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Deutsche Bank wehrt sich gegen Vorwürfe aus der Türkei

Auf der Suche nach Schuldigen für den Lira-Absturz hat eine türkische Zeitung schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Bank erhoben. Das Kreditinstitut hat den Bericht nun in scharfer Form zurückgewiesen.

Die Überschrift ist unzweideutig: „Deutsche-Bank-Terror“, titelte die türkische Tageszeitung „Yeni Safak“ in ihrer Online-Ausgabe. Auf dem abgebildeten Foto ist eine türkische Wechselstube zu sehen, auf der die Kurse für Euro und Dollar abgebildet sind. Für einen Euro muss man demnach 4,05 Türkische Lira hinblättern. Damit ist die Lira 25 Prozent weniger wert als vor einem Jahr. Der Vorwurf der als regierungsnah geltenden Zeitung: Deutsche Banken, angeführt von Deutschlands größter Bank, sind am freien Fall der Lira schuld, die allein seit Jahresbeginn fast zehn Prozent verloren hat. Nun hat das Geldhaus die Anschuldigungen zurückgewiesen und sich auch gegen die kriegerische Überschrift verwahrt: „Den Namen unserer Bank mit Terrorismus in Verbindung zu bringen, ist inakzeptabel“, heißt es in einer ungewöhnlich ausführlichen Stellungnahme, die in der Türkei verbreitet wurde.

Auch inhaltlich wirft das Geldhaus der Zeitung vor, unwahre Behauptungen aufgestellt zu haben: Konkret ging es in dem Artikel um Fremdwährungskredite, die türkische Firmen zum Beispiel bei der Deutschen Bank aufnehmen, wenn sie Waren aus Deutschland importieren. Alleine aus der Bundesrepublik summieren sich die Importe in die auf rund 1,7 Milliarden US-Dollar pro Monat. Diese Kredite werden meistens in Euro oder – etwa bei US-Banken – in Dollar ausgestellt. Das heißt, das türkische Unternehmen muss diesen Kredit auch in der Fremdwährung tilgen.

„Yeni Safak“ zufolge hat die nun türkische Importeure gezwungen, Fremdwährungskredite früher zu begleichen als vereinbart. In so einem Szenario kann die Lira tatsächlich kräftig an Wert verlieren. Denn die Unternehmen müssen sich dann schnell mit Euro oder Dollar eindecken. Das würde die Nachfrage nach diesen Währungen erhöhen und die Nachfrage nach Lira schwächen.

Die Deutsche Bank hat sich nun in scharfer Form gegen den Bericht gewehrt: „Die Vorwürfe in einer türkischen Tageszeitung, wonach die Deutsche Bank Kredite in der Türkei zurückgefordert haben soll, entbehren jeglicher Grundlage“, teilte die Bank mit. Sie schrieb auch, dass die Zeitung ihren Bericht veröffentlichte, ohne der Bank zuvor die Gelegenheit für eine Stellungnahme zu den „unbegründeten Vorwürfen“ gegeben zu haben.

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Belege für ihre These hatte die Zeitung, die in der Vergangenheit immer wieder unbewiesene Vorwürfe gegen die Deutsche Bank erhoben hatte, nicht geliefert. Dennoch löste der Bericht der viel gelesenen Zeitung in den sozialen Medien einen Proteststurm aus. Das dürfte die Bank auch zu ihrer offiziellen Reaktion motiviert haben. „Wir hoffen aufrichtig, dass falsche Anschuldigungen, wie die in dem Bericht erwähnten, keinen unnötigen Schaden anrichten“, hieß es in der Stellungnahme. Die Deutsche Bank werde weiter zur Entwicklung der türkischen Finanzmärkte beitragen.

Für den Verfall der Türkischen Lira gibt es auch mehr als einen plausiblen Grund. Die Türkei leidet seit Jahren unter einem Leistungsbilanzdefizit, sie importiert also mehr als sie exportiert. Das macht die Währung seit jeher verwundbar und abhängig von Kapital aus dem Ausland. Die türkische Lira steht „in der Liste gefährdeter Währungen in vielen Köpfen wieder an erster Stelle“, schrieb die LBBW vor kurzem.

