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Trotz Corona: Startup-Wachstum in einem „noch die dagewesenen Tempo“

Die Pandemie hat auch Startups getroffen, jedoch nicht so stark wie befürchtet.
Die Pandemie hat auch Startups getroffen, jedoch nicht so stark wie befürchtet.

Auf den Mittelstand hält man in Deutschland große Stücke. Was genau darunter zu verstehen ist, darüber gehen die Meinungen zwar auseinander. Aber weitgehende Einigkeit besteht darin, dass die Millionen von Unternehmen, die irgendwo zwischen lokalem Handwerksbetrieb und Großkonzern rangieren, Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität des Landes zuverlässig sichern. Neue Studien zeigen: Die Chancen stehen gut, dass das auch in Zukunft so bleibt. Das Gründungsgeschehen ist ausgesprochen rege, und viele Gründer sind erfolgreich.

So hat die Unternehmensberatung McKinsey die 1000 erfolgreichsten europäischen Startups mit Gründungsdatum nach der Jahrtausendwende analysiert. Ein Ergebnis: Mit genau 149 dieser Neugründungen liegt Deutschland auf dem zweiten Platz, wenn auch mit Abstand zu Großbritannien (319) und fast gleichauf mit dem bevölkerungsärmeren Frankreich (143). Die deutschen Jungunternehmen aus der Top-Gruppe sind nach der Studie mit durchschnittlich 743 Mitarbeitern gegenüber 488 im europäischen Mittel vergleichsweise große Arbeitgeber. Ihr Unternehmenswert überschreitet mit 1,14 Milliarden Euro den europäischen Durchschnitt um 28 Prozent. Und bei Investoren haben sie mit 223 Millionen Euro gegenüber 164 Millionen im Europa-Vergleich relativ viel Kapital eingesammelt.

„Startups müssen viel stärker als die Zukunft des Rückgrats der deutschen Wirtschaft gesehen werden – und das ist der deutsche Mittelstand“, sagte Tobias Henz vom Münchener McKinsey-Büro. Nicht jedes Startup müsse dabei unbedingt zu einem milliardenschweren Tech-Konzern heranwachsen. Doch die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich hauptsächlich auf extrem erfolgreiche Starter wie Biontech oder Delivery Hero. „Nischen zu besetzen, wie es viele mittelständisch geprägte Unternehmen tun, kann ein richtiger Ansatz sein“, unterstrich Henz dagegen. Solche „heimlichen Champions“ – oft Familienunternehmen mit Sitz in der Provinz, die die Weltmarktführung in Marktnischen behaupten – gelten traditionell als deutsche Spezialität. Die Palette reicht von Firmen wie dem Bochumer Tunnelmaschinen-Hersteller Herrenknecht oder dem Prothetik-Spezialisten Ottobock aus Duderstadt bis zum Schließtechnik-Experten Abus aus Wetter an der Ruhr und dem Softwarehaus Teamviewer in Göppingen.

Coronamaßnahmen haben das Startup-Wachstum positiv beeinflusst

Selbst die jüngste Corona-Krise hat das Gründungsgeschehen in Deutschland nicht ausgebremst. Nach einer am Donnerstag vorgelegten gemeinsamen Untersuchung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und des ZEW-Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung sind im vergangenen Jahr mit annähernd 165.000 Unternehmen etwa so viele wie im Vorjahr neu an den Start gegangen. Das sind rund 9000 mehr als durch Geschäftsaufgabe oder Insolvenz aufhören mussten. Ein Grund für die positive Bilanz sei, dass der Staat die Krise kräftig abgefedert habe. „Die ausgezahlten Wirtschaftshilfen, die erweiterte Kurzarbeiter-Regelung sowie die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Zahl der Gründungen 2020 nicht eingebrochen ist“, erläuterte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform.

