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T-Systems bringt den Chef zum Schweigen

Ganz Deutschland investiert in die Digitalisierung – doch der IT-Dienstleister T-Systems hat nichts davon. Nun muss die Telekom-Tochter ihre internen Ziele revidieren.

Läuft etwas schief, poltert Timotheus „Tim“ Höttges laut los und setzt verantwortliche Manager mitunter sogar öffentlich unter Druck. Läuft etwas so richtig schief, schweigt der Telekom-Chef. Dann sind die Probleme vermutlich so groß, dass weder Schönreden noch böse Worte schnell eine Trendwende herbeizaubern können.

Zu besichtigen war das in den vergangenen Monaten bei der IT-Sparte T-Systems. Verbal ignorierte Höttges das Geschäft mit Großkunden nahezu vollends, wenn er notgedrungen etwas sagen musste – wie etwa bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal im November –, beschränkte er die Kommunikation auf das absolute Minimum. Obwohl der Umsatz da gerade um fast acht Prozent auf 1,5 Milliarden Euro eingebrochen war, bestätigte der Telekom-Chef das Ziel, in den Jahren 2014 bis 2018 stärker als der Markt zu wachsen.

Heute, nur drei Monate später, scheint diese Vorgabe kaum noch erreichbar. Von einer echten Krise will bei dem Bonner Konzern zwar noch niemand reden. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Sparte ihre Umsatz- und Gewinnziele Ende 2016 offenbar so stark verfehlt hat, dass sich der Einbruch im gerade anlaufenden Geschäftsjahr 2017 nicht aufholen lässt. Die endgültigen Zahlen will die Telekom zu ihrer Bilanzpressekonferenz am 2. März veröffentlichen.

Die Kurve ist weniger steil

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Intern hat die Führungsriege ihr Schweigen schon gebrochen. Auf dem Führungskräftetreffen der Telekom Mitte Januar räumten T-Systems-Chef Reinhard Clemens und Finanzvorstand Christoph Ahrendt den Einbruch bei Umsatz und Gewinn bereits ein. Die Mitarbeiter sind vorgewarnt. „Angesichts der Schwierigkeiten im vergangenen Jahr haben wir unsere Planung 2017 angepasst“, heißt es in einem Beitrag im konzerneigenen Intranet. „Die Umsatzerwartung und in Teilen auch die Profitabilität haben wir entsprechend abgesenkt.“ Auch nach der neuen Planung soll T-Systems wachsen. „Die Kurve verläuft aber weniger steil“, heißt es im Intranet.

Sorgen bereitet den Managern vor allem der Vertrieb, wie Spartenchef Clemens in einem internen Video-Blog erläutert: „Wir haben echte Probleme, neues Geschäft zu generieren. Die Erwartungen haben wir 2016 nicht erreichen können“, sagt er da. Das liege vor allem daran, dass T-Systems nur auf Ausschreibungen reagiere, statt mit Angeboten aktiv auf Unternehmen zuzugehen. „Dass sich höhere Wachstumsraten erzielen lassen, zeigen viele andere Firmen unserer Branche“, kritisiert Clemens.

Zusätzlich hätten „große notleidende Verträge“ die Bilanz verhagelt. Die Telekom-Tochter hatte – wie schon 2015 – Großkunden beim Auslagern von deren IT-Systemen offenbar zu viel versprochen. Nun muss sie nachbessern und Strafen für verspätete Lieferung zahlen. Der Aufwand dafür ist so groß, dass diese Kunden für T-Systems nicht mehr profitabel sind. Ein Teil der Verträge wurde deshalb aussortiert, der Rest mit erheblichen Preisnachlässen neu ausgehandelt.

Für den seit 2007 verantwortlichen Spartenchef Clemens ist all das besonders bitter. T-Systems gilt schon länger als Sorgenkind des Konzerns, doch eigentlich sollte das Jahr 2016 die Trendwende bringen. Die Anfang 2015 unter der plakativen Überschrift „Lead in Business“ präsentierte Mittelfristplanung, sah vor, dass der Umsatz bis 2018 jährlich um drei Prozent wächst. T-Systems sollte sich demnach als „Digitalisierer der deutschen Wirtschaft“ profilieren und vor allem bei Trendthemen wie Cloud Computing und dem Internet der Dinge zulegen. In Hochglanzbroschüren fabulierte Clemens sogar vom „Wirtschaftswunder 4.0“. Damit meinte er wohl nicht nur den digitalen Aufbruch der deutschen Industrie, sondern auch das große Comeback von T-Systems.


