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Wahlkommission bestätigt Sieg Erdogans

Präsident Recep Tayyip Erdogan ist offiziell zum Sieger der türkischen Präsidentschaftswahl erklärt worden. Die Opposition spricht von Manipulationen.

Die türkische Wahlkommission hat den Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigt. Nach Auszählung von 97,7 Prozent der Stimmen liege der Amtsinhaber vorne, teilte das Gremium in der Nacht zum Montag mit. „Aus den Ergebnissen geht hervor, dass Herr Recep Tayyip Erdogan die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erhalten hat“, sagte Kommissionschef Sadi Güven nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Mit mehr als 50 Prozent Stimmenanteil wäre der Präsident bereits in der ersten Runde wiedergewählt und erster Staatschef der Türkei in dem von ihm 2017 durchgesetzten Präsidialsystem. Schon während der Abstimmung hatten Oppositionspolitiker Unregelmäßigkeiten gemeldet. Die Opposition erkannte den bereits von Erdogan reklamierten Sieg noch nicht an.

Erdogan hatte sich dabei bereits vor dem Ende der Auszählung zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. „Die inoffiziellen Ergebnisse stehen fest“, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul. „Demnach hat unser Volk meiner Person den Auftrag der Präsidentschaft und der Regierung gegeben.“ Bei der Parlamentswahl hätten die Wähler außerdem dem von seiner AKP geführten Parteienbündnis die absolute Mehrheit im Parlament verschafft.

Das von Erdogans AKP geführte Parteienbündnis könnte zudem nach Anadolu-Teilergebnissen mit deutlich mehr als 340 der 600 Sitze im Parlament rechnen.

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Die größte Oppositionspartei CHP bezweifelte früh, dass ein Großteil der Stimmen tatsächlich ausgezählt wurde und spricht von Wahlmanipulation. Die CHP schwört ihre Unterstützer schon jetzt auf mögliche Proteste ein.

Nach den seiner Partei vorliegenden Teilergebnissen habe Erdogan zu keiner Zeit 48 Prozent der Stimmen überschritten, sagte CHP-Sprecher Bülent Tezcan am Sonntagabend vor Journalisten in Ankara. „Das ist eine ganz offene Manipulation“, meinte Tezcan und fügte hinzu, die Wahlbeobachter sollten bis zum Ende der Auszählungen auf ihrem Posten bleiben. „Verlasst eure Auftragsorte nicht, bis diese Sache vorbei ist“, sagte er. Er rief die Bürger dazu auf, sich vor der Wahlkommission in Ankara zu versammeln und dort bis zum Morgen auszuharren. CHP-Kandidat Muharrem Ince lag mit 30,76 Prozent auf dem zweiten Platz.

Das Innenministerium gab zu Beginn der Auszählungen bekannt, es habe sich um die ruhigsten der letzten vier Wahlen gehandelt. Zuletzt wählten die Türken am 7. Juni 2015 sowie am 1. November das Parlament des Landes. Am 16. April 2017 stimmten sie in einem Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems ab.

Am Sonntag hatten die Wahllokale um 8 Uhr Ortszeit (7 Uhr MESZ) geöffnet, die Stimmabgabe war landesweit bis 17 Uhr (Ortszeit/16 Uhr MESZ) möglich. Knapp 60 Millionen Türken waren aufgerufen, den Gang an die Urnen anzutreten. Mit den Wahlen wird die Einführung eines Präsidialsystems abgeschlossen. Der neue Präsident wird Staats- und Regierungschef und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft.

Die Opposition warnte vor einer „Ein-Mann-Herrschaft“ des derzeitigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Verfassungsreform ist sein wichtigstes politisches Projekt. Umfragen gingen davon aus, dass Erdogan – der Vorsitzende der islamisch-konservativen AKP – als Favorit die Wahl gewinnen würde. Insgesamt gab es sechs Bewerber um das Präsidentenamt.

