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Warum der Transporeon-Gründer Uber als Kunde sieht – und nicht als Konkurrent

Vor 20 Jahren hatte Marc-Oliver Simon mit Freunden die Idee für eine Transportplattform im Internet und wurde Marktführer. Mit neuem Investor sind die Ziele hoch.

Es gibt sie doch in Deutschland, Gründer, die keine Angst vor Internetgiganten haben. Unternehmen, denen es gelungen ist, Internetplattformen aufzubauen und sich zwischen Lieferanten und Kunden zu schieben. Im Falle der Logistik heißt das zwischen die Industrie als Auftraggeber und die Spediteure und Transporteure. „Das geht nur, wenn alle davon einen Nutzen haben“, sagt Marc-Oliver Simon.

Und es geht nur mit Ausdauer. Vor 20 Jahren beginnt seine Start-up-Geschichte. Zusammen mit drei Studienfreunden hatte er eine Geschäftsidee. Im Jahr 2000 gründeten die vier mit einem Kredit der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg die Firma Transporeon. Die Online-Logistikplattform entpuppte sich als lukratives Geschäftsmodell.

Dabei war das nur eine von mehreren Ideen. Zunächst hatten die Freunde an eine Vermittlungsplattform für Ferienwohnungen gedacht. „Wir waren dabei nicht radikal genug“, erinnert sich Simon. Denn die Internetbegeisterten hatten nur die Vermieter von Ferienwohnungen im Blick und keine Privatleute, die ihre Wohnung ins Netz stellen, so wie Jahre später die erfolgreichen Airbnb-Gründer.

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Diesen Jackpot hat der 45-Jährige verpasst, aber er nimmt es heute locker. Denn auch seine Idee einer Kommunikationsplattform für das Transportgewerbe funktionierte. Steigende Spritpreise, die Lkw-Maut sowie der Wettbewerbsdruck zwingen Transporteure sowie ihre Auftraggeber dazu, alle Abläufe straff zu organisieren.

Für die Speditionen besteht der Vorteil darin, dass sie ein größeres Ladungsangebot einsehen können und so ihre Fahrten besser planen und teure Leerfahrten verringern können. Weitere Module ermöglichen unter anderem die automatisierte Frachtvergabe, die Verkürzung von Stand- und Ladezeiten bei den Industriekunden und die Sendungsverfolgung der Ladungen. Mit den Plattformen können Unternehmen auch Aufgaben wie Fracht-Benchmarking, Ausschreibungen und Zeitfensterbuchungen erledigen.

Europäischer Marktführer mit den cloudbasierten Transportlogistik-Plattformen

Die Software automatisiert den kompletten Informationsfluss zwischen Frachtführern und Auftraggebern, die einen Transporteur benötigen. Das spart auf allen Seiten Zeit, Personal und damit Geld. Der Bundesvereinigung Logistik (BVL) zufolge machen Logistikkosten im produzierenden Gewerbe und im Handel in Deutschland bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten aus. Ein Milliardenmarkt allein in Deutschland.

Natürlich hatten auch andere Gründer ähnliche Ideen. Dass die Software der Ulmer damals innerhalb kürzester Zeit marktfähig wurde, liegt vor allem am ersten Schlüsselkunden Creaton. Die vier Freunde präsentierten ihr Konzept dem Baustoffhersteller, der selbst die Vereinfachung seiner Distributionsprozesse plante.

Transporeon erhielt den Auftrag für das Pilotprojekt, und der Markteinstieg mit einem renommierten Kunden gelang. Die Zeit- und Geldersparnis sprach sich in der Branche herum: Schon nach drei Jahren schrieb Transporeon schwarze Zahlen.

Heute ist die Firma europäischer Marktführer mit den cloudbasierten Transportlogistik-Plattformen. Sie betreibt über die Cloud das weltweit größte Kooperationsnetzwerk seiner Art – mit mehr als 1200 Handels- und Industrieunternehmen sowie mehr als 90.000 Transportdienstleistern und Speditionen in über 100 Ländern. Transporeon setzte im vergangenen Jahr 90 Millionen Euro um. Das entspricht einer Verdopplung innerhalb von fünf Jahren.

Und Simon hat weitere Ambitionen. In fünf Jahren soll die Grenze von 200 Millionen Euro fallen. Das zweistellige Wachstum soll weitergehen, auch wenn die Konjunktur abebbt. Es gebe auch in einem schrumpfenden Markt immer noch Wachstumschancen. Denn 90 Prozent der Transporte würden noch analog am Telefon mit Papier und Fax wie vor 30 Jahren abgewickelt. „In Flautezeiten wächst der Kostendruck“, hofft Simon.

Schon jetzt platzen die Büroräume in einem Ulmer Gewerbegebiet aus allen Nähten. Transporeon hat inzwischen 700 Beschäftigte und sieht sich als Marktführer gegenüber Konkurrenten wie Timocon oder Cargonexx. Auch dass der kapitalkräftige Gigant Uber mit seiner Transportfrachten-Börse nach Deutschland kommt, macht Simon nicht nervös. „Wir sehen ,Uber Freight‘ eher als Kunden denn als Konkurrenten“, betont Simon.

Wechsel in den Aufsichtsrat

Der über Jahre gewachsene Kundenstamm gibt Sicherheit. „Wir waren der zweite Kunde im Jahr 2000. Transporeon hat sich immer weiterentwickelt und baut die digitale Welt um die Bedürfnisse der Kunden und das in 19 Sprachen“, sagt Kurt Münk, als Frachtchef beim Baustoffgiganten Knauf für die Logistik von 38 Werken zuständig. Das Unternehmen sei nicht so leicht zu verdrängen.

Seit Anfang dieses Jahres hat Transporeon mit HG Capital einen starken Softwareinvestor an der Seite, der seit etwa 15 Jahren in Deutschland präsent ist und für institutionelle Investoren rund zehn Milliarden Euro in Beteiligungen investiert hat. Damit wechselt das Unternehmen bereits zum zweiten Mal in kurzer Zeit den Hauptgesellschafter. TPG Capital war nach drei Jahren ausgestiegen und hat die Umsatzverdopplung bei Transporeon genutzt, seine Anteile zu versilbern.

Den ursprünglichen Transporeon- Gründern gehören nur noch weniger als 25 Prozent der Anteile. Bei HG sieht man in der Logistikplattform „erhebliches weiteres organisches Wachstumspotenzial“. Transporeon spiele eine führende Rolle bei der Digitalisierung der Transportlogistik, begründet das Private-Equity-Haus den Einstieg.

Simon will mit den großen Datenmengen und mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Predictive Analytics neue Geschäfte erschließen. „Wir arbeiten daran, dass Transportströme und -kosten für unsere Partner vorhersagbar werden“, berichtet er. Und er weiß auch, dass das der richtige Zeitpunkt ist, sich fürs operative Geschäft einen neuen Kopf zu suchen.

Gefunden hat er den ehemaligen SAP-Manager Stephan Sieber. Der 44-jährige Schweizer übernimmt jetzt den CEO-Posten. Simon und der einzige neben ihm verbliebene Co-Gründer Martin Mack wollen sich als „aktive Aufsichtsräte“ auf die strategischen Weichenstellungen konzentrieren.

„Wenn Transporeon keine strategischen Fehler macht, wird das Unternehmen im Markt vorn bleiben“, ist Knauf-Manager Münk sicher und gibt ein kleines Warnsignal an die Investoren: „Logistiklösungen brauchen langfristiges Denken. Ein Börsengang mit Quartalsberichterstattung einer AG wären da nicht hilfreich.“