Sturmböe statt Sommerflaute: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Christoph Rauwald über einen Unwettereinbruch in der Urlaubszeit. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:
Signa bekommt weniger Miete für zwei Luxus-Kaufhäuser: Kreise
Hamburger Kaffee-Großhändler eröffnet Niederlassung in China
Voll und ganz gesichert mit der Allianz: Fünf Themen des Tages
Zunächst ist wieder Ruhe
Der August startete turbulent. Vor einer Woche überraschte die Bank of Japan die Märkte mit einer Anhebung des Leitzinses um 15 Basispunkte auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise und kündigte einen Plan zur Reduzierung ihres Programms zur quantitativen Lockerung an. Dies führte zu einer deutlichen Aufwertung des Yen gegenüber dem Dollar — und versetzte Carry Trades in Yen einen heftigen Schlag.
Die Auswirkungen waren besonders bei japanischen Aktien spürbar, die zu Wochenbeginn abstürzten. Auch in den USA und Europa kamen etliche Werte unter die Räder. “Der jüngste Ausverkauf an den Aktienmärkten war zwar schnell und heftig, aber er betraf vor allem die sogenannten Momentum-Aktien, also Aktien, deren Kurse eine Zeit lang in eine bestimmte Richtung tendiert haben,” sagt Capital Group Portfoliomanager Chris Buchbinder. “Viele Dividendenzahler und Qualitätsunternehmen, sprich Unternehmen, die in naher Zukunft einen sichtbaren Cashflow generieren, haben sich relativ gut gehalten.“
Nach dem wilden Wochenstart hat sich die Situation stabilisiert, doch für Europa bleiben Anleger vorsichtig. “Die Wirtschaftsleistung ist bescheiden und der erwartete Aufschwung bleibt hinter den Erwartungen zurück, wie die unerwartet schwachen PMI-Werte für Juni zeigen,” schreibt Pictet Asset Management. Die Gewinnaussichten der Unternehmen deuten laut Pictet-Prognose auf ein Wachstum von 4,7% in diesem Jahr hin – nur halb so viel wie in den USA.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Celine Imensek, Rainer Bürgin, Verena Sepp und Annika Reichelt: Wo der Honig fließt, magerere Mieten, Chairman Trump, heiße Phase, und bitter für Schokolade.
Wo der Honig fließt
Automobilchip-Hersteller wie Infineon, STMicroelectronics und NXP Semiconductors haben dieser Tage dieselben Kopfschmerzen: Die Nachfrage nach E-Fahrzeugen will im Westen einfach nicht anziehen. Noch schlimmer: Ihr begehrter Markt China wird aufgrund des Handelsstreits mit Europa und den USA immer mehr zum Pulverfass. Die laufende Berichtssaison zeigt, wie wichtig China für die Unternehmen ist, die jeweils etwa ein Drittel ihres Umsatzes dort erzielen. Infineons (enttäuschendes) Ergebnis habe immerhin noch von Chinas Widerstandsfähigkeit profitiert, eine breitere Erholung von der EV-Flaute ist laut Firmenchef Jochen Hanebeck aber nicht in Sicht. Die Abhängigkeit ist indes gefährlich. Aktuell kann China als größter Hersteller und Markt für E-Fahrzeuge selbst nur 10% des Inlandsbedarfs decken, doch Peking hat EV-Firmen wie BYD und Nio aufgefordert, ihre Einkäufe bei inländischen Herstellern zu erhöhen. Die USA ihrerseits sparen nicht an Zuschüssen, um die heimische Chipindustrie wiederzubeleben. Währenddessen reitet Taiwan Semiconductor Manufacturing, der weltweit größte Chiphersteller, auf der KI-Welle und verkündete für Juli ein Umsatzplus von satten 45%. Doch auch hier regen sich Zweifel, ob der KI-Hype nicht überhitzt ist.
Magerere Mieten
Die insolvente Signa-Gruppe muss bei zwei ihrer Luxuskaufhäuser in Deutschland empfindliche Mietkürzungen schlucken. Der neue Besitzer der Immobilie, die thailändische Central Group, hat die Zahlungen deutlich reduziert, wie Insider berichten. Das zeigt vor allem, wie sehr Signa in der Vergangenheit die Mietkonditionen nutzte, um die Immobilienwerte in die Höhe zu treiben. Ende Juli hatte der thailändische Investor neue Mietverträge für den Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg unterschrieben — nun aber zu marktüblichen Konditionen. Für den Oberpollinger zahlt Central jetzt rund 15 Millionen Euro im Jahr, etwa die Hälfte des bisherigen Betrags. Die Miete für das Alsterhaus sei auf rund 7 Millionen Euro gekürzt worden, hieß es. Seit der Übernahme durch Signa seien die Zahlungen im Laufe der Jahre automatisch erhöht worden, wodurch die Mieten weit über den üblichen Sätzen lagen. Die Firmenpleiten René Benkos haben stark zu einer besorgniserregenden Entwicklung in Österreich beigetragen: Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Zahl der Firmeninsolvenzen mit 26,4% um mehr als ein Viertel, etwa 11.000 Arbeitsplätze waren betroffen.