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Ohne die Pandemie wäre der Gründungseifer allerdings wohl noch heftiger ausgefallen. Im Frühjahr 2020, während des ersten Lockdowns, seien die Zahlen bei den Firmenstarts eingebrochen, sagte Sandra Gottschalk, Wissenschaftlerin am ZEW und Autorin der Untersuchung. In den besonders von den Restriktionen gebeutelten Sparten wie den konsumnahen Dienstleistungen, darunter Gastwirte, Frisöre oder Künstler, wagten sich deutlich weniger Mutige neu auf die wirtschaftliche Bühne. Auch bei Bauunternehmen und -handwerkern sank die Zahl der Neugründungen mit minus 13 Prozent deutlich – allerdings aus gegenteiligem Grund. Der Boom am Bau habe für so hohe Beschäftigungsraten gesorgt, dass es kaum zu den sonst üblichen Verlegenheitsgründungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit gekommen sei, vermutet das ZEW.

Der Verlauf in den schwächeren Bereichen wurde jedoch durch eine Gründungswelle im E-Commerce, im Bereich Information und Kommunikation sowie im Segment Chemie und Pharma weitgehend ausgeglichen. Im Internet-Handel verzeichnet die Statistik 3100 neue Einträge, ein Plus von einem Viertel gegenüber dem Vorjahr. Unter anderem dürften sich etliche klassische Einzelhändler mit Läden in den Fußgängerzonen in die Schar der Online-Verkäufer eingereiht haben – der Sog ins Netz ist für die meisten unausweichlich.

„Der Wachstumstrend der Branche ist ungebrochen“

Im ersten Halbjahr 2021 wuchs der Internet-Handel in Deutschland weiter um 23,2 Prozent gegenüber der gleichen Vorjahreszeit. „Obwohl die Restriktionen im stationären Handel gelockert wurden und wieder mehr Menschen in die Geschäfte gehen, ist der Wachstumstrend der Branche damit ungebrochen“, kommentierte der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel. Vom Online-Handel zeigen sich Gründer in Deutschland schon länger fasziniert. Nach der Studie von McKinsey ist mit 28 Prozent mehr als jede vierte Neugründung unter den Top 1000 seit der Jahrtausendwende dem digitalen Kommerz zuzuordnen.

Für den Erfolg von Unternehmensgründern gibt es nach der Analyse generell zwar kein Patentrezept. Gemeinsam sei der Startup-Elite jedoch die Konzentration auf eine von vier unterschiedlichen Strategien. Eine Möglichkeit bestehe in dem Versuch, möglichst schnell ein riesiges Kunden-Netzwerk aufzubauen und sich als Dienstleister – gefühlt – unentbehrlich zu machen, wie es etwa dem Essenslieferdienst Delivery Hero gelungen sei. Eine zweite Option ist danach das Zielen auf eine kritische Größe, um Kosten zu senken und sich als Online-Plattform zu etablieren, wie es Zalando bei Mode geschafft hat. Eine dritte Gruppe erfolgreicher Gründer gebe erst einmal der Entwicklung herausragender Produkte den Vorrang, um später die Früchte der Mühen einzufahren, wie es viele Fintechs vormachen.

Startups mit Wurzeln in Universitäten wiederum setzten häufig darauf, mit einem großen technologischen Vorsprung den Durchbruch zu schaffen. Lilium, ein Anbieter von Lufttaxis mit Elektroantrieb, falle in diese Kategorie. Im Vergleich zu den USA oder China gilt Europa mit seinen kleinteiligen Strukturen und vergleichsweise beschränktem Zugang zu Risikokapital generell als schwieriges Feld für Unternehmensgründer. Als Maßstab für diese These wird gern die Zahl der „Unicorns“ herangezogen, also der Firmen mit einem Unternehmenswert von einer Milliarde Dollar oder mehr. Mit Abstand und mehr als 80 Milliarden Euro (93,7 Milliarden Dollar) Wert liegt derzeit in Europa der Impfstoff-Hersteller Biontech vorn.

Da Europa nur etwa 15 Prozent der weltweiten Einhörner hervorbringt, wird die Innovationskraft des Kontinents häufig kleingeredet, aber das Wachstum beschleunigt sich in einem noch nie dagewesenen Tempo“, sagte Karel Dörner, Senior Partner von McKinsey. Europa verfüge inzwischen über mehr als tausend Neugründungen mit einer Bewertung von jeweils über 100 Millionen Euro. Zusammen haben die 1000 größten Euro-Startups nach der Studie gut 140 Milliarden Euro an Investorengeldern eingesammelt und beschäftigen annähernd eine halbe Million Mitarbeiter.