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Tablets oder Laptops allein digitalisieren keine Schule

Ein paar Tablets reichen nicht aus für das digitale Arbeiten, meinen Eike Völker und Felicitas von der Meden von der Schiller-Schule in Bochum. Sie berichten über Erfahrungen bei der Digitalisierung des Gymnasiums.

Ein paar tausend Tablets oder Laptops in die Schulen zu werfen reicht nicht aus, damit das digitale Arbeiten gelingt, kommentieren Eike Völker und Felicitas von der Meden (Symbolbild). Foto: dpa
Ein paar tausend Tablets oder Laptops in die Schulen zu werfen reicht nicht aus, damit das digitale Arbeiten gelingt, kommentieren Eike Völker und Felicitas von der Meden (Symbolbild). Foto: dpa

Eike Völker ist stellvertretender Leiter der Schiller-Schule in Bochum. Seine Kollegin Felicitas von der Meden ist Teil des digitalen Planungsteams.

Darauf sind wir stolz: An der Schiller-Schule Bochum haben wir es geschafft, dass innerhalb eines Jahres alle Schülerinnen und Schüler sowie das Kollegium des Gymnasiums mit einem eigenen Tablet arbeiten, das vollständig von der Schule mit einem mobilen Management-System verwaltet wird. Zudem verfügt die Schule über ein WLAN, an das 2000 Endgeräte angeschlossen sind. Das ist für uns ein toller Erfolg, viele Kollegen arbeiten begeistert mit der neuen Technik.

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Allerdings gilt auch: Ein paar tausend Tablets oder Laptops in die Schulen zu werfen reicht nicht aus, damit das digitale Arbeiten gelingt.

Dafür muss sich nicht nur die Ausstattung, sondern die gesamte Organisation Schule ändern. Bei uns ging der Startphase in diesem Schuljahr eine dreijährige Planungsphase voraus. Dabei haben wir herausgearbeitet, was Digitalisierung überhaupt für die Schule beinhaltet – und wen genau sie betrifft. In unserem Planungsteam saßen deshalb neben der Schulleitung auch Kollegen, Schüler und Eltern.

Dieser demokratische Ansatz hatte zunächst eine erstaunliche Folge: Einstimmigkeit. In der Schulkonferenz wurde nach kurzer Aussprache gemeinsam beschlossen, dass zunächst die Stufen der Klasse 5 und 7 flächendeckend mit Tablets arbeiten – und die anderen Jahrgänge dann nachziehen.

Zudem wurden alle Eltern in aufwändigen Veranstaltungen informiert, Kreuzverhör im Anschluss inklusive. Diese Informationspolitik half, dass wir den Eltern den didaktischen Mehrwert und die vergleichsweisen geringen Kosten des Digitalprojekts verdeutlichen konnten.

Wenig Kapital, viele Regeln

Wer schimpft, dass die Schulen bei der Digitalisierung zu langsam seien, der muss auch die Unterschiede zur Wirtschaft bedenken: Staatliche Schulen verfügen über zu wenig Kapital, um die IT-Infrastruktur und Endgeräte zu finanzieren. Wer es trotzdem schaffen will, der ist auf die Hilfe von Eltern und Kollegen angewiesen. Schlagwort: „Bring your own device“. Ja, das ist eine Ungerechtigkeit, denn kein Arbeitnehmer kauft privat Geräte, um seine Arbeit auszuführen. Die Alternative aber wäre: Warten, sehr lange warten.

Auch für den Kompetenzaufbau haben wir uns Partner gesucht. Das Expertenwissen für WLAN und Projektdurchführung sammelte die Schule beim Bochumer IT-Sicherheitshersteller G-Data und dem ebenfalls ortsansässigen IT-Anbieter VW-Infotainment. Planungsgespräche mit Elektronikkonzernen eröffneten Möglichkeiten, die Endgeräte günstig zu beziehen. Parallel zum technischen Prozess haben wir als Digitalteam das gesamte Kollegium geschult, um mit den Geräten sicher zu arbeiten und den Mehrwert zu nutzen.

Schwierige Erschließung des Gebäudes

Der schwierigste Part aber wurde letztlich eine Frage, die viele Entscheider im Bildungsbereich eher nicht auf der Rechnung haben: die Erschließung des Gebäudes. Zahlreiche langwierige Gespräche mit dem Schulträger stellten das Digitalisierungsvorhaben immer wieder auf die Probe. Es fehlt in den Stadtverwaltungen an Stellen, die unterstützen, um Ausschreibungen schnell und wasserdicht zu vollziehen. Sinnvoll wäre es etwa, den Schulen ein Budget zu geben, das sie zielgerichtet einsetzen können.

Die Erschließung des Server- und Kommunikationssystems konnte so gelöst werden, dass nach Verhandlungen eine Testaufstellung errichtet und über ein Jahr später von der Stadt finanziert wurde. So musste der Start für das digitale Lernen daher zunächst ohne schulisches WLAN gestaltet werden.

Schon kurz nach diesem Start merkten wir trotz aller Vorbereitung: Die Schule kratzt nur an der Oberfläche der digitalen Möglichkeiten. Wer Tablets offline eher als Schreibgeräte und später online als Suchmaschinen versteht, erfährt den Mehrwert digitalen Lernens nie. Einfach analoge Methorden in den digitalen Unterricht zu übertragen, schöpft den Mehrwert nicht aus.

Nach und nach aber haben sowohl Lehrer als auch Schüler sich erstaunlich kreative Wege erschlossen, die digitale Technik nicht nur einzusetzen, sondern tatsächlich zu nutzen.

Die Fünftklässler arbeiteten bereits nach wenigen Wochen ganz selbstverständlich mit ihren Geräten und werden erfinderisch. Klassensprecherwahl mit Zetteln? Verschwendung. „Dafür haben wir doch eine App!“ Bei Corona 1,5m Abstand halten? Da werden MicroBits als Abstandhalter programmiert!

Die Arbeit an geteilten Dokumenten und die Organisation im Team über sogenannte Kanban-Boards – also Tools zur Visualisierung der Arbeitsabläufe – gehört nun zum Unterrichtsalltag und ermöglicht auch in Zeiten von Abstandsregeln und festen Sitzplätzen Interaktion und wechselnde Gruppenarbeiten. Individuelle, kreative Lösungswege, Teamarbeit und ein höheres Maß an Selbstbestimmung zeichnen heute das digitale Lernen an unserer Schiller-Schule aus. Hinzukommt eine große Portion Enthusiasmus.

Das Urteil eines Vorstandschefs nach einer Hospitation bei uns: „Meinen nächsten Managerworkshop leiten diese Schüler.“

Mehr zum Thema: Bildungsrepublik Deutschland? Von wegen. Der Coronalockdown war ein Offenbarungseid – für digitalisierungsskeptische Pädagogen.