Erdogans Wende im Kampf gegen Inflation und Lira-Verfall: Türkische Notenbank erhöht Leitzins drastisch auf 25 Prozent
Die Notenbank der Türkei stemmt sich mit einer neuen drastischen Zinserhöhung gegen die extreme Inflation und den Verfall der türkischen Lira. Der Leitzins stieg am Donnerstag von 17,5 auf 25 Prozent an. Die Erhöhung fiel damit noch deutlich stärker aus als auf die erwarteten 20 Prozent.
Die Entscheidung der Notenbank unter ihrer neuen Gouverneurin Hafize Gaye Erkan steht für die 180-Grad-Wende in der türkischen Wirtschaftspolitik. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren stets auf niedrige Zinsen gepocht. Die steigende Inflation hatte er mit Zinssenkungen bekämpfen wollen.
Um seine „unorthodoxe“ Geldpolitik durchzusetzen, hatte Erdogan mehrfach die Spitze der Zentralbank ausgetauscht. In der Folge war die Inflation in der Türkei bis auf 80 Prozent nach oben geschossen. Im Juli lag sie bei 47,8 Prozent. Die türkische Lira gehört in diesem Jahr zu den schwächsten Währungen der Welt neben dem russischen Rubel und dem argentinischen Peso. Nach der Zinsentscheidung legt die Lira leicht zu.
Nach seiner knappen Wiederwahl im Mai hatte Erdogan eine Wende zu wirtschaftlicher Stabilität versprochen und Schlüsselpositionen mit Fachleuten besetzt. Die in den USA ausgebildete Bank-Managerin Erkan wurde Notenbank-Chefin. Der langjährige Finanzminister Mehmet Şimşek, den Erdogan 2018 durch seinen Schwiegersohn ersetzt hatte, kehrte zurück.
Darum steig der Leitzins in der Türkei
Die Zentralbank teilte nun mit, sie werde den „geldpolitischen Straffungsprozess fortsetzen, um so schnell wie möglich den Weg zu einer sinkenden Inflation einzuschlagen, die Inflationserwartungen zu verankern und die Verschlechterung des Preisverhaltens zu kontrollieren“.
Aktuelle Indikatoren deuteten auf einen anhaltenden Anstieg der Inflation hin. Die starke Nachfrage im Inland, der Kostendruck aufgrund höherer Löhne und der schwachen Lira, die anhaltende Inflation bei Dienstleistungen und Steuererhöhungen seien die Haupttreiber. Die Notenbank hatte ihre Prognose für die Inflation auf mehr als 50 Prozent zum Jahresende angehoben. Sie gehe davon aus, dass die „Desinflation im Jahr 2024 eintreten wird“.
Der Leitzins werde so festgelegt, um mittelfristig das Inflationsziel von 5,0 Prozent zu erreichen. Die Notenbank werde die Straffung der Geldpolitik nötigenfalls zeitnah und schrittweise weiter verschärfen, bis eine deutliche Verbesserung der Inflationsaussichten erreicht sei.
Die Zentralbank versucht zudem, schrittweise einen Mechanismus zu beenden, der türkische Anleger dazu anregen sollte, ihr Geld in Lira und nicht in Fremdwährungen anzulegen. Für solche Lira-Konten übernahm der Staat das Wechselkursrisiko. Mittlerweile sind mehr als ein Viertel aller Geldanlagen in der Türkei unter diesem Mechanismus angelegt. Die Kosten für den Staat belaufen sich umgerechnet auf viele Milliarden Euro.