Chairman Trump
Donald Trump hält sich für den besseren Zentralbanker und würde gerne mitreden, wenn die Fed ihre geldpolitischen Entscheidungen trifft. “Ich finde, der Präsident sollte zumindest ein Mitspracherecht haben”, sagte Trump gestern auf einer Pressekonferenz in seinem Mar-a-Lago-Club in Florida. “Ich denke, ich habe einen besseren Instinkt als in vielen Fällen Leute, die in der Federal Reserve sind, oder der Vorsitzende”. Fed-Chef Jerome Powell kritisierte er dafür, dass er die Zinssätze “ein bisschen zu früh und ein bisschen zu spät” bewege. Der Präsident der Kansas City Fed, Jeffrey Schmid, signalisierte unterdessen, dass er nicht bereit ist, eine Zinssenkung mitzutragen, da die Inflation über dem Zielwert liege und der Arbeitsmarkt trotz einer gewissen Abkühlung immer noch gesund sei. In Mar-a-Lago erklärte Trump auch, dass er bereit sei, Fernsehdebatten mit Kamala Harris im September auf Fox News, ABC News und NBC News auszutragen. Von einer Person im Umfeld der amtierenden Vizepräsidentin ist zu hören, dass sie einer Debatte auf Fox News nicht zustimmen werde. Nach einem ABC-Duell werde man über weitere Debatten reden, hieß es.
Heiße Phase
Seit dem tödlichen israelischen Angriff auf den Hisbollah-Kommandeur Fuad Shukr in Beirut und einer Explosion, bei der der Hamas-Politchef Ismail Hanija in Teheran ums Leben kam, droht die Lage in Nahost weiter zu eskalieren. Der Iran ist überzeugt, Hanija sei durch einen israelischen Luftangriff getötet worden und hat mit Vergeltung gedroht. Im Moment steht vor allem der Norden des jüdischen Staates unter verstärktem Beschuss durch die libanesische Hisbollah-Miliz. Und seit Tagen rüstet sich die gesamte Welt für den Gegenschlag, der aus dem Iran droht: Die USA haben F-22-Kampfjets geschickt, um den Iran von einer Attacke abzuhalten. Anleger kaufen wegen Bedenken um die Versorgung weiter Öl. Diplomatische Drähte laufen heiß. So haben die USA, Katar und Ägypten, die gemeinsam zwischen Israel und der Hamas vermitteln, für den 15. August zu erneuten Waffenstillstandsverhandlungen in Doha oder Kairo aufgerufen. Während Israel auf dem X-Kanal des Premierministers eine Zusage postete, schweigt die Hamas; auch der Iran hat seinen Angriffsplan nicht abgesagt. Und selbst die USA gehen nicht davon aus, dass ein Abkommen sofort am 15. August unterzeichnet werden kann.
Bitter für Schokolade
Es geht strammen Schrittes auf den September zu und auch wenn die sommerlichen Temperaturen es noch nicht vermuten lassen, werden bald wieder Schokoladen-Nikoläuse die Regale zieren. Wie viel die süßen Figuren dann allerdings kosten, ist fraglich. Was sicher scheint, ist, dass sie teurer sein werden, als es jedem Willy Wonka lieb ist. In den USA schrumpfen die Kakao-Lagerbestände, weshalb die Kakao-Futures am Mittwoch zeitweise so stark stiegen, wie seit zwei Wochen nicht mehr. Seit Beginn des Jahres ist der Preis für den Süßwaren-Rohstoff um mehr als 70% gestiegen. Das brachte den australischen Arm des englischen Schoko-Herstellers Cadbury dazu, seine Preise für zwei seiner Produkte zu verdoppeln. Mondelez, der Mutterkonzern von Cadbury, hatte einen Rückgang der Kakaopreise prognostiziert. Mal sehen, wie sich das auf Deutschlands bekannteste Schokomarke und Mondelez-Tochter Milka auswirken wird. Die Preise für Schokolade liegen in Deutschland im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat laut Destatis zumindest um 10,7% höher.
Was sonst noch passiert ist
Pleitewelle rollt
Beliebte Bonds
Teurer Thunfisch
©2024 Bloomberg L.P.