Während etwa die US-Notenbank die Zinsen anhebt und damit Gelder aus Schwellenländern wie der Türkei saugt, steht der türkische Notenbankchef Murat Cetinkaya unter Druck, die Zinsen selbst niedrig zu halten, um das Wirtschaftswachstum in dem Land zu fördern. Anleger bevorzugen jedoch hohe Zinsniveaus, um überhaupt ein Investment in ein Schwellenland wie die Türkei in Erwägung zu ziehen. „Die türkische Zentralbank gibt Statements ab, die Investoren zu verstehen geben, dass die Zinsen weiterhin niedrig bleiben“, analysierte jüngst die Nachrichtenagentur Bloomberg. „Das macht aus der Lira ein leichtes Ziel.“


Türkische Unternehmen in fremden Währungen verschuldet

Der zweite Grund für den Lira-Verfall ist die anhaltende Inflation in der . Seit sechs Jahren liegt sie über dem Ziel der Türkischen Notenbank, die ein Inflationsziel von fünf Prozent jährlich ansteuert. Eine zu hohe Inflation ist ein Problem gerade für importdominierte Länder: Einfuhren werden tendenziell teurer, während ausländische Investoren fürchten, dass ihre Investments zu schnell an Wert verlieren könnten.

Nicht nur Ausländer, auch Türken selbst trauen der Lira weniger als noch vor zehn Jahren. Kein Wunder, dass Präsident Erdogan Anfang Dezember Türken dazu aufrief, ihre Fremdwährungsbestände unter dem Kopfkissen hervorzukramen und in Lira zu tauschen, um so die Nachfrage nach der eigenen Währung anzukurbeln. Wer diesem Aufruf folgte, musste seitdem einen Verlust von 6,6 Prozent an seinem Ersparten verkraften.

Nicht zuletzt sind es tatsächlich die verschuldeten Unternehmen selbst, die einen Währungsverfall beschleunigen können. Gerade türkische Firmen sind massiv in fremden Währungen verschuldet. Selbst wenn die Lira nur ein paar Prozent verliert, können sich die Kreditkosten dadurch um Millionen verteuern. Dem Türkischen Statistikamt zufolge überstiegen im September die Verbindlichkeiten türkischer Unternehmen ihre Anlagen um 213 Milliarden US-Dollar – ein negativer Rekordwert.

Die politische Situation in dem Land gibt der Währung schließlich den Rest. Nach den beiden aufreibenden Wahljahren 2014 und 2015 musste die Türkei im vergangenen Jahr einen blutigen Putschversuch verkraften. Außerdem kämpft das Militär des Landes an zwei Fronten gegen kurdische Extremisten und Dschihadisten, während die Frequenz tödlicher Anschläge im eigenen Land rapide zunimmt. Erst in der Neujahrsnacht tötete ein Attentäter in einem Istanbuler Nachtclub 39 Menschen. Ein paar Tage später explodierte in der Hafenstadt Izmir eine Autobombe.
Für den Präsidenten der türkischen Industriekammer, Nurettin Özdebir, ist der Währungsverfall der Lira einzig auf Spekulanten zurückzuführen. Die Türkei zahle jedenfalls weiterhin ihre Kredite zurück, wie man an den stabilen Preisen für Kreditausfallversicherungen erkennen könne, wird Özdebir in dem Artikel der „Yeni Safak“ über die Deutsche Bank zitiert. Es gibt keine abnormalen Bewegungen im Aktienmarkt, aber starke Schwankungen bei den Währungen. „Die Sonne scheint, der Himmel ist wolkenlos, es weht kein Wind, und trotzdem regnet es“, vergleicht er die Situation der türkischen Währung. Daher könne es sich seiner Meinung nach nur um Spekulation handeln.