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BER: Streit über Pläne für neues Regierungsterminal

Der Betreiber des neuen Hauptstadtflughafens hat mit enormen finanziellen Belastungen zu kämpfen. Trotzdem will der Bund ein weiteres Terminal bauen. Das sorgt für Unmut.

Dem Provisorium soll ein Neubau folgen. Foto: dpa
Dem Provisorium soll ein Neubau folgen. Foto: dpa

Jetzt kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Der neue Hauptstadtflughafen in Schönefeld im Berliner Südosten wird eröffnet. Zwar mit neun Jahren Verspätung, aber am Samstag ist es so weit. Zur Inbetriebnahme werden an diesem Tag zwei Sonderflüge der Lufthansa und der britischen Billigairline Easyjet parallel am BER landen und am neuen Terminal 1 ankommen, die ersten Starts sind für Sonntag geplant.

Die Bundesregierung hat ihr Regierungsterminal bereits in Betrieb genommen. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) war die Erste, die am BER landete, als sie am vergangenen Mittwochmorgen vom EU-Agrarministertreffen in Luxemburg zurückkehrte.

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Der Haken dabei: Dieses Terminal, obwohl neu gebaut, ist ein Provisorium. Die Pläne für einen größeren Neubau für 344 Millionen Euro wurden Ende vergangenen Jahres gestoppt, zumindest bis 2030, wie es seinerzeit hieß.

Die Bundesregierung kam damit den Betreibern des Flughafens, der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB), entgegen, weil auf diese Weise mehr Platz für den regulären Flugbetrieb am BER bleibt. Vor der Corona-Pandemie hatte sich die Zahl der Passagiere in Berlin ständig nach oben entwickelt.

Selbst der Bau eines weiteren Fluggastterminals war 2018 noch begonnen worden. Nun jedoch, mitten in der Corona-Pandemie, rückt die Regierung offenbar von ihrer Entscheidung ab, den Bau ihres Regierungsterminals längerfristig zu vertagen.

Grüne kritisieren die Pläne der Bundesregierung

„Der Regierungsflughafen am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist in Planung“, teilte das Bundesverkehrsministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion mit. „Derzeit erfolgt eine Anpassung an die aktualisierten Bauvorschriften sowie den aktuellen Raumbedarf.“

In dem Dokument, das dem Handelsblatt vorliegt, geht die Regierung davon aus, dass der Bau in etwa fünf Jahren fertiggestellt werden kann. Voraussetzung sei, dass die FBB das Baugrundstück zur Errichtung des Terminals und der dazugehörigen Flugbetriebsflächen bereitstelle. Die FBB erklärte auf Nachfrage, „nach vorbereitenden Maßnahmen dem Bund die Fläche Ende 2021 für die Hauptbaumaßnahme“, also für den Neubau eines Regierungsterminals westlich des Terminal 5, zu übergeben.

Der FDP-Haushaltpolitiker Christoph Meyer äußerte sich „verblüfft“ über die Aussagen aus dem Ministerium. Zugleich verlangte er Aufklärung darüber, warum der Baustopp nun offenbar aufgehoben worden sei.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, lehnte die Pläne ab. „Die Bundesregierung sollte sparsam mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger umgehen und nicht schon in das nächste Abenteuer Geld pumpen“, sagte der Grünen-Politiker dem Handelsblatt.

Die Bundesregierung habe beim BER bereits genügend Milliarden verpulvert. „Eigentlich hatte die Bundesregierung Ende 2019 einen Baustopp für das neue Terminal verhängt“, sagte Kindler weiter. Die 180-Grad-Wende von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) „ist völlig unverständlich“.

BER-Aufsichtsratschef: Lage ist sehr ernst

Es sei völlig unklar, wann und ob überhaupt das Fluggastaufkommen das Niveau vor Corona erreiche. Die Pandemie, so Kindler, werde über Jahre hinweg den internationalen Flugverkehr einschränken. Auch die Bundesregierung habe inzwischen gemerkt, dass sie nicht so viel fliegen müsse und sich viele Termine per Videokonferenz durchführen ließen – das sei auch klimaschonender. Für den Bau eines neuen Regierungsterminals von mehr als 340 Millionen Euro bestehe keine Notwendigkeit.

Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht dagegen ein neues Regierungsterminal als eine notwendige Investition. „Denn der behelfsmäßige Interimsbau erfüllt sicherlich nicht alle Anforderungen und dürfte auch nicht ewig halten“, sagte Röhl dem Handelsblatt. Bei einer geplanten Fertigstellung in fünf Jahren sei ja davon auszugehen, dass es tatsächlich sechs bis acht Jahre sein werden, die der Behelfsbau genutzt werden müsse.

Die zusätzlichen Kosten sieht der IW-Experte nicht als Problem. „Die angespannte Finanzlage der Flughafengesellschaft spielt für das vom Bund benötigte und direkt zu finanzierende Regierungsterminal keine Rolle“, sagte Röhl.

Mit der Eröffnung des gesamten Flughafens an diesem Samstag wird der BER als Deutschlands drittgrößter Flughafen – nach Frankfurt und München – in Betrieb genommen. Sechs Eröffnungstermine sind in diesem Zeitraum geplatzt, die Kosten sind auf mehr als sechs Milliarden Euro gestiegen – drei Mal so viel wie ursprünglich geplant.

Angesichts eingebrochener Fluggastzahlen in der Coronakrise und hoher Kosten für den Bau des neuen Hauptstadtflughafens steckt die Flughafengesellschaft FBB in einer finanziellen Krise. „Die Lage ist sehr ernst“, sagte der Aufsichtsratschef der FBB, Rainer Bretschneider, im RBB-Inforadio.

„Die Finanzlage und das Eigenkapital insbesondere sind nicht so, dass wir zukunftsorientiert aufgestellt sind.“ Man stehe deshalb im kontinuierlichen Austausch mit den Gesellschaftern und habe bereits um finanzielle Unterstützung für das Jahr 2021 gebeten.

Der Bund und die beiden beteiligten Länder Berlin und Brandenburg unterstützen das Unternehmen in diesem Jahr bereits mit 300 Millionen Euro. Für kommendes Jahr ist ein Darlehen von rund 550 Millionen Euro zugesagt.

Regierungshubschrauber bleiben vorerst in Tegel

Anders als für den bisherigen Ost-Flughafen Schönefeld, der unmittelbar an den BER grenzt und als Terminal 5 auch in Zukunft genutzt wird, endet Anfang November am alten Westberliner Flughafen Tegel der zivile Luftverkehr. Nur ein Stück des militärischen Teils wird nicht ganz dichtgemacht: Nach Angaben der Bundesregierung sollen dort die Hubschrauber der Bundeswehr-Flugbereitschaft noch mehrere Jahre stationiert bleiben.

Grund ist, wie es in der Regierungsantwort heißt, dass die für eine Verlegung nach Schönefeld notwendige Infrastruktur erst nach Übergabe des Baugrundstücks hergestellt werden könne. Dies werde aufgrund der „umfangreichen Baufeldfreimachung sowie der komplexen Infrastruktur für Flugbetriebsflächen und Gebäude voraussichtlich sieben Jahre erfordern“.

Für die Planungen der Tegel Projekt GmbH, die die Nachnutzung des Flughafens entwickelt, ist das kein Problem. Dieser Bauabschnitt werde voraussichtlich erst ab 2030 in Anspruch genommen, heißt es auf Nachfrage. In Tegel entsteht ein Forschungs- und Industriepark für urbane Technologien. Die Pläne sind weit fortgeschritten.

Der Weiterbetrieb der Liegenschaft in Tegel kostet nach einer Antwort des Verteidigungsministeriums von Mai auf eine parlamentarische Anfrage etwa fünf Millionen Euro im Jahr, was in der Opposition bereits für Kritik gesorgt hat. Im vergangenen Jahr gab es lediglich 67 Einsätze der Hubschrauber.

Auch die 19 Flugzeuge der Bundeswehr für den Personentransport werden noch nicht fest in Schönefeld stationiert. Ihr Heimatflughafen bleibt zunächst Köln/Bonn, was ebenfalls Kosten für den Hin- und Rückflug nach Berlin zu Einsätzen bedeutet.