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Thomas Cook stellt Geschäft ein – Hunderttausende Urlauber betroffen

Der Versuch, den Reisekonzern Thomas Cook vor der Pleite zu retten, ist gescheitert. Konzerntochter Condor beantragt einen Überbrückungskredit bei der Bundesregierung.

Über Stunden wurde gerungen. Doch schließlich war das Ende nicht mehr aufzuhalten: Alle Bemühungen zur Rettung des angeschlagenen britischen Touristikkonzerns Thomas Cook sind gescheitert. Ein entsprechender Insolvenzantrag vor Gericht sei bereits gestellt worden, teilte der Konzern am Montagmorgen auf seiner Website mit.

Konzernchef Peter Fankhauser sprach in einer Erklärung von einem „tiefen Bedauern“, dass man keine Lösung für die Rettung des Konzerns gefunden habe. Zwar sei eine Einigung bereits zu einem großen Teil ausgearbeitet worden. Zusätzliche Forderungen in den letzten Tagen der Verhandlungen hätten sich am Ende jedoch als „unüberwindbare Herausforderung“ erwiesen.

Fankhauser entschuldigte sich bei „unseren Millionen Kunden und Tausenden Angestellten, Zulieferern und Partnern“. Die Konzernspitze hatte für Sonntagabend Verhandlungen mit Banken, Gläubigern und der Regierung angesetzt.

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Das Management hatte zuvor klar gemacht, dass man weitere 200 Millionen Pfund, umgerechnet 227 Millionen Euro, benötige, um über den reiseschwächeren Winter zu kommen. Damit erhöhte sich das geplante Rettungspaket von 900 Millionen auf 1,1 Milliarden Pfund. Für die Banken – allen voran die Royal Bank of Scotland und die Lloyds Bank – offensichtlich zu viel.

Condor beantragt Überbrückungskredit

Der Ferienflieger Condor versicherte kurz nach Bekanntwerden der Insolvenzpläne, dass der Flugbetrieb weitergehe. „Condor-Flüge werden weiterhin durchgeführt, obwohl die Muttergesellschaft Thomas Cook Group Insolvenz eingereicht hat“, heißt es in einer Mitteilung vom frühen Montagmorgen. „Um Liquiditätsengpässe bei Condor zu verhindern, wurde ein staatlich verbürgter Überbrückungskredit beantragt. Dieser wird derzeit von der Bundesregierung geprüft.“ Die Airline beschäftigt rund 3000 Mitarbeiter und hat eine Flotte von 53 Jets.

Allerdings darf Condor aus rechtlichen Gründen Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen, teilte die Airline am Montag mit. Die deutsche Thomas Cook hatte nach der Insolvenz der britischen Mutter mitgeteilt, man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfänden.

Unmittelbar vom Zusammenbruch von Thomas Cook betroffen sind etwa 600.000 Touristen, darunter Zehntausende Deutsche. Derzeit sind 140.000 Touristen mit deutschen Reiseveranstaltern von Thomas Cook im Urlaub.

Zudem seien „für Reisen mit Abreisen heute und morgen rund 21.000 Gäste gebucht“, teilte die Thomas Cook GmbH mit Sitz in Oberursel am Montag auf Nachfrage mit. Die deutschen Veranstaltertöchter, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, haben den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt.

Der britische Außenminister Dominic Raab hatte bereits am Sonntag besorgten Urlaubern die Unterstützung der Regierung in London zugesagt. Die Regierung sei bereit, Urlauber nach Hause zu holen. Auch der britische Premierminister Boris Johnson sagte den gestrandeten Urlaubern die Hilfe seiner Regierung zu. „Wir werden unser Bestes tun, um sie nach Hause zu holen. Es wird Pläne dafür geben, wenn es notwendig wird“, sagte Johnson in der Nacht zu Montag.

Eine Finanzierungsbitte des britischen Reisekonzerns über 150 Millionen Pfund (knapp 170 Millionen Euro) habe seine Regierung allerdings abgelehnt. „Das ist natürlich eine Menge Steuergeld und stellt, wie die Menschen anerkennen werden, eine moralische Gefahr für den Fall dar, dass Unternehmen künftig mit solchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden“, sagte Johnson der britischen Agentur PA.

Die britische Transportgewerkschaft TSSA macht die Regierung in London für die Pleite des britischen Reisekonzerns verantwortlich. „Die Regierung hatte viele Möglichkeiten, Thomas Cook zu helfen, hat sich aber für das ideologische Dogma entschieden, anstatt Tausende Jobs zu retten“, sagte Gewerkschaftschef Manuel Cortes einer Mitteilung vom Montag zufolge. „Dass sie (die Regierung) unsere Mitglieder lieber hängen lassen als Thomas Cook zu retten, ist beschämend und falsch.“

Die Pilotengewerkschaft Balpa erhob schwere Vorwürfe gegen die britische Regierung. Während es für die Rückholaktion betroffener Urlauber detaillierte Pläne gebe, „wurde der Belegschaft ohne Zögern in den Rücken gestochen“, hieß es in einer Mitteilung vom Montag.