Herausforderer Ince erklärte am Abend, die Wahlbeobachter sollten unbedingt bis zum Ende der Auszählung diese kontrollieren und sich nicht von den anfangs hohen Zahlen „in die Irre führen“ zu lassen. Die Opposition bemängelt, dass die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu zuerst Ergebnisse derjenigen Wahlbezirke veröffentlicht, in denen Amtsinhaber Erdogan ein besonders gutes Ergebnis erreicht hat.

Bereits im Laufe des Tages hatte es Vorwürfe des Wahlbetrugs gegeben. In der osttürkischen Provinz Agri sind rechtliche Schritte gegen einen Wahlbeobachter der oppositionellen HDP eingeleitet worden. Er soll drei Wählern dabei geholfen haben, gefälschte Stimmzettel abzugeben, berichtet die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu. Der Gouverneur der Provinz erklärte demzufolge, einer der drei Männer sei hauptverantwortlich.

In einem weiteren Video, das auf sozialen Netzwerken geteilt wird, ist zu sehen, wie eine Person zwei Mal je zwei Stimmzettel für die Wahl des Präsidenten sowie des Parlaments nacheinander ausfüllt.

Der HDP-Abgeordnete Garo Paylan beschwerte sich am Nachmittag bei der Polizei darüber, dass drei Männer rund 1000 Wahlzettel in eine Schule im südosttürkischen Diyarbakir schmuggeln wollten. Hinterher stellte sich jedoch heraus, dass es sich dabei nicht um eine versuchte Manipulation gehandelt habe, berichtet die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“. Der Abgeordnete zog demnach seine Beschwerde zurück.

Die mehr als drei Millionen wahlberechtigten Türken im Ausland konnten bis Dienstag in ihren jeweiligen Ländern abstimmen. Sie konnten aber auch bis zur Schließung der Wahllokale am Sonntagabend noch an Grenzübergängen, Häfen und Flughäfen der Türkei wählen. Die Auslandstürken stellen gut fünf Prozent aller Wahlberechtigten. Mit rund 1,44 Millionen lebt die größte Gruppe in Deutschland.

Die Türken im Ausland haben bei der Präsidentenwahl nach noch nicht belastbaren Teilergebnissen deutlicher für Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan gestimmt als ihre Landsleute im Inland. Nach Auszählung von knapp einem Viertel der Stimmen (25,2 Prozent) kam Erdogan am Sonntagabend nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu auf 59,3 Prozent der Stimmen, sein stärkster Konkurrent Muharrem Ince von der Oppositionspartei CHP nur auf 25,8 Prozent.

Bei den Deutschtürken, der mit Abstand größten Gruppe der Auslandstürken, fiel der Zwischenstand nach Auszählung von allerdings noch weniger aussagekräftigen 13,2 Prozent der Stimmen noch klarer aus: Erdogan lag danach bei 65,7 Prozent und Ince bei 22,3 Prozent der Stimmen. Wegen der geringen Zahl der ausgezählten Stimmen sind diese Ergebnisse noch nicht aussagekräftig.

Erdogan-Anhänger haben am Sonntagabend in Berlin ausgelassen gefeiert. Am Breitscheidplatz schwenkten mehrere hundert Menschen Fahnen der Türkei und der Regierungspartei AKP. Einige hielten stolz Erdogan-Porträts hoch. Die Polizei sperrte den Bereich rund um die Gedächtniskirche ab. Auch auf dem Kurfürstendamm feiern Erdogan-Anhänger das Ergebnis der vorgezogenen Präsidenten- und Parlamentswahlen mit Autokorsos. Lautstark wurde „Recep Erdogan, unser Führer“ gerufen.

Erdogan hatte auch bei früheren Abstimmungen deutlich mehr Rückhalt bei den Türken in Deutschland als bei denen zu Hause. Bei der Parlamentswahl 2015 kam seine AKP im November 2015 in Deutschland auf 59,7 Prozent. Beim Referendum über Erdogans Verfassungsreform stimmten 63,1 Prozent mit Ja. Das oppositionelle Lager der Reformgegner kam in Deutschland damals nur auf 36,9 Prozent.


Mit Material von dpa und AP