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Tom Tailor: Erst Image-, jetzt Coronakrise

Mit Hilfe einer Staatsbürgschaft soll Tom Tailor die Krise überstehen. Doch Kunden sind seit Jahren immer weniger überzeugt von der Marke.

 Foto: dpa
Foto: dpa

Vor sieben Jahren schrieben wir in dieser Kolumne: „Tom Tailor wird von Verbrauchern insgesamt sehr positiv bewertet.“ Inzwischen ist aus dem expandierenden Unternehmen ein schrumpfendes geworden. Jetzt musste es mit einer Staatsbürgschaft über die Coronakrise gerettet werden. Wie Verbraucher die Modekette heute einschätzen und woran Tom Tailor arbeiten muss, um gestärkt aus der Krise zu kommen, zeigen YouGov-Daten.

Als wir uns dem Hamburger Modehaus an dieser Stelle zuletzt ausführlich gewidmet haben hatte es gerade kräftig in viele neue Filialen investiert. Vielleicht zu viele, denn 2016 machte Tom Tailor mehrere Hundert Standorte wieder dicht. Unser Markenmonitor BrandIndex zeigt deutlich, wie sich das Image der Marke gewandelt hat. Auf unserer Skala von -100 bis +100 Punkten erreicht Tom Tailor noch +27 Punkte für das Gesamtimage. Dieses errechnet sich aus täglichen, repräsentativen Umfragen unter erwachsenen Deutschen, die darin Marken in mehreren Einzeldimensionen bewerteten. Eine der wichtigsten Dimensionen, wenn es ums Umsatzmachen geht: das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier erreicht Tom Tailor nur noch +9 Punkte. Immerhin hat sich die Marke aber von einem Tiefpunkt im vergangenen Sommer wieder erholt.

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Kein klares Profil

Der maue Wert scheint weniger an den Preisen und eher an der Leistung zu liegen. 72 Prozent der Tom-Tailor-Kunden sagen, sie seien gerne bereit, für hochwertige Produkte mehr zu zahlen. Nur gelten Tom-Tailor-Produkte in den Augen der Verbraucher nicht als besonders hochwertig.

Unserem Zielgruppen-Segmentierungs-Tool YouGov Profiles zufolge sympathisieren 84 Prozent der Kundschaft von Tom Tailor mit kleineren Filial-Geschäften, die von großen Online-Versendern verdrängt werden. Das ist einerseits tröstlich für die Modekette, zeigt andererseits aber auch, dass die Kundschaft eher altmodisch ist. Ein klares Kundenprofil fehlt. Unser Zielgruppentool offenbart, dass Männer eher unter den Tom-Tailor-Kunden zu finden sind und die 35 bis 54-jährigen sich eher angesprochen fühlen. Unter-25-Jährige und über-55-Jährige sind dagegen deutlich unterrepräsentiert.

Die Übernahme von Bonita war rückblickend in Bezug auf die Abdeckung aller Zielgruppen eine richtige Entscheidung zur Diversifizierung des Kundenpotenzials. Bonita spricht ältere Frauen an. 62 Prozent der Kundschaft sind laut YouGov Profiles 55 oder älter. Im BrandIndex messen wir jedoch eine im Vergleich zu Tom Tailor und weiteren deutschen traditionellen Modehändlern noch einmal deutlich geringere Zufriedenheit mit der Marke. Dies manifestiert sich auch in einer sehr niedrigen Weiterempfehlungsbereitschaft. Dass Bonita anders als das Mutterhaus nicht mit Staatsgeldern gestützt wird, verschärft die Engpässe der letzten Wochen ohne Umsatz zusätzlich. Es könnte Tom Tailor in der Folge in ein Insolvenzverfahren ziehen und die Modemarke belasten.

Wenig Überschneidung

In Bezug auf die Kundschaft ist es den beiden Ketten in den letzten gemeinsamen Jahren nicht gelungen, Synergien aufzubauen. Die Überschneidung des Kundenstamms ist praktisch nicht vorhanden. Nur für acht Prozent der Tom-Tailor-Kunden kommt es infrage, bei Bonita vorbeizuschauen. Umgekehrt würden immerhin 22 Prozent der Bonita-Kunden auch Tom Tailor in Betracht ziehen. Aber viel häufiger geben sie an, dass sie sich einen Einkauf bei C & A (35 Prozent), Peek & Cloppenburg (32 Prozent), Jack Wolfskin oder Tamaris (je 28 Prozent) und vielen anderen Marken vorstellen können.

Bei Tom-Tailor-Kunden wiederum stehen S.Oliver, Esprit und Tommy Hilfiger hoch im Kurs. Diese Marken sind in der Kundschaft von Tom Tailor deutlich häufiger im Relevant Set als in der Gesamtbevölkerung. Das ist insbesondere in Bezug auf Tommy Hilfiger interessant, ist, laut Christiane Beyerhaus, Professorin für Global Brand & Fashion Management an der International School of Management, Tom Tailor doch 1979 angetreten, um das deutsche Tommy Hilfiger zu werden.

Die Coronakrise hat beiden Modemarken schwer zugesetzt. Doch es gibt zumindest eine kleine Hoffnung, dass sie schneller wieder aus der Krise kommen als andere Unternehmen. Denn insbesondere die Tom-Tailor-Kunden geben deutlich häufiger als der Durchschnitt der Deutschen an, dass sich ich Beschäftigungsstatus durch die Krise nicht geändert hat. Ihre Wirtschaftskraft dürfte also konstant geblieben sein. Auch deshalb besteht Hoffnung, dass Tom Tailor dank der 100-Millionen-Euro-Staatsbürgschaft tatsächlich überleben wird.

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