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Suppe für Katzen: Wie sich drei Ex-Kolleginnen in den milliardenschweren Tierfuttermarkt wagen

Doggo-Mamas und Crazy Cat Ladies: die Gründerinnen Saskia te Kaat, Stefanie Zillessen und Madeline Metzsch (v.l.n.r.). - Copyright: NAK/Gründerszene
Doggo-Mamas und Crazy Cat Ladies: die Gründerinnen Saskia te Kaat, Stefanie Zillessen und Madeline Metzsch (v.l.n.r.). - Copyright: NAK/Gründerszene

Der Ort für das Interview ist schnell gefunden. Als „crazy cat-lady“, wie sie sich selbst nennt, kennt Madeline Metzsch gleich zwei Katzencafés in Berlin. Wir entscheiden uns für das Zur Mieze in Charlottenburg. Dort sitzen am letzten freien Tisch an einem regnerischen Freitagnachmittag drei sehr fröhliche Frauen, die Katzenköpfchen kraulen und flüsternd miteinander sprechen – der Katzen wegen. Es ist überhaupt sehr leise im Zur Mieze, Kaffee gibt es nur in der French Press, Kaffeemaschine wäre zu laut, sagt die Wirtin. Denn Katzen mögen es leiser.

Was die drei Katzenkraulerinnen vorhaben, ist hingegen gar nicht leise, sondern ein recht mutiges Unterfangen. Sie wagen sich in einen Markt mit viel Potenzial und großem Volumen: Laut dem Industrieverband Heimtierbedarf lag der deutsche Gesamtumsatz in Sachen Haustierbedarf 2022 bei knapp 6,5 Milliarden Euro. Aber: Dieser Markt ist voll ist mit Wettbewerbern, zum Teil gigantisch große Fische. Whiskas, Sheba, Pedigree und Cesar. Alles etablierte Marken, die selbst Nicht-Haustierhaltern ein Begriff sind.

Die drei Gründerinnen haben jedoch einen Vorteil, sie sind gewappnet mit einer ansehnlichen Portion Vorerfahrung: Madeline Metzsch, Saskia te Kaat und Stefanie Zillessen kennen sich von ihrer früheren Arbeit für die Berliner Kinder-Food-Marke Freche Freunde. Sie gehörten zu den ersten Mitarbeiterinnen und haben hautnah und in entscheidenden Funktionen miterlebt, wie man mit einem Startup konservative Marktsegmente aufmischen kann. Denn auch wenn der Vergleich vielleicht nicht angebracht erscheinen mag: Produkte für Kinder und solche für Haustiere funktionieren ziemlich ähnlich, wie die drei Gründerinnen von Strayz feststellen.

Strayz: Pre-Seed und gerade im Fundraising

In Startup-Begriffen gesprochen stünden sie mit ihrem Tierfutter-Unternehmen im Pre-Seed-Bereich, sagt Stefanie Zillessen, die den Bereich Operations verantwortet. Strayz setzt seit der Gründung Ende 2020 vor allem auf organisches Wachstum, einige wenige Business Angel haben das Startup in geringem Maße unterstützt – allen voran ihr Ex-Chef, Freche-Freunde-Gründer Alexander Neumann und Helpling Gründer Philip Huffmann. Nun sind sie auf der Suche nach Venture-Capital-Gebern. Das ist derzeit kein einfaches Unterfangen. „Manchmal hieß es: Kein Tech? Kein KI? Nicht so geil“, erinnert sich Madeline Metzsch. Sie ist die Initiatorin des Startups und leitet jetzt den Bereich Brand und Marketing.

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„Mit einem VC-Investment wäre eine schnellere Expansion in den Einzelhandel möglich“, erklärt Saskia te Kaat, Chefin für Sales und Finance. Begonnen hat Strayz mit einem Onlineshop für Katzennassfutter. Schnell gingen die drei – wiederum profitierend von ihrer Freche-Freunde-Zeit – in den stationären Einzelhandel, zuerst in Drogerien wie Budni und Rossmann. Quasi nur ein paar Gänge von den Kindersnacks entfernt. Erst danach wagten sie sich auf unbekanntes Terrain und sind nun mit Katzen- und Hundefutter auch im Fachhandel, etwa bei Fressnapf, gelistet.

Das Strayz-Team im Katzencafè "Zur Mieze" in Berlin-Charlottenburg. - Copyright: NAK/ Gründerszene
Das Strayz-Team im Katzencafè "Zur Mieze" in Berlin-Charlottenburg. - Copyright: NAK/ Gründerszene

„Jetzt wollen wir uns vertriebsseitig richtig gut aufstellen“, erklärt te Kaat. Denn wer bei großen Einzelhändlern wie beispielsweise Rewe ins Sortiment möchte, der brauche einen sehr guten Außendienst. „Es ist spannend, das ideale Wachstumstempo zu bestimmen“, sagt sie. In einem „warenlastigen Business“ wie dem ihren sei es wichtig, strategisch zu wachsen.

„Den Proof of Concept haben wir“, ergänzt Stefanie Zillessen. „Jetzt brauchen wir das Geld zum Skalieren.“ Dann könnte man endlich mehr ins Marketing investieren.

