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Der Thyssen-Krupp-Chef braucht mehr Zeit

Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger will nach Gewinneinbußen durch die Stahlsparte den Umbau des Konzerns vorantreiben. „Die großen Schwankungen auf den Werkstoffmärkten zeigen, dass wir die Transformation zu einem starken Industriekonzern fortsetzen müssen“, sagte der Manager am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz für das Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende September).

Das schwächelnde Stahlgeschäft, aber auch Einbußen im Anlagenbau führten dazu, dass der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um zwölf Prozent auf 1,47 Milliarden Euro schrumpfte. Im neuen Jahr soll er auf 1,7 Milliarden Euro klettern. Hier hatten Analysten dem Konzern bislang mehr zugetraut. Das galt auch für die Dividende, die für das vergangene Jahr unverändert bei 15 Cent je Aktie liegen soll.

Analysten hatten im Schnitt mit einer Ausschüttung von 18 Cent je Anteilsschein gerechnet und den operativen Gewinn im neuen Jahr auf fast 1,9 Milliarden Euro taxiert. Hiesinger bekräftigte, dass er auf Dauer sogar zwei Milliarden Euro anpeilt, nannte dafür aber erneut keinen Zeitraum.

Der 56-Jährige hatte Anfang 2011 das Ruder bei dem Traditionskonzern übernommen. Der ehemalige Siemens-Manager versucht seitdem, weniger auf das Stahlgeschäft auszurichten, sondern auf die Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Autoteilen, Anlagen oder U-Boote. „Wir wollen den Anteil der Industriegüter- und Dienstleistungsgeschäfte ausbauen und profitabel wachsen“, kündigte Hiesinger nun an. Vor allem die Aufzugsparte konnte ihr operatives Ergebnis erneut steigern und stellt mit 860 Millionen Euro mehr als die Hälfte des gesamten Konzerngewinns. Der Anlagenbau musste ebenso Einbußen hinnehmen wie das europäische Stahlgeschäft.

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Der Gewinn von Steel Europe fiel um gut ein Drittel auf 315 Millionen Euro. Der Schwerindustrie um Weltmarktführer Arcelor-Mittal machen seit Jahren Billigimporte aus China, Preisdruck, Überkapazitäten und immer schärfere Klimaschutzauflagen zu schaffen. Thyssen-Krupp lotet deswegen seit Monaten eine Fusion der Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata Steel aus – bislang ohne Ergebnis.

Unter dem Strich verdiente Thyssen-Krupp im abgelaufenen Geschäftsjahr nach Anteilen Dritter 296 Millionen Euro. Das waren 13 Millionen weniger als vor Jahresfrist. Analysten hatten auch hier mehr erwartet.

Tatsächlich aber hängt das Wohl und Wehe des Essener Traditionskonzerns immer noch von der Entwicklung der Stahlmärkte ab. Die Börse sieht das genauso. Wie sehr Thyssen-Krupp zum Leidwesen Hiesingers immer noch als Stahlkonzern empfunden wird, hat sich in den vergangenen Tagen gezeigt. Der Aktienkurs des Ruhrkonzerns gehörte zeitweise zu den größten Gewinnern im Dax. Die Anleger hoffen bei Stahlwerten auf bessere Zeiten. Auslöser waren Berichte, dass Marktführer Arcelor-Mittal seine Preise in Europa anheben will. Davon würde auch die Konkurrenz wie Thyssen-Krupp profitieren.


Vetternwirtschaft bei U-Boot-Deal?

Branchenexperten wie Marc Alexander Gabriel vom Bankhaus Lampe gehen zwar für das kommende Jahr von höheren Erlösen der Stahlsparte von Thyssen-Krupp als im jetzt abgeschlossenen Geschäftsjahr aus – zweifeln aber an der Langfristigkeit des Trends. „Nach einem guten Start Anfang 2017 wird der Effekt wieder verpuffen“, ist er überzeugt. Denn die grundsätzlichen Probleme wie die Überkapazitäten in China würden bleiben und damit auch der Importdruck. Das werde sich im Laufe des kommenden Jahres auch in wieder sinkenden Margen widerspiegeln.

