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Zeitenwende bei Henkel – Marge wird erstmals seit 2009 schrumpfen

Nach einem Jahrzehnt wird die Marge 2019 sinken. Offenbar haben es Konzernchef Van Bylen und sein Vorgänger Rorsted mit dem Sparen übertrieben.

Der Dax-Konzern Henkel kannte seit einer Dekade nur eine Richtung: aufwärts. Jahr für Jahr wirtschaftete der Konzern effizienter, mit jedem Geschäftsbericht blieb etwas mehr vom Umsatz als Gewinn übrig. Doch am Montag musste Konzernchef Hans Van Bylen eingestehen: So positiv geht es nicht weiter.

Für 2019 erwartet er erstmals wieder eine sinkende Rendite. Analysten werten das als Eingeständnis, dass der Persil-Hersteller zuletzt zu stark gespart hat, um seine Börsenstory aufrechtzuerhalten. Die größte Gewinnwarnung in der jüngeren Henkel-Geschichte ließ die Aktie am Montag deutlich um mehr als zehn Prozent einbrechen.

Der Traditionskonzern teilt sich in zwei Teile: Klebstoffe vor allem für die Industrie bringen die Hälfte des Umsatzes, der Rest verteilt sich zu etwa gleichen Teilen auf das Konsumentengeschäft mit Reinigungsmitteln und Kosmetik. 300 Millionen Euro zusätzlich will Van Bylen im jungen Jahr ausgeben – vor allem um Drogeriemarken von Spee bis Schauma zu stärken. Zuletzt nämlich blieb der operative Umsatz hinter den Erwartungen zurück.

Vor allem die Kosmetik um die Haarpflegemarke Schwarzkopf schwächelt. Als Folge wird der Gewinn je Aktie 2019 um bis zu zwölf Prozent geringer ausfallen als bislang von den Analysten erwartet.

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Dazu kommt ein symbolträchtiger Rückschlag: Henkels Umsatz ist 2018 wieder unter die Marke von 20 Milliarden Euro gesunken. Der Rückgang um etwa 100 Millionen Euro auf 19,9 Milliarden Euro liegt auch an der Schwäche des US-Dollars. Henkel hatte zuletzt vor allem in den USA zugekauft.

Nachschlag für die Aktionäre

Van Bylen schwächt die Klatsche für die Anleger ab, indem er die Ausschüttungsquote ab 2019 erhöhen will. Das heißt: Künftig sollen von jedem Euro Gewinn bis zu 40 Cent als Dividende an die Eigentümer fließen. Bislang waren es nur bis zu 35 Cent. Henkel hat einen zuverlässigen Ankeraktionär: Die Nachfahren des 1930 verstorbenen Gründers Fritz Henkel haben mit fast 60 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien das Sagen.

Die rund 120 Familienmitglieder haben sich in einem Vertrag verpflichtet, mindestens bis 2033 an Bord zu bleiben. Für einige der Familienmitglieder sind verlässliche Dividenden auf ihr ererbtes Aktienkapital die wichtigste Einkommensquelle.

Mit der höheren Ausschüttung bleibt allerdings künftig weniger Geld in der Firmenkasse, etwa für Zukäufe. Anleger sollten nicht darauf spekulieren, dass Henkel wie in den vergangenen Jahren weiter Milliardenbeträge für Akquisitionen ausgibt, warnen die Analysten der Bank UBS.

Positiv werten die Beobachter, dass Van Bylen mit zusätzlichen Investitionen auf Kritik reagiert. „Nachdem das Management mehrere Jahre geleugnet hat, dass Henkel endlich mehr ausgeben muss, akzeptiert es nun das Problem und unternimmt erste Schritte“, kommentieren die UBS-Experten. „Wir sehen das tatsächlich als sehr positive Entwicklung. Es bleibt aber abzuwarten, ob dies die gewünschten Resultate bringt.“

Allerdings ist das Lob vergiftet: Henkel gebe zwar 300 Millionen Euro mehr aus, rechne aber trotzdem inflationsbereinigt im Grunde mit Stillstand in den kommenden Jahren, ätzen die Analysten. Ein höheres Tempo stellte Van Bylen am Montag nämlich nicht in Aussicht. Dabei ist sein Konzern beim Wachstum – abgesehen von Zukäufen – hinter Konkurrenten wie Beiersdorf zurückgefallen. Der Nivea-Hersteller legte 2018 fast doppelt so stark zu wie die Düsseldorfer.

Die Kosmetiksparte ist seit Längerem der Sorgenfall des Henkel-Konzerns. Sie ist mit rund vier Milliarden Euro Umsatz der kleinste der drei Geschäftsbereiche. Der letzte Knaller der Sparte, die Lancierung der Shampoomarke Syoss, liegt inzwischen ein Jahrzehnt zurück. Operativ schrumpfte die Sparte 2018 sogar – um 0,7 Prozent. Jetzt soll der Auftritt der Haarpflegemarken komplett überarbeitet werden.

