Werbung
Deutsche Märkte schließen in 1 Stunde 14 Minute
  • DAX

    17.761,92
    -75,48 (-0,42%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.930,33
    -6,24 (-0,13%)
     
  • Dow Jones 30

    37.940,84
    +165,46 (+0,44%)
     
  • Gold

    2.397,70
    -0,30 (-0,01%)
     
  • EUR/USD

    1,0671
    +0,0025 (+0,23%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.559,97
    +1.073,72 (+1,80%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.382,72
    +70,10 (+5,65%)
     
  • Öl (Brent)

    82,79
    +0,06 (+0,07%)
     
  • MDAX

    25.988,15
    -201,29 (-0,77%)
     
  • TecDAX

    3.193,21
    -17,63 (-0,55%)
     
  • SDAX

    13.929,95
    -102,42 (-0,73%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.861,53
    -15,52 (-0,20%)
     
  • CAC 40

    8.031,94
    +8,68 (+0,11%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.497,78
    -103,71 (-0,66%)
     

Tesco sagt Aldi und Lidl in Großbritannien den Kampf an

Der kleine Ort Chatteris, etwa 140 Kilometer nördlich von London gelegen, ist nicht sehr bekannt – und schon gar nicht für Innovationen. Doch genau dort hat der britische Supermarktgigant Tesco ein Projekt gestartet, auf das die Branche lange gewartet hat: eine neue Discounterkette.

Lange haben die britischen Supermarktketten mehr oder weniger tatenlos zugesehen, wie Aldi und Lidl ihnen Kunden und Marktanteile abluchsten. Doch nun schickt Tesco Jack’s in den Ring: Die neue Supermarktkette soll die günstigsten Produkte „im Ort“ anbieten, erklärte Tesco-Chef Dave Lewis in Chatteris vor der Presse.

An welche Adresse sich das richtet, ist unmissverständlich: Wenige Hundert Meter entfernt von der schmucklosen Halle des ersten Jack’s-Geschäfts befindet sich ein großer Aldi-Markt. Auch das Konzept von Jack’s erinnert stark an Aldi – aber mit unverkennbar britischem Anstrich. Acht von zehn Produkten, die ab diesem Donnerstag angeboten werden, wurden in Großbritannien „produziert, aufgezogen oder hergestellt“.

Auf italienische Pasta, Ananas aus Costa Rica und deutschen Wein verzichten muss der Kunde nicht. Aber die Äpfel kommen aus dem südenglischen Kent, die Kekse aus Schottland und das Hähnchenfleisch in den Kühlregalen aus der Region Hertfordshire.

WERBUNG

Und damit das kein Kunde übersieht, prangt an den Wänden, auf den Regalen, Preisschildern und natürlich den Produktverpackungen der britische „Union Jack“. Manche Produkte wie der in Großbritannien so beliebte Brotaufstrich Marmite, Lauchsuppe mit Schinken oder Eis der Sorte „Eton Mess“ sollen den heimatliebenden Briten wohl endgültig überzeugen, dass man in einem britischen Supermarkt steht.

Mit dem Fokus auf heimische Produkte gehe man auf die Wünsche der potenziellen Kunden ein, erklärte Tesco-Chef Lewis. Ein positiver Nebeneffekt: Je weniger ein Unternehmen importiert, desto unabhängiger ist es auch von den Schwierigkeiten, die der Brexit mit sich bringen könnte. Aber der Brexit, betont Lewis, habe bei den Planungen für Jack’s keine Rolle gespielt. Sie hätten bereits vor dem EU-Referendum im Juni 2016 begonnen.

Tesco hat zurückhaltende Ziele für Jack’s

Tatsächlich ist Jack’s ganz klar eine Reaktion auf ein Problem, das die etablierten Supermarktketten wie Tesco schon seit Jahren haben: dass immer mehr Kunden zu den günstigen Discountern Aldi und Lidl abwandern.

Zwar ist Tesco nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Kantar mit einem Marktanteil von zuletzt 27,4 Prozent noch immer die unangefochtene Nummer eins in Großbritannien. Die deutschen Discounter kommen auf 7,6 beziehungsweise 5,5 Prozent und liegen damit auf den Plätzen fünf und sieben.

