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Musk: „Wachstums-Unternehmen zahlen keine Schulden zurück“

Tesla erzielt zum zweiten Mal in Folge einen Quartalsgewinn, produziert bereits seinen neues Model Y und kann sich aus eigener Kraft finanzieren. Elon Musk beklagt sich über mangelnde Kenntnisse von Finanzanalysten.

Tesla präsentiert seine Quartalszahlen. Foto: dpa
Tesla präsentiert seine Quartalszahlen. Foto: dpa

Den Antworten auf fünf Fragen fieberten Analysten, Anleger und Leerverkäufer bei den am Mittwochabend veröffentlichten Zahlen von Teslas Jahresendgeschäft entgegen:

Schafft Tesla abermals einen Quartalsprofit? Ja, auch wenn er mit 105 Millionen Dollar 25 Prozent unter dem vom vierten Quartal 2018 liegt. Im Gesamtjahr 2019 verlor Tesla 862 Millionen Dollar.

Hat der Umsatz zugelegt? Ja, auf 7,38 Milliarden Dollar im vierten Quartal; zwar nur zwei Prozent über dem vierten Quartal 2018 und dank Zuwachs der Energiespeichersparte und vor allem Emissionshandel.

Ging die Rekordauslieferung von 367.000 Fahrzeugen im Jahr 2019 auf Kosten der Profitabilität? Nur leicht, der Betriebsaufwand ist nahezu unverändert. Allerdings ist nicht nur der durchschnittliche Verkaufspreis des Model 3 gesunken. Auch von den hochpreisigen Model S und Model X setzt Tesla weniger ab, fast 30 Prozent weniger im Jahr 2019. Das erschwert es, den Umsatz und Gewinn zu steigern.

Hat Tesla genügend Kapital für Betrieb und Expansion? Ja. 6,2 Milliarden Dollar, im vierten Quartal kamen etwa 900 Millionen Dollar hinzu. Und das, obwohl Tesla seine Kapazitäten massiv ausgeweitet hat und neue Produkte entwickelt. Pleite sieht anders aus. Mehr noch: „Es ergibt derzeit keinen Sinn, weiteres Kapital aufzunehmen“, sagte Tesla-Chef Elon Musk auf eine Frage, ob der hohe Börsenwert nicht eine gute Chance sei, um beispielsweise Schulden in Anteile umzuwandeln. Tesla hat momentan rund 10,6 Milliarden Dollar Schulden. Die zu begleichen, hat für Musk keine Priorität: „Wachstumsunternehmen zahlen keine Schulden zurück“.

Stimmen die Gerüchte, dass das neue SUV, das Model Y, schon in wenigen Wochen an die ersten US-Kunden ausgeliefert wird? Ja. Die Produktion im Stammwerk Fremont ist bereits angelaufen. In diesem Jahr will Tesla weltweit mindestens eine halbe Million Fahrzeuge absetzen und Musk erwartet, dass die Nachfrage nach dem Model Y alles in den Schatten stellen wird.

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Alles positive Aussagen für bestehende Aktionäre und Fans des Elektroautoherstellers. Im nachbörslichen Handel legte die Aktie um bis zu zwölf Prozent zu und stieg erstmals über die 600 Dollar Marke. Leerverkäufer müssen sich hingegen warm anziehen. Laut der Analysefirma S3 Partners ist Tesla die Wall-Street-Aktie mit den meisten Wetten auf Kursverlust, im Gegenwert von etwa 14 Milliarden Dollar.

Diesen Spekulanten bleiben nur drei Optionen: Sie lösen ihre Wetten auf und decken ihre Positionen, was die Tesla Aktie weiter nach oben treiben wird.

Oder sie bleiben dabei, auch wenn das Nerven kostet, das Vertrauen ihrer Geldgeber oder sogar ihren Job oder Existenz. Dritte Möglichkeit: Sie legen sogar nach und warten auf ihren „schwarzen Schwan“-Moment – entweder das Abstürzen der Weltwirtschaft, den Corona-Virus und insbesondere dessen Auswirkungen auf Teslas wichtigen Absatzmarkt China, oder etwas exotischer: dass die wachsende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen „fake news“ sind. Dass Verschwörungstheoretiker richtig liegen, dass die Bücher von Tesla frisiert sind und Tausende von angeblich verkauften Teslas auf geheimen Parkplätzen dahinrotten.

Tesla hat bessere Zahlen vorgelegt, als von den meisten Analysten erwartet. Das Unternehmen ist in der Lage, sich selbst zu finanzieren und Autos in großen Stückzahlen zu bauen und auszuliefern. Das wurde in den vergangenen Jahren oft bezweifelt.

Musk nutzte am Mittwoch die Chance, um sich über Wall-Street-Analysten zu beklagen. Allerdings subtiler als in der Vergangenheit, wo er sie öffentlich wegen „dummer Fragen“ gerüffelt und sich dann später für seinen Gefühlsausbruch entschuldigt hatte.
Diesmal bevorzugte er es, zunächst Fragen von Anlegern zu beantworten, die diese vorab online geschickt hatten. „Viele der normalen Anleger haben bessere Kenntnisse über Tesla als die Analysten“, schimpfte Musk und antwortete später auf deren Fragen eher schmallippig.

