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Warum Thomas Schmidt der Richtige für die Haniel-Spitze ist

Haniel ist nicht unbedingt dafür bekannt, viele Nachrichten in die Welt zu senden. Doch zurzeit geht es Schlag auf Schlag. Es begann im Dezember, als das 1756 gegründete Familienunternehmen am Duisburger Franz-Haniel-Platz bekanntgab, dass der bisherige Haniel-Vorstand und Vorstandschef der Tochter CWS-Boco, Thomas Schmidt, Stephan Gemkow an der Haniel-Spitze nachfolgen soll.

Er wird damit zum zwölften Fremdgeschäftsführer. Seit 1917 dürfen keine Familienmitglieder mehr operativ führen.

Dann folgte der letzte Weihnachtsbrief von Stephan Gemkow an die 690 Gesellschafter mit der Botschaft, dass die Dividende wohl so bleiben soll wie im Vorjahr, als es 60 Millionen Euro waren. Im Februar verkündete CWS-Boco Adriana Nuneva als neue Digitalvorständin.

Am vergangenen Donnerstag nun gab die Haniel-Beteiligung CWS-Boco bekannt, dass ein Nachfolger für Schmidt in seiner operativen Rolle als Vorstandschef bei dem Waschraum- und Berufsbekleidungsspezialisten feststeht: Jürgen Höfling wird am 1. Juni von Rentokil Initial an die Spitze von CWS wechseln.

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Am vorigen Freitag verkündete CWS-Boco, dass künftig Morten Haure-Petersen das Textilgeschäft führt und noch nicht offiziell ist, dass Velina Allerkamp von Gea als Strategiechefin zu CWS-Boco wechselt. Sie wäre das vierte weibliche Mitglied des elfköpfigen internationalen Management-Teams der CWS-Boco Gruppe.

Nun soll der innere Wandel mit der neuen Markenstrategie auch nach außen sichtbar werden. So war CWS bisher nach den Initialen des Gründers Conrad Wolfgang Schnyder benannt. Doch Schmidt hat die Buchstaben kurzerhand umgewidmet: In dem 1981 zum Haniel-Reich gestoßenen Unternehmen steht CWS künftig für „clean, well, safe“.

Ausbildung bei Playmobil

Damit reiht sich Schmidt in die Managerriege ein, die darauf Wert legt, einem klaren Ziel zu folgen, das nicht platt Gewinnmaximierung heißt. Man soll sich gesünder, sicherer und wohler fühlen – so der „Purpose“, wie es auch viele Managerkollegen in anderen Firmen nennen.

Und so macht es auch Schmidt, der ohnehin gern mit englischen Managementworten agiert, obwohl er einst der Sprachen wegen die Schule abbrach, um bei Playmobil eine Ausbildung zu absolvieren. Der Umbau von CWS soll seine Meisterprüfung sein.

Schmidt hinterlässt nach gut anderthalb Jahren seines Wirkens ein komplett neu aufgestelltes Unternehmen. Am heutigen Dienstag soll es öffentlich sichtbar werden und damit ein dringend benötigtes Zeichen der Lebendigkeit aus dem Haniel-Reich senden. Aus insgesamt 20 Marken aus der Familie von CWS-Boco International in 16 Ländern wird eine: CWS.

„Unsere Aufgabe ist es nicht, noch eine Handtuchrolle an die Wand zu schrauben oder Textilien zu liefern. Wir wollen für mehr Gesundheit und Sicherheit sorgen“, erklärt Schmidt die große Vision ganz ohne Emphase. Doch dass seine Stimme immer ruhig und leise bleibt und der mittelfränkische Klang das Ganze immer etwas harmloser erscheinen lässt, als es ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schmidt knallhartes Changemanagement betrieben hat und deutlich zahlengetriebener agiert als seine Vorgänger, wie Mitarbeiter berichten.

„Er hat sich bei den Townhall-Meetings hingestellt und Klartext geredet“, sagt Mark Schwibinger, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei CWS-Boco Deutschland. Schwächen in der Belegschaft habe er dabei nicht ausgeklammert. „Das hat auch wehgetan“, sagt der Betriebsratschef.

Schmidt zeigt, wo es langgesehen soll. Für Kunden gibt es künftig sechs Bereiche – neben Arbeitskleidung und Hygiene künftig auch Gesundheit und Pflege, Reinraum, Feuerschutz und Schmutzfangmatten. Im Brandschutzgeschäft will Schmidt auch „akquisitorisch eingreifen“ – will heißen: Organisches Wachstum reicht nicht.