Hiesinger hatte im Mai nach Einbrüchen im Stahl- und Handelsgeschäft die Gewinnprognose für 2015/16 gekappt. Vor einem Jahr hatte der Konzern noch einen operativen Gewinn von 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro nach 1,7 Milliarden im Vorjahr angepeilt, danach sollten nur noch mindestens 1,4 Milliarden Euro erreicht werden.

Ohnehin hat der -Chef viele Baustellen: Die jüngste ist ein umstrittenes U-Boot-Geschäft mit Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht in der Kritik, weil er angeblich den rund 1,5 Milliarden Euro teuren Deal gegen den Widerstand des Verteidigungsministeriums vorangetrieben haben soll. Im Raum steht der Vorwurf der Vetternwirtschaft.

Netanjahus persönlicher Rechtsberater David Schimron soll als Anwalt auch den israelischen Vertriebsvermittler der Marinesparte von Thyssen-Krupp vertreten haben. Netanjahu und Schimron haben die Vorwürfe bislang zurückgewiesen.

Die Essener haben inzwischen konzerninterne Ermittlungen aufgenommen. Im Zentrum steht der eigene Vertriebsvermittler. Die Marinesparte von Thyssen-Krupp sah sich in den vergangenen Jahren dem Verdacht ausgesetzt, Regeln der guten Unternehmensführung gebrochen zu haben.

Im Geschäft mit Marineschiffen und U-Booten wird traditionell mit harten Bandagen gekämpft. Im Sommer ging die Sparte trotz millionenschwerer Bemühungen bei einem U-Boot-Großauftrag in Australien leer aus. Eine französische Werft machte das Rennen. Ein Zuschlag für Thyssen-Krupp hätte der unter einer Nachfrageflaute leidenden Anlagenbausparte, zu der die U-Boote gehören, viel Entlastung geben können.

KONTEXT

Die größten Stahlhersteller der Welt

Platz 1: Arcelor-Mittal

Der mit Abstand größte Stahlproduzent der Welt ist Arcelor-Mittal. Der Konzern mit europäischen und indischen Wurzeln stellte 2015 gut 97 Millionen Tonnen Stahl her.

Quelle: World Steel Association

Platz 2: Hesteel Group

Der zweitgrößte Hersteller kommt aus China: Die Hebei Iron and Steel Group stellte 2015 rund 47,8 Millionen Tonnen Stahl her. Auch dieser Konzern ging aus einer Fusion hervor, die Unternehmen Tangsteel und Hansteel schlossen sich 2008 zusammen.

Platz 3: Nippon Steel & Sumitomo Metal

Auf Platz drei abgerutscht ist der japanische Konzern Nippon Steel & Sumitomo Metal. Die beiden japanischen Hersteller hatten sich im Oktober 2012 zusammengeschlossen und kamen 2015 zusammen auf ein Produktionsvolumen von 46,3 Millionen Tonnen Stahl, knapp 3 Millionen weniger als im Vorjahr.

Platz 4: Posco

Mit einer Produktion von rund 42 Millionen Tonnen Stahl ist Posco der viertgrößte Hersteller. Das Unternehmen ist der größte südkoreanische Anbieter und macht viele Geschäfte mit China.

Platz 5: Baosteel Group

Auf Platz fünf folgt ein weiterer chinesischer Konzern: Baosteel Group. Das Unternehmen mit Sitz in Shanghai produzierte knapp 35 Millionen Tonnen Stahl. Schlagzeilen machte der Hersteller im Jahr 2000 mit seinem Börsengang, der damals in China Rekorde brach.

Platz 16: Thyssen-Krupp

Im Vergleich zu Arcelor-Mittal, Hesteel & Co. ist Thyssen-Krupp ein Leichtgewicht. 2015 ging es für den größten deutschen Stahlproduzent mit einer Produktion von 17,3 Millionen Tonnen aber immerhin drei Plätze hinauf auf Rang 16. Ähnlich viel produziert der Konkurrent Gerdau aus Brasilien (17 Millionen Tonnen).