Der Tesla-Chef mag sich über Kritik ärgern. Momentan läuft es ausgezeichnet für ihn. Klar ist aber auch, dass der Druck auf Musk und sein Unternehmen nicht nachgelassen hat und sogar noch zunimmt. In seinem Heimatmarkt USA ist es im Nachteil, weil zum ersten Januar der bundesweite Steuerrabatt von einst bis zu 7500 Dollar nun für Tesla völlig wegfallen ist. Das trifft zwar in ein paar Monaten auch für General Motors zu. Aber neue Angreifer wie Volkswagen, Daimler oder Newcomer wie Rivian und Lucid Motors haben so einen Vorteil, sofern die Regeln nicht wieder geändert werden. Tesla muss die Nachfrage ausbauen, in den USA mit verminderter Förderung. Im vierten Quartal gelang das zwar mit einem Wachstum von rund 19 Prozent gegenüber dem dritten Quartal. Aber im Vergleich zum vierten Quartal 2018, das noch durch die volle staatliche Förderung getrieben wurde, gelang nur ein Zuwachs von einem Prozent und die Ausweitung der Einnahmen auch nur durch Emissionskredite.


„Auch ohne das Model Y ist die Nachfrage stark“

Musk hat vorgebaut. Das Vorziehen des Model Y, dessen US-Start ursprünglich erst für den Herbst dieses Jahres erwartet worden war, dürfte die Nachfrage in den USA in diesem und kommenden Quartalen beleben. Das Model Y deckt das derzeit populäre Segment der kleinen SUV ab. Schon allein der wesentlich bessere und leichter zugängliche Kofferraum könnte etliche Model-3-Eigentümer zum Umstieg bewegen. Was wiederum den Gebrauchtmarkt mit Model-3-Fahrzeugen ankurbeln wird, zumal es neuerdings in Kalifornien auch eine Förderung für gebrauchte Elektrofahrzeuge gibt, wenn die Käufer bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten.

Doch das bringt zugleich neue Herausforderungen für Tesla bei der Ladeinfrastruktur und dem Bereitstellen von Ersatzteilen mit sich. Denn es steigert die Zahl von Elektroautobesitzern. „91 Prozent von Elektroautoeigentümern würden wieder eins als nächsten Wagen kaufen“, so eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey über den weltweiten Elektroautomarkt. „Auch ohne das Model Y ist die Nachfrage stark“, beharrt Musk.

Die Wachstumsstory von 2020 wird jedoch China sein. Dort hat die Fabrik in Shanghai ihre Produktion aufgenommen. Derzeit ist die Auslieferung wegen dem Coronavirus etwas verzögert, teilte Finanzchef Zach Kirkhorn am Mittwoch mit. Die Autoren der McKinsey-Studie schätzen, dass die Nachfrage nach Elektroautos in China im vergangenen Jahr bei 1,2 Millionen Fahrzeugen lag. In den USA waren es mit 310.000 Fahrzeugen nur etwa ein Viertel davon. Zwar hat das Reich der Mitte auch viermal so viele Einwohner. Doch das Haushaltseinkommen in den USA liegt weit höher. Der Wille chinesischer Konsumenten, sich ein Elektroauto zuzulegen, ist weit stärker ausgeprägt, konstatieren die McKinsey-Berater anhand von Umfragen.

Ab Ende 2021, wenn die Elektroautoförderung der Bundesregierung und der Ausbau der Ladeinfrastruktur ins Rollen kommt, will Tesla mit Fahrzeugen „Made in Germany“ weitere Herzen von deutschen und anderen europäischen Autokäufern gewinnen. Das Werk in Berlin-Brandenburg soll 2021 die ersten Fahrzeuge ausliefern. Auch wenn Brandenburg eventuell zwecks der globalen Bekanntheit von Berlin zurückstecken muss: Im Konferenzgespräch am Mittwoch sprach Musk von „Giga-Berlin“.

Die weiter heiß diskutierte Frage bleibt jedoch, ob der Börsenwert von Tesla von über 100 Milliarden Dollar gerechtfertigt ist. Beispielsweise gemessen an seiner Jahresproduktion, die ein Bruchteil dessen vom niedriger bewerteten Volkswagen-Konzern beträgt.

Ja, meint Catherine Wood, Chefin des Investmentfonds Ark Invest. Wegen der Kombination als Anbieter von Elektroautos, selbstfahrenden Autos und Solar-Energieproduzent bewertet sie Tesla als Technologieunternehmen und nicht nur als Autohersteller.

Wood meint, dass Tesla in den nächsten fünf Jahren eine Bewertung von einer Billion Dollar erreichen, sich die Aktie also verzehnfachen könne. Arne Alsin von Worm Capital sieht das ähnlich und verweist zudem auf das Wachstumspotential im Ausland. „Tesla ist momentan im Aktienmarkt die beste Investmentchance“, wirbt er.

Rein theoretisch sind die Wachstumschancen immens. Die Berater von McKinsey sehen eine weltweite Marktdurchdringung mit Elektroautos von gerade mal 2,5 Prozent im vergangenen Jahr. 2016 lag sie noch unter einem Prozent. Aber obwohl die Kosten für Akkus in den vergangenen zehn Jahren massiv gesunken sind, ist der Preis von Elektroautos auch für Mittelklasse-Haushalte noch zu hoch. Was allerdings auch für Verbrenner gilt. Deren Nachfrage ist im vergangenen Jahr weltweit um mindestens vier Prozent gefallen.

Der Verbraucheranwalt und ehemalige Präsidentschaftskandidat Ralph Nader hält den Jubel um Tesla hingegen für absurd. „Tief in den Schulden, weniger als 400.000 Autos im vergangenen Jahr verkauft, herausgefordert von verschiedenen Elektroauto-Konkurrenzmodellen und eine Bewertung, die die von Volkswagen überschreitet, obwohl dort über zehn Millionen Fahrzeuge im vergangenen Jahr verkauft wurden“, fasst Nader seine Skepsis in einem Tweet zusammen. Er geht noch weiter: Wenn die Blase am Aktienmarkt platzt, werde es an Tesla als Auslöser festgemacht werden, orakelt er.