Während die drei Frauen in dem Katzencafé über ihren Unternehmensaufbau sprechen, räkelt sich in einem rosaroten Körbchen neben ihrem Tisch ein dösender, schwarzer Kater. Kurz öffnet er seine gelben Augen, schaut in die Runde, gähnt und dreht den Kopf beiseite. Was sollte es in seiner Welt schon disruptiv Neues geben? Innovationen, die Märkte verändern? Katzen schlafen, Katzen fressen. So war das und so wird das immer sein.

„Im Gegensatz zu Madeline und Saskia kannte ich mich im Tierfutterbereich Null aus“, bekennt Zillessen, „und bin, als wir losgelegt haben, mit Marketing- und Produktentwicklungssicht an das Regal herangetreten. Es gab dort keine einzige coole Brand.“ Allein die Verpackungen sähen alle aus, wie aus den Neunzigern. Das Marken-Konzept, wie sie es bei Freche Freunde mitentwickelt hatten, könnte also auch hier viel Potenzial haben.

Bewusstsein für gute Lebensmittel kommt auch im Tierfutterbereich

„Wahrscheinlich war es mutig, in diesen Markt zu gehen“, sagt Metzsch. „Aber andererseits auch nicht: Wenn man bedenkt, was für ein großes Bewusstsein für gute Produkte im Lebensmittelbereich entstanden ist, wie sehr die Leute Sachen hinterfragen, liegt es nahe, dass das auch im Tierfutterbereich irgendwann kommen würde.“ Denn Fragen, wieso in dem Produkt nur vier Prozent Hühnerfleisch vorhanden sei, obwohl das Futter die Geschmacksrichtung "Huhn" trägt, lägen nahe.

Metzsch liefert die Antwort darauf gern: Die restlichen Zutaten sind Fell, Hufe, Klauen, Gebärmutter, alles zu Tiermehl verarbeitet – zumindest würden andere Tierfutterhersteller ihre Artikel so verarbeiten. Aber auch mit: Konservierungsstoffe, Bindemittel, manchmal Zucker, damit das Tierfutter in einer nach Menschenmaßstäben appetitlich, karamellbraunen Bratensoße liegen kann. Als Marke, die sich selbst im Premiumbereich sieht, setze Strayz zunächst hier an. „Wir haben 95 Prozent Fleischanteil“, sagt Metsch stolz. Und: gutes Fleisch sei das, im Sinne von bio, regional und nicht nur der allerletzte Rest der Fleischproduktion.

Fleisch freilich ist es trotzdem. „Es war schon ein ganz schöner Schritt vom Obst- und Gemüse-Startup zum Fleischprodukthersteller“, sagt die Gründerin. Und das, obwohl das Team fast vollständig vegan oder vegetarisch lebt. Aber: Für Katzen sei eine fleischfreie Ernährung schlichtweg nicht artgerecht – im Gegensatz zu Hunden, für die Strayz auch eine vegane Option im Sortiment hat. Der schwarze Kater neben ihr gähnt erneut und zeigt seine scharfen Reißzähne, als wolle er diesen Punkt unterstreichen.

Nun tummeln sich auf dem Tierfutter-Markt nicht nur die alten Konzerne, auch junge Marken mit Premiumanspruch finden sich da bereits. Fred & Felia etwa ist so eine, macht auch Katzen- und Hundefutter, und konnte etwa den Sternkoch Tim Raue als Testimonial gewinnen. Andere neue Marken heißen Wildcraft oder Müllers Naturhof.

Wie das Startup Share, aber für Hunde und Katzen

Um sich abzusetzen, arbeiten die Strayz-Gründerinnen nicht nur an Produkten, die es so noch nicht gab – eine Suppe für Katzen etwa. Sie folgen auch einer Logik: Rolex verkauft nicht einfach Uhren, sondern Status. Apple nicht Elektrogeräte, sondern Innovationen. Harley-Davidson keine Motorräder, sondern einen Lifestyle. Und so hat auch Strayz etwas im Angebot, das über das Tierfutter allein hinaus geht: Im Prinzip ist das Startup das "Share der Tiernahrungsabteilung". Das heißt, mit jedem verkauften Produkt wird automatisch eine Spende überwiesen, etwa an Tierschutzorganisationen, die sich der Rettung von streunenden Katzen und Straßenhunden verschrieben haben. Mehr als eine Million Futterspenden, aber auch Geld für medizinische Hilfe und Kastrationen seien so bislang zusammengekommen.

Die Streunerrettung sei wesentlicher Markenkern, erklären die Gründerinnen beim Interview im Katzencafé. Das mache die Suche nach Investoren nicht immer leichter: „Es wird schon mal nachgefragt, wie flexibel man bei den Spenden ist, ob man deren Anteil nicht zugunsten des Profits etwas kürzen könnte“, sagt te Kaat und grinst. Käme aber natürlich für die soziale Tierfuttermarke, die sie seien, nicht infrage. Denn die drei fröhlichen Cat Ladies meinen das, was sie machen, schon sehr ernst.