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Trump und Abe golfen um neuen Handelspakt

US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag und Mittwoch seinen liebsten Golfpartner unter allen Regierungschefs der Welt zu Gast. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe wird dann den US-Präsidenten in seinem Golf-Resort Mar-a-Lago in Florida besuchen. Und der Japaner hat bisher geschafft, auf dem Grün eine Freundschaft mit Trump aufzubauen, um die handelspolitischen Attacken des US-Präsidenten auf die ostasiatische Exportnation zu mildern.

Als erster Regierungschef reiste Abe gleich nach Trumps Wahlsieg nach New York, um mit einem vergoldeten Golfschläger als Geschenk das Ego des angehenden US-Präsidenten zu schmeicheln. Seither vergeht kein Gipfel der beiden ohne ausgedehnte Golf-Partien.

Doch anders als 2017, als Abe die Probleme jenseits des Platzes erfolgreich überspielen konnte, muss Abe dieses Mal gleich „zwei bedeutende Quellen von bilateralen Spannungen adressieren“, warnt Tobias Harris, Japan-Experte vom Sicherheitsberater Teneo Intelligence in Washington: Handelsfragen inklusive der wachsenden Kritik Trumps an Japans Handelsbilanzüberschuss und Nordkorea.

Besonders dem Thema Handelspolitik hat Trump mit einer überraschenden Kehrtwende neue Brisanz verliehen: Vorige Woche beauftragte er seine Chefunterhändler, ausgerechnet einen Wiedereintritt in das Freihandelsabkommen zu überprüfen, das er im Wahlkampf als „Vergewaltigung unseres Landes“ kritisiert hatte und aus dem er gleich am dritten Tag nach seinem Amtsantritt ausgestiegen war: das multilaterale transpazifische Partnerschaftsabkommen TPP.

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Das war ein schwerer Schlag für Abe, der aus geopolitischen Gründen voll auf den von Trumps Vorgänger Barack Obama Deal gesetzt hatte. Denn das TPP war so etwas wie die Antwort der USA auf Chinas Seidenstraßenprojekt, auch als One Belt, one Road bekannt. Wie die EU kritisiert hat, versucht das aufstrebende Reich der Mitte unter diesem Titel mit riesigen Investitionen in Infrastrukturprojekte seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss in Asien und Afrika auszudehnen.

Obama setzte einen Bund mit elf Pazifikanrainern dagegen, der etwa 40 Prozent der globalen Produktion repräsentiert hätte. Der freiere Zugang zum US-Markt sollte den Staaten Anreize geben, sich nicht vollständig in Chinas Umlaufbahn ziehen zu lassen, sondern mit den USA ein konzernfreundliches Handelssystem aufzubauen, gut geschützte geistige Eigentumsrechte inklusive.

Gleichzeitig sollte der Deal als Trumpf im Handelspoker mit China wirken, erklärt Edward Alden, Experte vom amerikanischen Council of Foreign Relation in der Nikkei Asian Review. Die transparenteren Investitionsbedingungen des multilateralen Abkommens sollten globalen Konzernen eine attraktive Alternative zum Investitionsstandort China bieten und so den Druck auf China erhöhen, sein Gebahren zu verändern.

Schon der berufliche Hintergrund der TPP-Lobbyisten verriet den geopolitischen Hintersinn. Niemals zuvor hätten so viele Admiräle in Washingtons Politik für ein Freihandelsabkommen geworben, erzählt ein amerikanischer Beobachter. Denn sie sahen, dass die USA Verbündete brauchen, um Chinas Expansion im bisher von den USA beherrschten Weltmeeren zwischen Amerika und Afrika zu begegnen.

Dass Trump nun einen Beitritt erwäge, sei daher „sicherlich ein gutes Zeichen“, urteilt Alden. Als Hauptgrund für die späte Erkenntnis sieht er Trumps Handelskonflikt mit China. Dabei geht es allerdings nicht nur um politische Verbündete, sondern wirtschaftlichen Druck.

Schließlich hat China als Vergeltung für Trumps Einfuhrzölle angedroht, unter anderem die Zölle für Rind- und Schweinefleisch, Sojabohnen und Mais aus den USA zu erhöhen. Vertreter von Trumps landwirtschaftlichen Fanbasis sehen nun im transpazifischen Handelsdeal eine Möglichkeit, Nachfrageeinbrüche aus China durch höhere Exporte in andere Nationen auszugleichen.

Doch darüber hinaus will Trump mit seiner Kehrtwende seinem Golffreund Abe unter Druck setzen. Denn Japan bleibt sein zweitliebster handelspolitischer Gegner nach China. Das machte er vorige Woche unnachahmlich mit einem Tweet klar.


