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Teurer Schutz für den Lebensabend?

Tool der Woche - Teurer Schutz für den Lebensabend?

Zu teuer, zu undurchsichtig, zu wenig Rendite: Das Verkaufskonzept von klassischen Lebensversicherungen ist in die Kritik geraten. Seit Jahren sinkt die Rendite aufgrund der Niedrigzinsen – und das teils kräftig. Gab es in Bestzeiten noch rund vier Prozent Garantiezins von den Vorsorgeprofis zugesichert, lautet die Zahl derzeit lediglich nur noch schlappe 1,25 Prozent – und die Tendenz ist weiter fallend. Denn ab 2017 dürfen Versicherer ihren Kunden statt 1,25 Prozent nur noch maximal 0,9 Prozent Verzinsung garantieren – und das auch nur auf die Ersparnisse, die die Kunden in neu abgeschlossenen klassischen Lebens- und Rentenversicherungen künftig parken.

Die Branche, die einst wie keine andere für Solidität und Beständigkeit stand, steckt damit mitten in einem radikalen Umbruch, der nicht nur vielen Konzernen, sondern insbesondere auch vielen Verbrauchern zu schaffen macht. Denn das Angebot am Markt ändert sich in rasanten Schritten. Vor allem für Anleger, die mit Versicherungen fürs Alter vorsorgen wollen, wird es immer schwieriger, mit den Produkten die persönliche Rentenlücke zu schließen. Diese gibt die Differenz an zwischen dem letzten monatlichen Netto-Einkommen vor dem Rentenbeginn und der monatlichen gesetzlichen Altersvorsorge. Anhaltspunkte, wie viel Geld ein entsprechendes Produkt abwerfen muss, gibt der Handelsblatt-Rentenrechner.

Auch für viele Unternehmen ist die klassische Lebensversicherung im Schatten der Niedrigzinsen längst vom Vorzeigeobjekt zum Auslaufmodell geworden. Für die Lebensversicherer sind die hohen Garantien in Altverträgen von bis von vier Prozent angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen inzwischen ein Problem. Sie können die Zinsen an den Kapitalmärkten kaum erwirtschaften. So trennte sich die Zurich Versicherung im Neugeschäft bereits endgültig von klassischen Verträgen mit durchgehendem Garantiezins.

Die Schweizer setzen dagegen künftig vor allem auf Fonds-Policen und Einmalbeiträge. Auch die Munich-Re-Tochter Ergo legte ihre Lebensversicherung still und transferierte bereits ein Portfolio mit rund 6,5 Millionen Lebensversicherungspolicen, die in den vergangenen Jahren mit dem Versprechen fester Renditen abgeschlossen wurden, innerhalb des Unternehmens in eine neue Einheit.

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Statt dessen setzt die Branche lieber auf neuartige Policen. 2013 hatte der weltgrößte Versicherer Allianz erstmals eine Lebensversicherung auf den Markt gebracht, in der nur die eingezahlten Beiträge garantiert sind – der sonst übliche Garantiezins wird nicht versprochen.

Dafür können die Kunden von höheren Gewinnen profitieren, wenn die Anlage gute Renditen abwirft. Mittlerweile sind verschiedenste Produkte auf dem Markt – ganz ohne oder mit abgespeckten Garantien. Verbraucherschützer sehen dies allerdings kritisch. „Die Vergleichbarkeit ist nicht mehr gegeben. Jeglichem Wildwuchs ist Tür und Tor geöffnet“ monierte Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, jüngst.


Versicherungen ohne Garantiezins bergen Risiken

Was also tun? Wer einen neuen Vertrag abschließt, sollte das Produkt genau prüfen und nicht blind den Ratschlägen des Versicherungsvertreters folgen. Denn neue Produkte ohne garantierten Zins, die die Vertriebler Kunden seit Monaten anpreisen, bieten nicht nur neue Chancen, sondern auch neue Risiken. Anbieter wie die Allianz versprechen hier zwar eine höhere Rendite im Vergleich zu klassischen Policen mit Garantiezins. Dies hängt aber von der Entwicklung der Kapitalmärkte in den kommenden Jahrzehnten ab, kann also jederzeit auch anders ausgehen. Denn garantiert wird bei den neuen Policen lediglich, dass der Kunde mindestens das herausbekommt, was er hingesteckt hat.

Für die Versicherer hat dies einen angenehmen Nebeneffekt: Denn neue Regeln, die ab 2016 gelten, verpflichten die Anbieter, für Verträge, die Zinsen garantieren, mehr Kapital vorzuhalten. Versicherer entlasten sich also mit jedem verkauften neuartigen Vertrag selbst. Das ist allerdings auch bitter notwendig. Denn der Druck auf die Branche steigt. Die Solvabilitätsquote (SCR) – die eine wichtige Kennzahl für die finanzielle Wetterfestigkeit ist – der 84 von der Finanzaufsicht Bafin überwachten Lebensversicherer brach in den ersten drei Monaten des Jahres von 283 auf 209 Prozent ein, wie aus dem jüngsten Branchenbericht der Bonner Behörde hervorgeht.

Es ist ein rapider Verfall, der neue Sorgen über die Stabilität der Branche weckt. Denn ohne die Übergangsregelungen, die den Unternehmen die Umstellung auf das neue EU-Eigenkapital-Regelwerk 'Solvency II' erleichtern sollen, hätten den Lebensversicherern Ende März insgesamt 12,3 Milliarden Euro an Eigenmitteln gefehlt, um ihren Zusagen an die Kunden nachkommen zu können. Ende 2015 waren es nur 3,5 Milliarden.

„Wenn mir das Bild erlaubt ist: Manche Unfallversicherer sind erkältet, aber viele Lebensversicherer haben eine schwere Grippe“, analysiert der Geschäftsführer der Kölner Ratingagentur Assekurata, Reiner Will, die schwierige Lage. Als Kur verordnen sich darum viele Lebensversicherer eine Flucht ins Neugeschäft ohne Garantiezins. Rund 42 Prozent aller Neuverträge im Lebensversicherungssektor machen beim Giganten aus München, Allianz, diese neuen Abschlüsse bereits aus - Tendenz steigend. Der attraktive Nebeneffekt: Bei den neuen Versicherungen trägt das Kapitalmarktrisiko nicht mehr allein der Versicherer - sondern auch der Kunde.