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Tempolimit: Gegner führen sich auf wie US-Waffennarren

Tempo 120 auf den Autobahnen würde die Umwelt und Bestattungsunternehmen entlasten. - Copyright: dpa
Tempo 120 auf den Autobahnen würde die Umwelt und Bestattungsunternehmen entlasten. - Copyright: dpa

Wenige Dinge in Deutschland werden so kontrovers diskutiert wie das Tempolimit. Höchstens noch, was denn die beste Biermarke ist. Oder wer der bessere Bundestrainer. Doch die Frage, ob ein Tempolimit auf Autobahnen sinnvoll ist oder nicht, schlägt alles. Es ist ein wenig so wie mit den Waffengesetzen in den USA: Als Außenstehender kann man kaum glauben, dass ernsthaft darüber diskutiert wird, ob vermehrter Waffenbesitz in einem Land, in dem pharmazeutische Drogen wie Bonbons verteilt werden, zu mehr Gewalt führt. Andersherum schüttelt der Rest der Welt verwundert den Kopf darüber, dass in Deutschland das Tempolimit auf Autobahnen mit dem Argument "Freiheit" verteidigt wird.

Diskussionen erinnern an US-Waffengesetze

Die Diskussionen ums Tempolimit reichen bis in die 50er-Jahre zurück. 1953 schaffte die damalige Bundesregierung das noch von den Nazis eingeführte Tempolimit von 40 Kilometern pro Stunde in Städten ab. Richtig gelesen: Bürger konnten damals auch innerorts die motorischen Leistungsgrenzen ihrer Fahrzeuge ausloten – meistens mit einem VW Käfer. Schon 1957 war damit wieder Schluss.

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Denn die Zahl der tödlichen Unfälle hatte schwindelerregende Höhen erreicht. Mehr als 13.000 waren es 1956. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr 2021 waren es nur etwa 2.500. Und das ist die Zahl für Gesamt-Deutschland bei mehr als zehnmal so vielen Autos wie vor rund 70 Jahren. Eigentlich wollte der damalige Verkehrsminister Hans-Christoph Seebohm (CDU) das Tempo auch auf den Autobahnen auf 100 Stundenkilometer beschränken. Doch der Widerstand in der Bevölkerung war zu groß.

Erst 1972 – infolge der Ölkrise – trat die Regelung doch noch in Kraft. Allerdings nur vorübergehend und auf wenige Monate beschränkt. Seitdem galt in Westdeutschland eine sogenannte Richtgeschwindigkeit. Die DDR war da strenger: 50 Stundenkilometer in der Stadt, 80 auf Landstraßen und 100 auf der Autobahn – das waren die verbindlichen Regeln bis zur Wiedervereinigung 1990.

Seitdem entbrennen immer wieder Diskussionen um ein allgemeines Tempolimit. Gegner sehen das nicht vorhandene Tempolimit als Säule der Demokratie. Als Ausdruck der individuellen Freiheit. Sie verteidigen ihre Standpunkte mit einer Vehemenz, wie sie sonst nur konservative US-Bürger nach Schießereien an den Tag legen. Diskussionswürdige Argumente werden mit Hysterie und Sturheit vermischt.

Tempolimit heißt: Emissionen senken, Leben retten

Dabei sind die Argumente für ein Tempolimit auf Autobahnen faktisch kaum zu widerlegen. Tempo 120 zum Beispiel würde den CO₂-Ausstoß in Deutschland laut Umweltbundesamt um 2,6 Millionen Tonnen reduzieren. Das entspricht immerhin zwei Prozent aller Emissionen im Verkehrssektor. Zugegeben: Bei der Frage der Sicherheit ist die Datenlage weniger eindeutig. Im Schnitt passieren pro Jahr zehn Prozent aller tödlichen Unfälle auf Autobahnen – was circa 250 Todesopfern entspricht.

Plugin-Hybride haben eine desaströse Öko-Bilanz. Für Hersteller sind sie dennoch lukrativ.
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Nach der Lesart „Jeder Unfalltote ist einer zu viel“ würde ein Tempolimit aber auch hier wirken. Denn Polizeikontrollen weisen oft "überhöhte" oder "nicht angepasste Geschwindigkeit“ als Unfallursache aus. Natürlich kann das auch heißen, dass jemand mit 120 Stundenkilometern bei schlechtem Wetter unterwegs war. Aber wie man es dreht und wendet: Ein Tempolimit auf Autobahnen würde die Zahl der Unfalltoten senken. Auch die Zahl der Schwerverletzten ginge deutlich zurück.

Gegner mit großer Studie überzeugen

Und: Allein die Tatsache, dass die CO₂-Emissionen drastisch sinken würden, ist Anlass genug für ein Tempolimit. Leider hat Tempolimit-Gegner das bisher nicht überzeugen können. Deshalb muss eine große Studie her. Denn die beste Zeit, die Folgen eines Tempolimits zu untersuchen, ist jetzt.

Energie zu sparen ist derzeit ohnehin oberstes Gebot. Ein Tempolimit würde einen wichtigen Beitrag leisten. Die Bundesregierung sollte zumindest über ein zeitlich begrenztes Tempolimit nachdenken. So ließen sich verlässliche Daten über die Wirksamkeit sammeln. Die Ergebnisse werden zwar nicht überraschen. Die Diskussionen um ein Tempolimit wären aber ein für alle mal beendet.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.