Die Probleme bei Schwarzkopf treffen Van Bylen besonders hart. Schließlich hatte er die Kosmetik elf Jahre lang geleitet, bevor er vor gut zweieinhalb Jahren an die Vorstandsspitze rückte. Auch ein Personalwechsel half nicht: Van Bylens direkter Nachfolger als Spartenchef, Pascal Houdayer, musste bereits 2017 abtreten. Seitdem soll Jens-Martin Schwärzler das Schönheitsgeschäft wieder auf Touren bringen.

Immer wieder forderten Analysten, die Kosmetik zu verkaufen oder sich wenigstens aus dem preisaggressiven Massenmarkt zurückzuziehen und auf die Friseursalons zu beschränken. Doch Van Bylen hält mit der aktuellen Entscheidung weiter daran fest. Er kündigte neben dem neuen Erscheinungsbild eine Reihe kleinerer Innovationen an – etwa neue Rezepturen für Schauma.

Bei den Wasch- und Reinigungsmitteln bekommt Persil im ewigen Wettstreit mit den Konkurrenten P & G und Unilever neue Produkte spendiert – ein eher alltäglicher Vorgang. Bedeutender ist die Ankündigung, auch bei den zugekauften US-Waschmitteln Marken zu überarbeiten. In dem Land hatte es bei der Integration bereits vor einem Jahr Probleme bei der Logistik gegeben. Offenbar sind die Marken nicht ganz so stark wie erhofft.

Am besten läuft das kapital- und forschungsintensive Geschäft mit Industrieklebstoffen, bei denen sich Henkel als Weltmarktführer sieht. Van Bylen hatte hier bereits seine zusätzliche Bereitschaft für Investitionen gezeigt.

So stellte er im September das neue globale Innovationszentrum für die Klebstoffsparte in Düsseldorf vor. Mit 130 Millionen Euro stärkte er so seine profitabelste und größte Sparte. „Es geht darum, dass sich die Forscher stärker miteinander vernetzen“, begründete Jan-Dirk Auris, im Vorstand für die Klebstoffsparte verantwortlich, damals die Großinvestition.

Schwache Prognose

Doch das reicht nicht aus, um das Tempo deutlich zu beschleunigen: An diesem Montag kündigte Van Bylen an, dass die Anleger auch in den kommenden Jahren mit einem geringeren Wachstum rechnen müssen als in den vergangenen Jahren. Das organische Wachstum aus eigener Kraft soll sich bei zwei bis vier Prozent einpendeln. Dieses Ziel hatte Van Bylen bereits 2016 in seiner „Strategie 2020+“ ausgerufen.

Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll nunmehr jährlich „im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich“ wachsen – ohne die Berücksichtigung von Währungseffekten. Damit weicht er die bisherige Mittelfristprognose von sieben bis neun Prozent Wachstum auf, die bislang auch bei Währungsturbulenzen gehalten werden sollte. Schon im abgelaufenen Jahr hat der Konzern dieses Ziel mit nur 2,7 Prozent plus klar verfehlt; bereinigt um Wechselkursschwankungen waren es sieben Prozent.

Im abgelaufenen Jahr konnte Henkel seine operative Marge noch ein vorerst letztes Mal erhöhen. Die Kennzahl stieg um 0,3 Prozentpunkte auf 17,6 Prozent. Die operative Marge ist für Henkel spätestens seit dem Amtsantritt von Van Bylens Vorgänger Kasper Rorsted im Jahr 2008 symbolträchtig. Der heutige Adidas-Chef rief damals die Strategie aus, bei dieser Kennzahl zu den großen Konkurrenten wie P & G und Unilever sowie 3M aufzuschließen und so den Börsenwert deutlich zu steigern. S

ein Ziel erreichte er, indem er das Marketing effizienter machte und die Vielzahl der Marken deutlich reduzierte. Allerdings konnte er kurz vor seinem Wechsel zu Adidas vor gut zwei Jahren die eigenen Wachstumsziele nicht erfüllen. Schon damals deutete sich an, dass die Effizienz zulasten des Wachstums gehen könnte. Immerhin: Von 2009 bis heute hat sich die Rendite fast verdoppelt, der Umsatz stieg fast um ein Drittel.

Fortschreiben lässt sich der Erfolg nicht ohne Weiteres. Die Mitteilung vom Montag lasse große Probleme erkennen, warnen die Analysten von der RBS. Die Jefferies-Experten schreiben, der Vorgang erhöhe nicht gerade das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Managements.

Van Bylen wird sich neue Zuversicht der Anleger in die Düsseldorfer Konzernzentrale hart erarbeiten müssen.