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Ein Teilnehmer am finnischen Experiment zum Grundeinkommen berichtet, warum es ihn glücklicher gemacht hat

Als Tuomas Muraja 2018 für das finnische Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen ausgewählt wurde, habe er sich gefühlt, als hätte er „im Lotto gewonnen“, sagt er. Der freiberufliche Journalist und Schriftsteller erhielt als einer von 2.000 Arbeitslosen zwei Jahre lang jeden Monat 560 Euro. Muraja hatte sich für die Auswahl qualifiziert, weil er manchmal Arbeitslosengeld beantragt, wenn er die Zeit zwischen Stipendien oder anderen Einkommensquellen überbrücken muss.

Die Idee eines Grundeinkommens — eine bedingungslose, regelmäßige Zahlung an erwachsene Bürger — ist in den letzten Jahren zu einem immer populäreren politischen Vorschlag geworden. Auch in Deutschland startet derzeit mit Unterstützung von mehreren wissenschaftlichen Instituten ein dreijähriges Pilotprojekt zum Grundeinkommen. Finnlands von der Regierung unterstützte Studie war eine der bisher größten weltweit. Als dann aber 2019 die Ergebnisse veröffentlicht wurden, galt das Projekt als gescheitert. Denn das Grundeinkommen habe die Chancen der Teilnehmer auf Arbeit nicht signifikant erhöht.

Die Empfänger berichteten jedoch auch von einer signifikant höheren Lebenszufriedenheit und eine geringere psychische Belastung. Für Muraja war das Grundeinkommensexperiment transformativ und er ist jetzt ein lautstarker Befürworter des Konzepts. „Das Grundeinkommen würde die Kreativität befreien, die Gleichheit erhöhen und mehr Freizeit für alle schaffen“, sagte er. Er konnte die Grundeinkommenszahlung auf seine monatliche Miete von 2.000 Euro anrechnen lassen. Außerdem ersetzte es das komplizierte, bürokratische Formularsystem und den Besuch von Kursen, der vorher für das Beantragen der Sozialleistungen nötig war.

"Wenn man sich frei fühlt, fühlt man sich sicherer"

Tuomas Muraja
Tuomas Muraja

Muraja sagt, dass das Experiment zwar keine großen finanziellen Auswirkungen auf sein Leben hatte. Denn er lebt in einem Land, das bereits über ein großzügiges Sozialsystem verfügt. Aber es hatte doch einen erheblichen Einfluss auf sein Wohlbefinden. „Die psychologischen Effekte waren positiv“, sagte er. „Mir ist es viel lieber, das Grundeinkommen zu erhalten, als mich mit dem alten System zu beschäftigen und dessen komplizierte Formulare auszufüllen oder an Pflichtkursen teilzunehmen.“

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Er sagte, dass die Universalität auch eine entstigmatisierende Wirkung habe. „Wenn wir ein Grundeinkommen hätten, würde es der Erniedrigung von Armen ein Ende setzen“, sagte er. Im finnischen Sozialhilfesystem können Antragsteller bis zu 300 Euro im Monat verdienen, bevor sie anfangen müssen, 50 Prozent ihres Einkommens über diesem Betrag zurückzuzahlen.

Jetzt konnte Muraja kleinere Jobs annehmen, ohne Angst haben zu müssen, den Zugang zu diesen Leistungen zu verlieren. Und er hatte auch mehr Zeit, kreative Projekte zu verfolgen. „Ich konnte die kleinen Jobs annehmen und hatte keine Angst, meine Sozialleistungen zu verlieren“, sagte er.

„Man fühlt sich frei“, sagt Muraja über seine Erfahrungen mit dem Grundeinkommen. „Man muss zum Beispiel nicht jeden Tag arbeiten. Man könnte nur vier Tage in der Woche arbeiten, und am fünften macht man, was man will — so wird man kreativ. Und wenn man kreativ und motiviert ist, macht einen das produktiv, auch wenn sich Produktivität nicht immer in Geld berechnen lässt. Wenn man sich frei fühlt, fühlt man sich sicherer. Und dann schafft man etwas. Leute im Supermarkt, Leute beim Putzen — denen hilft es auch.“

‚Warum können arme Menschen nicht zufrieden sein?‘

Ein Großteil der Kritik an Finnlands Experiment bemängelte, dass das Beschäftigungsniveau der Versuchspersonen sich in den zwei Jahren nicht erhöht hat. In einem Bericht der BBC hieß es, die Menschen seien „glücklicher, aber arbeitslos“.

Doch Muraja sagt, die Ergebnisse der Studie seien anders zu bewerten. „Alle, die das Grundeinkommen erhielten, waren zufriedener. Meine Frage ist: Warum können arme Menschen oder Arbeitslose nicht zufrieden sein? Es hat [das Beschäftigungsniveau] nicht verringert. Also ist es besser als das normale System. Weil wir uns besser fühlten. Man muss es anders berechnen."

Die andere häufige Kritik am bedingungslosen Grundeinkommen ist, dass es die Kosten dafür sehr hoch wären, wenn es an alle Erwachsene ausgezahlt werden soll. Doch Muraja glaubt, dass die Einführung eher eine Frage des politischen Konsens ist, nicht eine der Erschwinglichkeit. „Natürlich wird es eine Menge kosten“, sagte er. „Aber kostenlose Bildung kostet eine Menge und wir haben es geschafft, damit umzugehen. Wir haben kostenlose Autobahnen in Finnland, und wir schaffen das. Die Frage ist: Sind wir dazu bereit?“

sb