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Teuer oder günstig? Wie Anleger den Goldpreis selbst bewerten können

Bei der Bewertung von Gold tun sich viele Anleger schwer. Ein neues Onlinetool ermöglicht es Laien nun, Preisprognosen zu treffen, die sonst nur Profis berechnen können.

Die Einschätzung, ob Gold teuer oder günstig ist, fällt vielen Privatanlegern schwer. Foto: dpa
Die Einschätzung, ob Gold teuer oder günstig ist, fällt vielen Privatanlegern schwer. Foto: dpa

Geht es mit der Gold-Rally weiter? Steigt der Preis für das Edelmetall bald über 2000 Dollar pro Unze (31 Gramm)? Oder steht am Goldmarkt eine Korrektur bevor? Um diese Fragen zu beantworten, verlassen sich viele Anleger auf die Einschätzungen von Finanzprofis. Denn die Entwicklung der Goldpreise ist für Laien nur schwer einzuschätzen.

An den Aktienmärkten ist das anders: Dort sind Kennziffern wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis auch für interessierte Privatanleger verständlich und bieten ein Mindestmaß an Orientierung, ob eine Aktie nun teuer oder günstig ist. Beim Goldpreis fehlt eine solche Orientierung bislang völlig: Die Modelle, mit denen Analysten ihre Preisprognosen aufstellen, sind für Laien schwer zu durchschauen und meist auch nicht zugänglich.

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Das will das World Gold Council (WGC), die Lobbyorganisation der Goldbranche, nun ändern: Das WGC hat am Mittwoch ein neues Onlinetool, Qaurum, veröffentlicht. Es soll Anlegern erleichtern, den Goldpreis zu bewerten. Mit dem Tool lassen sich mit wenigen Klicks verschiedene wirtschaftliche Szenarien durchspielen und deren Einfluss auf die Goldpreisentwicklung berechnen. Ähnlich berechnen auch Analysten bei Banken oder Vermögensverwaltern ihre Preisprognosen.

Hinter dem Onlinetool steht ein komplexes statistisches Modell, das ein Team um Juan Carlos Artigas, Leiter Investment Research beim WGC, entwickelt hat. Dafür haben die Researcher die wichtigsten Einflussfaktoren für Angebot und Nachfrage am Goldmarkt und den daraus resultierenden Goldpreis untersucht. Ihre Daten umfassen knapp 40 Jahre.

Ihr Ergebnis: Der Goldpreis wird unter anderem von der Weltkonjunktur, dem Welthandel und der Risikoneigung der Investoren beeinflusst. Zudem spielen die sogenannten Opportunitätskosten von Gold in dem Modell eine wichtige Rolle. Darunter verstehen die Forscher die entgangenen Erlöse aus anderen Anlageklassen, die ebenfalls sicher sind, aber im Gegensatz zu Gold regelmäßige Zinserträge abwerfen, etwa US-Staatsanleihen.

Wenn etwa die Rendite der zehnjährigen US-Anleihe sinkt, wird Gold für Investoren attraktiver, weil es sich weniger lohnt, für den Zinsertrag Anleihen statt Gold zu halten. Daher steigt in einem solchen Fall die Investmentnachfrage nach Gold – und, wenn alle anderen Einflussfaktoren unverändert sind, steigt auch der Goldpreis. „Das Modell ist eine gute Möglichkeit, den Goldmarkt zu verstehen“, sagt WGC-Analyst Artigas.

50 Prozent plus in fünf Jahren

Das WGC hat eine Reihe von möglichen Einflussfaktoren auf Goldangebot und -nachfrage auf ihre Aussagekraft getestet und nur jene ausgewählt, die seit 1980 tatsächlich einen statistisch nachweisbaren Effekt hatten. Für das Onlinetool füttern die WGC-Forscher das Modell mit Prognosen des Wirtschaftsinstitutes Oxford Economics zum Wachstum der Weltwirtschaft, zu Handelsvolumina, zum US-Zinsniveau und zu anderen Einflussfaktoren für die Jahre 2020 bis 2025.

Daraus berechnet das Modell den wahrscheinlichen Anstieg des Goldpreises für die kommenden fünf Jahre. Für 2020 erwartet der WGC nach Berechnungen des Modells ein Plus von 20 Prozent. Über den Zeitraum von fünf Jahren steigt der Goldpreis demnach jedes Jahr um knapp zehn Prozent, nach fünf Jahren können Anleger also mit einem Gewinn von 50 Prozent rechnen.

Allerdings ist diese Prognose mit großer Unsicherheit verbunden. Je weiter der Zeitraum in der Zukunft liegt, desto schwerer fällt es den WGC-Forschern zu sagen, ob der Goldpreis in der Zukunft steigt – oder doch fällt.

Der Nachteil solcher Modelle ist zudem, dass die Einflussfaktoren auf der Basis historischer Daten berechnet wurden und diese dafür genutzt werden, Preisentwicklungen in der Zukunft zu prognostizieren. Nitesh Shah, Rohstoffstratege beim US-Fondshaus WisdomTree, sagt: „Geschichte wiederholt sich nicht immer.“ Bei unvorhergesehenen Entwicklungen stößt auch das beste Prognosemodell an seine Grenzen.

Begrenztes Abwärtspotenzial

Trotz dieses Mankos hat auch Shah zusammen mit seinem Team ein statistisches Modell entwickelt, um den Goldpreis zu prognostizieren. Sein Modell unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem des WGC. So ist aus Shahs Sicht die Stärke des US-Dollars ein wichtiger Einflussfaktor für den Goldpreis. Die US-Währung taucht im Modell des WGC nicht explizit auf. Außerdem nutzt Shah Daten von den Rohstoffterminbörsen, um die Risikoneigung von Investoren zu messen. Das WGC setzt dafür auf Risikoaufschläge an den Anleihemärkten.

Auch das Goldangebot, also die jährliche Minenproduktion lässt Shah im Gegensatz zum WGC bei seinem Prognosemodell außer Acht. „Nach unseren Ergebnissen ist Gold kein typischer Rohstoff“, sagt Shah. Das für die Rohstoffmärkte typische Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage spiele für den Preis des Edelmetalls kaum eine Rolle. „Gold lässt sich fast als Pseudowährung beschreiben.“

Angesichts der Unterschiede kommt Shah zu etwas anderen Ergebnissen als WGC-Analyst Artigas. Für das laufende Jahr erwartet WisdomTree im Basisszenario einen Anstieg der Goldpreise um lediglich fünf bis sechs Prozent auf 1640 Dollar pro Unze.

Im Krisenfall könnte es für Gold deutlich weiter aufwärtsgehen, sagt Shah: „Wenn die Spannungen im Nahen Osten anhalten oder der Handelskonflikt außer Kontrolle gerät und die Notenbanken zu unkonventionellen Maßnahmen greifen, könnte Gold über 2000 Dollar pro Unze steigen.“

In einem Punkt kommen die Prognosemodelle von WGC und WisdomTree jedoch zu dem gleichen Ergebnis: Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass der Goldpreis Ende 2020 höher steht, als dass er sinkt. So sagt Shah: „Das Abwärtspotenzial ist deutlich begrenzt.“