnen und das Wahlkollegium gespalten sein, könnten die Wahlleute nicht wie geplant am 14. Dezember offiziell einen Gewinner erklären. In diesem Fall können die Parteien entweder neue Kandidaten aufstellen, oder der US-Kongress entscheidet über den Präsidenten und Vizepräsidenten.

Laut Thomas Neale, Historiker an der Nationalbibliothek des US-Kongresses, gibt es noch ein andere Möglichkeit: „Das schlimmste Szenario ist, dass bis zum 20. Januar niemand gewählt ist, wenn auch im Repräsentantenhaus und Senat keine Mehrheiten zustande kommen.“ Dann würde die Demokraten-Chefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, kommissarisch das Präsidentenamt übernehmen.