Aber sie machen zusehends Boden gut, nicht zuletzt dank einer aggressiven Expansion. Bis zum Jahr 2022 soll die Zahl der Aldi-Läden in Großbritannien von derzeit gut 760 auf 1.000 gestiegen sein, Lidl hat allein für dieses Jahr 50 Neueröffnungen angekündigt.

Dagegen hat Tesco für Jack’s eher zurückhaltende Ziele: In den kommenden zwölf Monaten soll es „zehn bis 15“ neue Jack’s-Geschäfte geben, erklärte Tesco-Manager Lewis. Einige davon sollen Tesco-Märkte ersetzen. Andere, wie der in Chatteris, werden in einem ehemaligen, seit Jahren stillgelegten Tesco-Geschäft eröffnet.

Gerade einmal 20 bis 25 Millionen Pfund hat der Milliardenkonzern für Jack’s verplant. Die Vorsicht ist nachvollziehbar: Tesco und andere britische Supermarktketten sind in der Vergangenheit mit derartigen Projekten gescheitert.

Doch weil der Druck durch die Konkurrenz aus Deutschland so groß ist, ist die Branche in den vergangenen Monaten in Bewegung gekommen: Die Nummer zwei und die Nummer drei der Insel, Sainsbury und Asda, wollen sich zusammenschließen, wie sie Anfang des Jahres verkündeten. Die Wettbewerbsbehörden prüfen diesen Deal gerade. Und Tesco hat kürzlich eine Einkaufskooperation mit dem französischen Carrefour-Konzern verkündet.

Nun zieht darüber hinaus Jack’s in den Kampf gegen die Konkurrenz. Der Name ist eine Reminiszenz an den Tesco-Gründer Jack Cohen. Das Konzept beschreibt Tesco-Chef Lewis mit den Worten, „einfach und ohne Schnickschnack – wie es unserem Gründer gefallen hätte“.

Die Produktpalette ist – wie bei Aldi und Lidl – eingeschränkt. Während in einem Tesco-Supermarkt in Großbritannien im Schnitt mehr als 20.000 verschiedene Produkte in den Regalen stehen, sind es im Jack’s-Markt lediglich 2.600, davon rund 1.800 von der gleichnamigen Eigenmarke.

Die Gänge sind ungewöhnlich breit, damit die Mitarbeiter die Regale auch während der Öffnungszeiten auffüllen können. Die Produkte werden vielfach nicht ausgepackt, sondern noch im Karton in das Regal gestellt, einige Waren – wie etwa Wasserflaschen – werden sogar auf Paletten stehend zum Verkauf angeboten.

In einem Gang sind, wie bei Aldi und Lidl, separat die Sonderangebote der Woche zu finden. Beim Bezahlvorgang hat der Kunde dagegen eine breite Auswahl: Zum einen gibt es mehrere Kassen mit Angestellten, zum anderen befinden sich im Laden Kassensysteme, an denen der Kunde selber seinen Einkauf scannen und abrechnen kann. Darüber hinaus hat Tesco eine App entwickelt, mit der man bereits während des Einkaufs die Produkte scannen kann und dann nur noch zum Bezahlen an die Kasse muss.

All diese Maßnahmen verringern die Betriebskosten und ermöglichen niedrige Preise, erklärte Lewis. Zudem profitiere man davon, dass man Produkte bei den Lieferanten nicht nur für Jack’s einkaufe, sondern für den ganzen Konzern.

„Lieber kannibalisiere ich mich selbst“

Sogar bei den Personalkosten spart Tesco. Die Jack’s-Mitarbeiter verdienen unter dem Strich weniger als ihre Kollegen im Mutterkonzern. Angst, dass sich Tesco mit dem Angebot selbst schadet und Tesco-Kunden lieber die günstigeren Produkte von Jack’s kaufen, habe er nicht, schüttelt Lewis den Kopf: „Lieber kannibalisiere ich mich selbst, als dass ich mich von anderen kannibalisieren lasse.“

Am Donnerstag gehen bei Jack’s in Chatteris erstmals die Lichter an. Dann müssen nur noch die Kunden kommen – und eben nicht mehr schon vorher bei Aldi haltmachen.