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Der TecDax hängt den Dax ab – und die Rekordfahrt kann noch eine Weile dauern

Der TecDax erklimmt ein Rekordhoch nach dem nächsten. Viele Aktien sind inzwischen teuer. Doch gibt es einen großen Unterschied zur früheren Hightech-Euphorie.

Amazon, Apple und Facebook? Deutschlands Antwort lautet: Wirecard, Aixtron und Cancom. Rasante Kursgewinne machen die Technologiefirmen zu Börsenstars. Davon können Allianz, Bayer, Siemens & Co im Dax nur träumen.

Wer die rasanten Kursentwicklungen der weltbekannten amerikanischen Technologieaktien mit den weniger geläufigen deutschen Wettbewerbern vergleichen will, orientiert sich am besten an der Nasdaq auf der amerikanischen und am TecDax auf der deutschen Seite. Erstes Ergebnis: Beide Börsenindizes schlagen den Dow Jones und den Dax, in denen jeweils die großen traditionsreichen Unternehmen notieren, um Längen.

Anleger haben knapp zwei Jahrzehnte nach dem Platzen der Internetblase ihre Liebe für Wachstumsaktien wiedergefunden. Sichtbarster Beleg: Während der Dax in den vergangenen zwölf Monaten auf der Stelle trat, legte der TecDax um 28 Prozent zu. In den vergangenen fünf Jahren haben sich die deutschen Technologie-Aktienkurse im Schnitt verdreifacht – und seit Beginn der Hausse im Frühjahr 2009 sogar versiebenfacht.

Der Dax stieg zwar ebenfalls, schaffte aber nur rund die Hälfte. Mit über 2900 Punkten notiert der Tec Dax so hoch wie noch nie. Berücksichtigt man auch die Kursentwicklung des Vorgängerindexes Nemax aus den Zeiten des Neuen Marktes, handelt es sich um dem höchsten Stand seit 2001.

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Ältere Anleger fühlen sich jetzt vermutlich an die Jahrtausendwende erinnert. Damals stiegen die Börsen vor allem deshalb, weil Anleger um Technologieaktien eine beispiellose Euphorie entfachten. Als die Blase platzte, brachen erst die gehypten Technologie-, Internet- und Medienwerte ein, ehe der Crash dann aber auch fast alle übrigen Aktienkurse erfasste.

Die Bilanz des Schreckens: Der Tec-Dax-Vorgängerindex Nemax verlor innerhalb von drei Jahren 98 Prozent an Wert, die großen Titel im Dax, wo überwiegend Industrieaktien notieren, büßten bis März 2003 über 70 Prozent ein. Für Deutschland war dies der größte Crash in der recht kurzen Börsengeschichte.

Haupttreiber der Tech-Euphorie ist die Nasdaq

Auch diesmal geht die Euphorie von Technologieaktien aus. Haupttreiber heute wie damals ist die amerikanische High-Tech-Börse Nasdaq. Der Online-Handelsgigant Amazon ist über 800 Milliarden Dollar wert, der iPhone-Riese Apple kommt sogar auf 950 Milliarden Dollar. Zusammen sind die zwei wertvoller als alle 30 Dax-Konzerne zusammen.

Mehr noch: Die gemessen am Börsenwert fünf größten Konzerne der Welt sind ausnahmslos amerikanische Technologiefirmen: neben Apple und Amazon die Suchmaschine Google mit der Holding Alphabet, der Softwarehersteller Microsoft und das soziale Netzwerk Facebook. Rückschläge wie zuletzt im März nach dem Datenskandal bei Facebook, endeten immer rasch und mündeten schon nach wenigen Wochen in neuen Rekordkursen.

Dafür verantwortlich sind starke Quartals- und Jahresbilanzen mit Milliardengewinnen für Apple, Alphabet, Microsoft und Facebook. Die Tech-Giganten sind nicht nur am meisten wert, sie verdienen auch am meisten. Allein Apple kam im vergangenen Jahr auf 48 Milliarden Dollar Nettogewinn – so viel schaffte kein anderer Konzern. Microsoft strich 21 Milliarden Dollar ein. Starke und rekordhohe Gewinne – das unterscheidet die aktuelle „Techrally 2.0“ von der damaligen „1.0-Rally“, die in den 90ern des vorigen Jahrhunderts startete und im Jahr 2000 endete.

Richtig ist zwar, dass auch heute wieder die Aktien an der Nasdaq deutlich teurer sind als etwa im amerikanischen Dow Jones. Der Börsenwert aller an der Nasdaq gelisteten Unternehmen liegt bei rund zehn Billionen Dollar. Sie kosten damit etwa 28-mal mehr, als diese Unternehmen in diesem Jahr voraussichtlich netto verdienen werden. Das sich daraus ableitende Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 28 ist deutlich höher als im Dow Jones oder im S & P 500, wo die Unternehmen etwas weniger als 20-mal so viel kosten, wie sie 2018 vermutlich verdienen werden.

Aber: Wachstumsunternehmen kosten fast immer mehr als traditionsreiche Industriekonzerne. Diese fahren zwar verlässliche Gewinne ein, steigern sie aber nur langsam oder gar nicht.

Ähnlich ist das Bild in Deutschland – nur dass die absoluten Gewinne und Börsenwerte deutlich niedriger sind. Wer heute auf den TecDax setzt – mit einem ETF oder Fonds, um an allen Aktien zu partizipieren -, der bezahlt für die Unternehmen fast 32-mal so viel, wie sie verdienen. Also noch etwas mehr als an der Nasdaq – und deutlich mehr als im Dax. Hier liegt der Faktor mit 13 nicht einmal halb so hoch.