Trump hofft auf ein bilaterales Abkommen mit Japan

Als Bedingungen forderte er darin nicht nur Nachverhandlungen der TPP, sondern attackierte auch Japan direkt. Die USA hätten schon sechs bilaterale Freihandelsabkommen mit TPP-Mitgliedern, so Trump. Und er arbeite an einem bilateralen Freihandelsabkommen mit Japan, „das uns jahrelang im Handel hart getroffen hat!“

Der Seitenhieb ist kein Zufall. Trump hofft, durch ein bilaterales Abkommen das riesige Defizit im Handel mit Japan stärker senken zu können. 2017 lag es bei immerhin 68 Milliarden US-Dollar. Doch Tokio hat bisher kein Interesse daran gezeigt. Stattdessen drängen die Japaner die USA nicht nur auf einen Wiederbeitritt zur TPP, die Abe mit einem diplomatischen Bravourstück auch ohne die USA am Leben gehalten hat.

Zudem setzen die Japaner auf einen Handelsdialog, den US-Vizepräsident Mike Pence und Japans stellvertretender Ministerpräsident, der Finanzminister Taro Aso, mit wenigen Ergebnissen führen.

Doch nun frustriere Tokios Widerstand gegen ein bilaterales Abkommen Trump immer stärker, berichtet Japan-Experte Harris. Seit einigen Wochen setze er daher immer stärker auf Konfrontation, um Abe zu größeren Zugeständnissen zu bewegen. So nahm Trump viele Alliierte von den Schutzzöllen aus, die er im März verhängte – nicht jedoch Japan. Es wird daher erwartet, dass Abe Trump nun einen neuen Handelsdialog vorschlagen wird, um die kritischen Punkte zu klären.

Ob dies den US-Präsidenten zufriedenstellen wird, bleibt abzuwarten. Aber es gibt ja noch ein anderes heißes Thema, das wahrscheinlich mehr Raum einnehmen wird: das bevorstehende Gipfeltreffen zwischen Trump und Nordkoreas Führer Kim Jong Un.

Dass Trump plötzlich und ohne Absprache mit seinen Alliierten in ein persönliches Gespräch mit dem jungen Diktator einwilligte, war ein Schock für Japan. Einige Beobachter in Japan befürchten, dass Trump unter Umständen einen atomaren Kuhhandel mit Nordkorea schließt, zum Beispiel die Sanktionen lockert oder sich gar damit zufrieden gibt, wenn Nordkorea die nukleare Bedrohung der USA aufgibt, aber die auf Japan aufrecht erhält.

Experten erwarten daher, dass Abe versuchen wird, sich wie zu Hochzeiten der Korea-Krise als Trumps engster ausländischer Vertrauter zu etablieren. Hitoshi Tanaka, Japans ehemaliger Chefunterhändler mit Nordkorea meint gegenüber dem Handelsblatt sogar, dass beide ihr Treffen auch besonders zu Vorbereitung von Trumps Nordkorea-Gipfel nutzen werden. Dort soll es um die nukleare Abrüstung Nordkoreas gehen.

Das ist weniger abwegig als es auf den ersten Blick scheint. Immerhin ist Abe einer der wenigen amtierenden Regierungschefs, der selbst direkte Erfahrung mit Nordkorea gesammelt hat. Tanaka hatte in einjährigen Geheimverhandlungen im Jahr 2002 ein historisches Gipfeltreffen mit Abes Mentor Junichiro Koizumi und Kims Vater, Kim Jong Il, vorbereitet. Und Koizumi nahm den damals noch jungen Abe mit nach Pjöngjang. „Daher bin ich sicher, dass Abe und Trump in der Nordkorea-Frage Berührungspunkte haben,“ meint Tanaka.

Abe werde Trump darauf drängen, die Strategie der harten Sanktionen auf jeden Fall vorerst weiterzuführen, meint der ehemalige japanische Diplomat. Die Strafen dürften erst gelockert werden, wenn Nordkorea nachweisbar abrüste. Sonst würde das Regime wieder betrügen.

Tanaka wirbt daher in diplomatischen Kreisen für die Verhandlungsstrategie P3C: Pressure – Druck auf Nordkorea, plus drei Cs: Koordination mit anderen Ländern wie China, Russland, Südkorea und Japan, Krisenvorbereitung („Contingency Planning“) für den Fall eines Regimekollapses oder neuer Aggressionen Nordkoreas, und die Einrichtung von Kommunikationskanälen.

Es ist vorstellbar, dass auch Abe Trump in diese Richtung drängen wird. Die Sache mit Abe als Ratgeber hat allerdings einen Haken: Trump hört gerne auf Sieger. Nur hat Abe nach fünfeinhalb Jahren im Amt seinen Nimbus des Unbesiegbaren abrupt verloren.

Seit zwei Skandale um Gefälligkeiten von Bürokraten für zwei Gesinnungsgenossen Abes wiederhochgekocht sind, ist seine Popularität jäh abgestürzt. Doch es kommt noch schlimmer für ihn: Am Wochenende demonstrierten sogar 30.000 Japaner vor dem Parlament für Abes Rücktritt. Das hatte es bisher noch nicht gegeben.

Und dann zählte ihn auch noch sein Mentor Koizumi an. In einem am Montag veröffentlichten Interview fragte er sich laut, ob Abe noch den Juni im Amt überstehen werde. Das wird auch Trump gehört haben. Der Gipfel ist damit nicht für Japan sehr wichtig, sondern auch für Abe persönlich. Er muss zumindest ein diplomatisches Desaster vermeiden, um daheim nicht noch mehr unter Druck zu geraten.