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Der kühne Daten-Deal der Telekom

Das Telekom-Logo auf der Telekom-Zentrale in Bonn (Bild: AP Photo/Frank Augstein)
Das Telekom-Logo auf der Telekom-Zentrale in Bonn (Bild: AP Photo/Frank Augstein)

Die Telekom kopiert ein Erfolgsmodell ihrer US-Tochter: Kunden können bald unterwegs Musik hören und Videos sehen, so viel sie wollen. Ihr Datenvolumen wird nicht belastet. Was das für die Branche bedeutet. Eine Analyse.

Kostenlos ist immer gut. Dass die Kunden das neue Angebot der Telekom schätzen werden, ist unbestreitbar. Ab dem 19. April können Neu- und Bestandskunden des Bonner Unternehmens mit den Mobilfunktarifen „M” und „L” soviel Musik hören wie sie wollen. „L”-Kunden können zusätzlich auch noch Videos bis zum Abwinken schauen. Das gilt für das Angebot ihrer Partner: Zunächst sind das Apple Music, Amazon, Netflix und Youtube, Medienportale wie „Chip“ und „Spiegel Online“ sowie die ZDF Mediathek, der Sportkanal Sky und auch das mobile Entertain-TV-Angebot der Telekom. Das Partner-Netz wollen die Bonner aber weiter ausbauen.

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Das verkündete die Telekom am Dienstag in Bonn – mit großem Tam-Tam und noch größeren Worten. Der Chef des Privatkundengeschäfts, Michael Hagsphil, hat Mitarbeiter des Konzerns in die große Veranstaltungshalle im ehemaligen Gebäude der T-Mobile geladen. Die Bühne strahlt hell in der Konzernfarbe Magenta, es gibt ein kurzes Aufwärmprogramm, dann kommt Hasphil. Zuerst verkündet er ein neues Fernsehangebot, was gerade einmal zwei Euro im Monat kostet.

Revolution mit alter Idee?

Spätestens jetzt ist klar: Der Konzern hat kühne Pläne. Die Telekom unterbietet die Wettbewerber im Fernsehmarkt – und zwar deutlich. Doch dann setzt der Privatkundenchef noch einen drauf und verkündet die kostenlosen Streaming-Optionen „Stream-on” als „Revolution im Mobilfunkmarkt”.

Und tatsächlich wird das Angebot wohl den Markt bewegen – nur neu ist die Idee nicht. Die Telekom hat bereits vor zwei Jahren kostenloses Musikstreaming angeboten und das Produkt dann im Sommer 2016 eingestampft. Es gab Zweifel, ob das Angebot nicht gegen die Netzneutralität verstößt. Demnach müssen alle Inhalte im Netz gleich behandelt werden. Die Telekom ist nun zuversichtlich, dass sie bei „Stream on” auf der sicheren Seite ist. „Wir bieten allen Interessenten die gleiche Möglichkeit mit uns kostenlos zusammenzuarbeiten”, erklärt Hagsphil dem Handelsblatt.

Zudem: Wer sein Datenvolumen mit Diensten verbraucht, die kein Partner der Telekom sind, wird trotzdem weiterhin gedrosselt – auch bei den Musik- und Videostreaming-Partnern. Selbst das Streaming von Netflix-Inhalten wird dann ruckelig. Diese Gleichbehandlung soll vor Strafe schützen. Noch prüft die Bundesnetzagentur das Modell aber.

Die Telekom konnte nun seit rund einem Jahren beobachten, wie die Kunden ihrer Tochter T-Mobile US auf ein solches Streamingangebot reagieren. Sie bietet mit „Binge on” fast genau das gleiche an. Es ist einer der Bausteine, die den amerikanischen Mobilfunker so erfolgreich machen. Das Unternehmen ist mittlerweile die Nummer Drei im Markt und kann Quartal auf Quartal steigende Kundenzahlen vorweisen. Mit den guten Ergebnissen hält T-Mobile US mittlerweile sogar den Aktienkurs der deutschen Konzernmutter hoch.

Andere Anbieter werden nachziehen

Auch die in Deutschland eingesetzte Technik stammt in Teilen aus den USA. Die Inhalte werden bei reinen Mobilfunkkunden so komprimiert, dass sie weniger Bandbreite im Netz einnehmen. Beim Kunden kommen die Videos deswegen nicht in HD-Qualität an – außer dieser nutzt das Bündelangebot „Magenta Eins” des Konzerns. Dann kann er die Videos in hoher Qualität schauen.

Und darin steckt der Trick beziehungsweise das Geschäftsmodell. Wenn Michael Hagsphil sagt: „Wir wollen die Probleme unserer Kunden lösen”, mag dem so sein, aber aus Unternehmenssicht wollen sie vor allem folgendes: Die Kunden überzeugen, teurere Tarife zu wählen. Das Argument „Sorgenfreiheit” für Flatrates ist in allen Branchen überaus beliebt und lange erprobt. Das Wachstumspotenzial ist da: Die Telekom hat in Deutschland knapp 42 Millionen Mobilfunkkunden in einem Markt, der dreimal so groß ist.

Allerdings ist (Sorgen)-„Freiheit” Kundengewinnung mit dem Brecheisen. Die Chance, damit neue Kunden zu gewinnen und Bestandskunden zu halten, stehen zunächst einmal gut. Aber es bleibt die Frage: Was kommt danach? Die Wettbewerber werden wahrscheinlich nachziehen. Telefonica bietet bereits seit vergangenem Jahr den Tarif „O2 free” an: Die Kunden können immer weiter surfen – nur wird die Datenübertragungsrate irgendwann gedrosselt und reicht dann oft nicht mehr für ein angenehmes Musik- oder Videostreaming. Das kann Telefonica aber verbessern. Auch Vodafone wird wohl nachziehen.

Vorteil Netzqualität

Zu offensichtlich ist die Streamingoption ein gutes Marketingargument. Da hat die Telekom allerdings einen Vorteil: Sie hat Tests zufolge das beste Netz – und gerade beim Streaming nervt es, wenn die Verbindung abbricht oder das Video ständig zuckelt.

Nicht desto trotz müssen die Bonner sich jetzt schon überlegen, was nach dem kostenlosen Streaming kommt. Differenzierung ist der Schlüssel für Erfolg im Markt. Und wenn dann doch wieder alle das gleiche anbieten, wird meist an der Preisschraube gedreht. Zum Schaden der ganzen Branche.

Aber Privatkunden-Chef Michael Hasphil ist zuversichtlich, dass es soweit nicht kommen wird. „Wir werden immer neue Dienste finden, mit denen wir uns vom Wettbewerb differenzieren können”, sagt er. Dabei denkt er laut über Anwendungen für Virtuelle Realität nach.