Das Geschäft wird schwieriger

Tatsächlich investieren deutsche Unternehmen kräftig in die Modernisierung ihrer IT-Systeme, wie jüngste Markterhebungen des Branchenverbands Bitkom zeigen. Die Umsätze rund um Software, Hardware und IT-Dienstleistungen, in denen sich auch die Aufträge aus der digitalen Transformation der Unternehmen niederschlagen, sind 2016 in Deutschland um 3,6 Prozent auf 84 Milliarden Euro gewachsen. Allerdings haben davon bisher nur mittelständische IT-Unternehmen profitiert. Sie konnten ihren Umsatz um durchschnittlich acht Prozent steigern. An den großen Anbietern mit 500 und mehr Mitarbeitern ging der Boom komplett vorbei. Sie melden ein Umsatzminus von durchschnittlich zwei Prozent.

Der Chef kommt mit

Vor allem das Geschäft mit großen Konzernen wird schwieriger. Die binden sich nicht mehr komplett an einen Anbieter, sondern schreiben einzelne Leistungen getrennt aus, so etwa den Betrieb der IT-Systeme, Unternehmensnetze und mobile Lösungen. Meistens erhalten dann auch verschiedene Unternehmen den Zuschlag. So kann es vorkommen, dass T-Systems zwar die Rechenzentren betreibt, aber Vodafone den Mobilfunk übernimmt und der US-Konzern Verizon das Unternehmensnetzwerk betreut.

Manche Familienunternehmer wollen gar selbst im Geschäft mitmischen. „Ich gehe davon aus, dass die digitalen Geschäftsplattformen, die die Grundlage von Industrie 4.0 sind, eher bei Unternehmen wie uns eingerichtet werden als bei großen IT-Dienstleistern wie Google oder Telekom“, sagte Mathias Kammüller, Chef des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf, im vergangenen Jahr.

Selbst bei Zukunftsprojekten der Bundesregierung ist T-Systems nicht mehr gesetzt. Beim von Berlin geförderten „Industrial Data Space“ etwa. Der soll einen sicheren Datenraum für deutsche Industrieunternehmen schaffen. Hinter der Initiative stehen Konzerne wie Thyssenkrupp, Volkswagen, Bayer und Bosch. Auch T-Systems-Konkurrent Atos ist mit von der Partie. Die Telekom werde später beitreten, heißt es in ihrem Umfeld.

Um die Trendwende zu schaffen, will Vorstand Clemens selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Das Vertrauen in T-Systems könnten Mitarbeiter nur wiederherstellen, wenn sie weniger intern und mehr beim Kunden unterwegs seien. Bei Bedarf kommt der Chef gleich mit. „Ihr könnt mich für Kundentermine buchen“, verkündete Clemens. Das Jahr 2017 solle schließlich „ganz im Zeichen von Neugeschäft stehen“.

KONTEXT

Die Entwicklung der Industrie

Industrie 1.0

Industrieära: 1784

Technologische Revolution: Mechanische Produktion mit Wasser-/Dampfkraft

Transformatorischer Wandel: Substitution von Arbeit durch Kapital,; Prozessstabilität und Geschwindigkeit

Quelle: "Digital Industry – Connecting the Dots" von Oliver Wyman

Industrie 2.0

Industrieära: 1870

Technologische Revolution: Elektrisch betriebene Massenproduktion

Transformatorischer Wandel: Arbeitsteilung ("Taylorismus"); Durchgängigkeit von Prozessen

Industrie 3.0

Industrieära: 1969

Technologische Revolution: Produktionsautomatisierung durch Elektronik und IT

Transformatorischer Wandel: Business Process Reengineering; Prozessqualität und Lean

Industrie 4.0

Industrieära: heute

Technologische Revolution: Digitalisierung durch cyber-physische Seyteme, Vernetzung und Big Data

Transformatorischer Wandel: "Digitale Industrie"; Die technologische Revolution schafft die Voraussetzung für die Hebung des wahren Werts durch Prozessverbesserung