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Tag der Entscheidung in Berlin: Gericht urteilt zur Wahlwiederholung

BERLIN (dpa-AFX) -Schon lange ist ein Urteil des Landesverfassungsgerichts in Berlin nicht mehr mit solcher Spannung erwartet worden. Am Mittwoch entscheiden die Richterinnen und Richter voraussichtlich, ob die Abgeordnetenhauswahl und die Wahl zu den zwölf Bezirksparlamenten vom September vergangenen Jahres wegen zahlreicher Pannen wiederholt werden müssen, in Teilen oder komplett. Für die politische Landschaft in Berlin könnte das erhebliche Folgen haben. Die Karten werden in der Landespolitik dann möglicherweise ganz neu gemischt. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kann nicht sicher sein, den Chefinnen-Sessel im Roten Rathaus zu behalten.

Eine vollständige Wiederholung der Wahl ist nicht abwegig. Der Landesverfassungsgerichtshof hatte das Ende September bereits nahegelegt. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl habe es eine Vielzahl von Fehlern gegeben, hieß es in einer vorläufigen Einschätzung in der mündlichen Verhandlung. Nach Einschätzung des Gerichts hatten sie durchaus Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate - ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Abwägung für oder gegen eine Wahlwiederholung.

Gerichtspräsidentin Ludgera Selting hatte erklärt, nur durch eine komplette Wahlwiederholung könne ein verfassungskonformer Zustand herbeigeführt werden. Hat sich an der Bewertung des Gerichts nichts Gravierendes geändert, muss sich Berlin nach der Urteilsverkündung am Mittwoch auf eine Wahlwiederholung innerhalb von 90 Tagen einstellen. Als wahrscheinlicher Termin gilt nach Einschätzung des neuen Landeswahlleiters Stephan Bröchler der 12. Februar. Seine Vorgängerin war nach dem Berliner Wahlchaos im vergangenen Herbst zurückgetreten.

Noch am Wahltag gab es Kritik wegen langer Schlangen vor Wahllokalen, falschen Stimmzetteln, fehlenden Wahlurnen, überforderten Wahlhelfern und der Tatsache, dass in vielen Wahllokalen auch noch deutlich nach 18 Uhr Stimmen abgegeben werden konnten. Berlin war wieder mal als Pannenhauptstadt in den Schlagzeilen.

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Am Superwahltag war einiges zusammengekommen: Der Berlin-Marathon erschwerte das Durchkommen in der Stadt, so dass fehlende Wahlzettel nicht schnell nachgeliefert werden konnten. Dann musste unter Pandemie-Bedingungen gewählt werden, was Zeit kostete. Und es gab gleich vier Abstimmungen: zum Berliner Abgeordnetenhaus, zum Bundestag, zu den Bezirksparlamenten und über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen.

Anders als im Fall der Abgeordnetenhauswahl ist die Frage der Wiederholung für die Wahl zum Bundestag schon entschieden: Am Donnerstag beschloss der Bundestag auf Basis einer Empfehlung seines Wahlprüfungsausschusses mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP, dass sie in 431 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden muss. Die Wiederholung soll mit Erst- und Zweitstimme erfolgen. Noch ist unklar, wann die Teilwiederholung stattfinden wird. Die Parteien im Bundestag gehen davon aus, dass der Beschluss vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird.

Sollte das so sein und sollte sich der Landesverfassungsgerichtshof am Mittwoch in seinem Urteil für eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl aussprechen, dürfte es zwei Wahltermine geben. Dann müssten die Berlinerinnen und Berliner im Februar zunächst über das Landesparlament und die Bezirksversammlungen abstimmen und in den betreffenden Wahlbezirken später noch einmal über den Bundestag.

Pannen wie im September 2021 soll es bei der Wahlwiederholung nicht noch einmal geben. Die Regierende Bürgermeisterin hat als Ziel ausgegeben, künftige Wahlen müssten reibungslos ablaufen, solche Fehler wie zuletzt dürften nie wieder passieren. So sollen mindestens 38 000 Wahlhelfer zum Einsatz kommen, nicht nur 34 000. Sie sollen außerdem besser geschult werden und eine deutlich höhere Entschädigung erhalten.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler kündigte außerdem mehr Wahlkabinen in den Wahllokalen an. Auch Stimmzettel sollen deutlich mehr bestellt werden als beim vorigen Mal. Bröchler legt zudem Wert auf eine engere Verzahnung der Landeswahlleitung mit den Verantwortlichen der Bezirke. Im Berliner Nachtragshaushalt sind 39 Millionen Euro für die Wiederholungswahlen auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene reserviert
- das ist dreimal so viel wie 2021 zur Verfügung stand.

Die Folgen der Wahlwiederholung sind schwer vorherzusagen. Aber dass die Wählerinnen und Wähler fast eineinhalb Jahre später noch einmal genauso entscheiden wie im September 2021, glaubt wohl niemand. Die rot-grün-rote Regierungskoalition muss damit rechnen, dass es auch auf einen anderen Senat hinauslaufen könnte.

Selbst bei einer erneuten Mehrheit für die Koalition könnten diesmal die Grünen vorn liegen, die beim vergangenen Mal nur ganz knapp auf Platz zwei landeten. Dann würde wohl Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch Berlins erste grüne Regierende Bürgermeisterin. Aber auch die Opposition macht sich Hoffnung. Die CDU lag im September 2021 nicht weit hinter SPD und Grünen auf Platz drei. CDU-Landesvorsitzender Kai Wegner hat weiterhin Ambitionen auf das Rote Rathaus - auch Bürgermeister traut er sich durchaus zu.