Seine Ziele: CWS soll künftig um sechs bis sieben Prozent wachsen – fünf Prozent organisch plus Akquisitionen. Der Markt wächst zurzeit um drei bis vier Prozent. Schmidt strebt eine Profitabilität von 15 Prozent an. 2017 war der Umsatz auch durch das Joint Venture von 800 auf 970 Millionen Euro gestiegen, der Gewinn indessen von 77 auf 51 Millionen Euro gesunken.

So ein Strategie- und Kulturwandel verläuft naturgemäß nicht ohne Reibungsverluste. Betriebsratschef Schwibinger ist seit 26 Jahren im Unternehmen. „Der Dienstleistungsgedanke war schon immer hoch, aber heute sind wir mehr zahlengetrieben“, drückt er sich vorsichtig aus. „Wir müssen auch in Anbetracht der Branchenumbrüche schneller werden.“ Die größte Herausforderung liege in den neuen Strukturen mit den zwei Divisionen Textil und Hygiene.

Ende 2017 hatte Haniel ein Joint Venture mit Rentokil Initial gegründet, an dem CWS zurzeit 82 Prozent hält. Da mussten doppelte Strukturen abgebaut werden. „Im Joint Venture sind Administration und Management verkleinert worden. Alle mussten sich auf eine neue Stelle bewerben, da haben wir natürlich auch Mitarbeiter verloren“, resümiert Schwibinger.

Beim Arbeitgeberbewertungsportal Kununu gibt es denn auch kritische Stimmen, die den Kulturwandel und eine mangelnde Kommunikation kritisieren. Der Betriebsratsvorsitzende nimmt Schmidt dabei aber in Schutz. Es könne schon sein, dass manches nicht gleich bei allen Mitarbeitern ankomme, aber der Betriebsrat fühlt sich gut eingebunden. Seit drei Monaten werden die Mitarbeiter monatlich befragt, und der Betriebsrat konnte sich einbringen.

„Er ist sehr strategisch und entschlussfreudig, formuliert seine hohen Erwartungen und die Ziele sehr klar. Das gefällt einem als Betriebsrat manchmal zwar nicht, aber man weiß, wo man dran ist“, sagt Schwibinger. „Wir reiben uns, aber agieren auf Augenhöhe.“

Seit seinem Amtsantritt ist Schmidt mit den Kundenbetreuern rausgefahren, um das Geschäft zu verstehen. Er hat seine Kenntnisse aus fast 20 Jahren bei US-Konzernen wie General Electric und TE Connectivity zunächst den rund 300 Mitarbeitern in Dreieich nahegebracht, hielt viele Townhall-Meetings ab und machte klare Ansagen. Mit dem neuen Markenauftritt in Rot und Pink soll noch deutlicher werden, dass bei dem Unternehmen vom Kunden her gedacht werde.

Die Duz-Kultur eingeführt

Der 47-Jährige führte die Duz-Kultur ein und schaffte die Kleiderordnung ab. Bei den Anteilseignern gilt er als „zielstrebig und unprätentiös“. „Die strategische Neuausrichtung ist jetzt abgearbeitet“, betont Schmidt, von der Umsetzung seien aber erst 30 bis 40 Prozent geschafft, sie werde noch vier bis fünf Jahre andauern. Und auch wenn die Zahlen erst am 10. April verkündet werden, verrät Schmidt, dass die Ziele von 2018 übererfüllt worden seien.

Schmidt kann mittelfristig in seiner neuen Funktion als Haniel-Chef dann in die Diskussion einsteigen, ob Haniel noch die restlichen 18 Prozent des Joint Ventures von Rentokil Initial kaufen soll. Wie schon bei den Schifffahrtsgesprächen im September anklang, sei CWS eine „ganz, ganz starke Säule im Haniel-Reich“, wiederholt Schmidt.

Ob die enge Begleitung eines Portfolio-Unternehmens durch einen Haniel-Vorstand eine Blaupause ist, um doch künftig die Haniel-Töchter etwas enger an die Leine zu nehmen und wieder stärker ein diversifizierter Familienkonzern zu werden als ein Family-Equity-Unternehmen, will Schmidt dann doch lieber nicht beantworten.