Die Mitarbeiter hätten in den vergangenen Monaten alles dafür gegeben, dass Thomas Cook weitermachen kann, so Balpa weiter. Währenddessen sei heimlich über die Zukunft dieser Mitarbeiter entschieden worden, und es sei unklar, ob sie diesen Monat überhaupt ihr Gehalt bekommen. „Es ist verabscheuungswürdig. Die Piloten und Mitarbeiter von Thomas Cook haben Besseres verdient.“ Die Hoffnungen der Angestellten seien am Montagmorgen „brutal zerquetscht“ worden.

Über ATOL-Regelung abgesichert

Wer direkt bei Thomas Cook eine Pauschalreise gebucht hat, ist durch die sogenannte ATOL-Regelung abgesichert. Diese garantiert zum einen Entschädigungen für Reisen, die wegen einer Insolvenz nicht angetreten werden können. Sie sichert aber auch einen kostenfreien Rücktransport zu. In der Praxis helfen dann andere Fluggesellschaften, Touristen zurückzuholen, wenn deren Reiseanbieter oder die gebuchte Airline Pleite ist.

Wer dagegen nur einen Flug direkt etwa bei Condor gebucht hat, wird am Ende für seinen Ersatzflug selbst aufkommen und sich auch um diesen kümmern müssen.

Nach Angaben des Senders BBC hatte die britische zivile Luftfahrtbehörde CAA für den Notfall bereits am Sonntag zahlreiche Flugzeuge bereitgestellt. Damit laufe die „größte zivile Rückholaktion überhaupt“ an, um rund 150.000 britische Urlauber aus verschiedenen Ländern nach Hause zu holen. Die Aktion trägt nach BBC-Angaben den Codenamen „Matterhorn“. In der Nacht seien bereits die ersten Flugzeuge zu verschiedenen Zielen gestartet.

Schlechte Air-Berlin-Erfahrung

Von der Bundesregierung war am Wochenende keine Stellungnahme zu erhalten gewesen, ob es Vorbereitungen gebe, Zehntausende Menschen nach Deutschland zurückzuholen. Im Vorfeld der Insolvenz hielt sich die Bundesregierung bedeckt, wohl auch mit Blick auf die schlechten Erfahrungen bei der insolventen Air Berlin.

Der hatte der Bund eine Staatsbürgschaft über 150 Millionen Euro zugesagt. Das Geld wurde zwar komplett zurückgezahlt, wie erst vergangene Woche bekannt wurde. Doch die Bundesregierung erntete heftige Kritik für das Engagement. Unter anderem stand der Vorwurf im Raum, der Bund habe die Airline nur deshalb am Leben halten wollen, um eine Übernahme durch Lufthansa sicherzustellen.

Immer wieder in Schieflage

Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast.

Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso wie die anhaltende Unsicherheit um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.

Zuletzt hatte Thomas Cook mit den Gläubigern und Fosun – die chinesische Unternehmensgruppe ist bereits an dem Reisekonzern beteiligt – noch den Rettungsplan über 900 Millionen Pfund vorbereitet. Fosun sollte 450 Millionen Pfund beisteuern und im Gegenzug 75 Prozent an Thomas Cook und 25 Prozent an den Airlines erhalten. Nicht-europäische Investoren dürfen nicht die Mehrheit an Airlines besitzen, sonst gehen die Verkehrsrechte verloren.

Die Gläubiger wiederum sollten ebenfalls 450 Millionen Pfund beisteuern, indem sie Kredite in Eigenkapital wandeln. Dafür sollten sie 25 Prozent am Reiseunternehmen und 75 Prozent an den Airlines bekommen.

Schon dieser Deal stand auf wackeligen Füßen. Zum einen gehen die Aktionäre dabei leer aus, was Kritik auf der eigentlich für die kommende Woche geplanten Hauptversammlung erwarten ließ. Fraglich war aber auch, ob die Banken und Anleihegläubiger mitziehen würden. Nun sind es Banken, die den Stecker gezogen haben.

Nach den gescheiterten Verhandlungen teilte der chinesische Mehrheitseigner Fosun auf der Webseite von Tencent Finance mit: „Fosun Travel ist enttäuscht, dass die Thomas-Cook-Gruppe nicht in der Lage war, eine praktikable Lösung für ihre vorgeschlagene Rekapitalisierung mit anderen Partnern, wichtigen Kreditgebern, führenden Investoren und zusätzlich beteiligten Parteien zu finden.“