Aber: Im Dax resultiert die niedrige Bewertung vor allem aus den drei Schwergewichten BMW, Daimler und VW. Die Autobauer verdienen viel, doch kaufen möchte die Aktien kaum jemand angesichts der schlechten Perspektiven für Benzin- und Dieselfahrzeuge.

Auffällig ist, dass Anleger die deutschen TecDax-Aktien auch nach dem rasanten Kursanstieg nicht höher bezahlen als in den vergangenen Jahren. Das belegt der längerfristige Bewertungschart. Das heißt: Die Kursgewinne gingen mit steigenden Firmengewinnen einher.

Beispiel Siltronic: Der Wafer-Hersteller verdiente 2016 gerade mal zwölf Millionen Euro unter dem Strich. Im abgelaufenen Jahr waren es bereits 185 Millionen Euro, und für das laufende Geschäftsjahr rechnen Analysten im Schnitt mit 344 Millionen Euro. Daran gemessen bezahlen Anleger das Unternehmen und jede einzelne Aktie aktuell nur mit dem zwölffachen Jahresgewinn. Das ist preiswert.

Etliche Aktien im Tec Dax sind inzwischen teuer

Der Kurs von Cancom ist in nur zwölf Monaten um 75 Prozent gestiegen. Der IT-Dienstleister verdiente im abgelaufenen Jahr 33 Millionen Euro. 2018 dürften es knapp 50 Millionen Euro werden - der Prognose nach also 50 Prozent mehr. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 ist die Aktie zwar nicht mehr preiswert, aber auch nicht völlig überteuert. Ein starkes Gewinnwachstum rechtfertigt die Bewertung.

Doch Vorsicht, das Beispiel Cancom zeigt, wie risikoreich künftige Investitionen in die Aktie sind: Der Titel ist nicht mehr preiswert – und die Gewinnschätzungen der Analysten ambitioniert.

Mehr noch: Etliche Aktien im Tec Dax sind inzwischen teuer, wie etwa der Topstar Wirecard. Wer vor fünf Jahren die Aktie des Zahlungsdienstleisters kaufte, hat sein Geld bis heute verdreifacht. Auf Sicht nur eines Jahres legte die Aktie gut 160 Prozent zu. Mit einem Börsenwert von 18 Milliarden Euro ist Wirecard mehr wert als die Commerzbank. Diese kommt auf zwölf Milliarden Euro. Selbst die Deutsche Bank ist nicht mehr weit. Sie erreicht mit allen Aktien zusammengerechnet 20 Milliarden Euro.

Zwar steigert Wirecard seinen Gewinn - aber dieser hält mit der Kursentwicklung nicht Schritt. 2017 schrumpfte der Gewinn sogar leicht um drei Prozent auf 260 Millionen Euro. 2018 wird er nach Meinung der Analysten um gut ein Drittel zulegen. Doch das ist zu wenig angesichts eines Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 52. Die Aktie ist teuer und rechtfertigt auf Dauer solch eine Bewertung nur dann, wenn die Gewinne in Zukunft rasanter steigen. Das aber ist in dem wettbewerbsintensiven und margenarmen Geschäft mit weltweit vielen Anbietern nur schwer erreichbar.

Wirecard gehört im TecDax zweifellos zu den eher teuren Aktien – ist aber nicht allein. Ähnlich hoch bewertet sind mit RIB Software, Isra, Evotec, Xing, Sartorius, Nemetschek und Aixtron sieben weitere Titel. Noch schlimmer sieht es für Nordex, Medigene, Morphosys und Telefonica Deutschland aus: Hier rechnen Analysten für das laufende Geschäftsjahr mit roten Zahlen.

Rekordfahrt kann noch eine ganze Weile andauern

Doch daraus zu schließen, dass angesichts der hohen Kursniveaus die Technologie-Hausse bald endet, greift zu kurz. Der Auslöser dafür wird von der amerikanischen Nasdaq und ihren Stars wie Amazon, Facebook & Co ausgehen. Nach einer Analyse der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs kann die Rekordfahrt noch eine ganze Weile andauern. Die Experten haben sich die Mühe gemacht, die lange Börsengeschichte genauer unter die Lupe zu nehmen.

Demnach gab es schon immer Branchen, in denen die Aktien über einen langen Zeitraum teuer waren und darüber hinaus den gesamten Aktienmarkt nach oben trieben: Erst waren es die Transportaktien mit dem Aufstieg der Eisenbahnen im 19. Jahrhundert, dann der Energiesektor in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dann die Finanzwerte im vorletzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, ehe schließlich die Technologieaktien Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts die Führung übernahmen.

Zwischenzeitliche Einbrüche, wie nach der Jahrtausendwende sind nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Die Lehre daraus lautet für Goldman Sachs, dass die Dominanz einer Branche sehr viel länger dauern kann, als alle Beteiligten es annehmen.

Sicher scheint nur zweierlei: Je stärker die Kurse steigen, desto abrupter wird die Rally enden. „Ein schneller und kräftiger Ausverkauf bei Technologieaktien“ ist nach Ansicht von Michael Hartnett von der Bank of America Merrill Lynch das größte Risiko. Und schließlich: Zum rechtzeitigen Ausstieg an der Börse klingelt niemand.